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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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von denen wir gesprochen haben? Er hat sich die Wendeltreppen in dem Turm gern als Metapher dafür vorgestellt. Und natürlich steht der zerfallende Turm auf Tarotkarten für den Zerfall schlechthin. Manche Leute glauben, dass das Gedicht ›Der schwarze Turm‹ das letzte war, das er geschrieben hat.«
    »Bei unserem Treffen hast du erzählt, dass er verschiedene Alter egos in seinen Gedichten benutzte, um bestimmte Ideen auszudrücken. Eines war Michael Robartes. Welche Namen hat er noch verwendet?«
    »Red Hanrahan war einer… Owen Aherne auf jeden Fall…
    sonst fallen mir gerade keine ein.«
    »Edwards?«, sagte sie aufs Geratewohl.
    »Nein, Edwards nicht.«
    Sie wollte schon »Gorman« vorschlagen, aber Yeats war 1939 gestorben, und das Buch wurde erst 1975 entdeckt. Es sei denn, eine der esoterischen Gesellschaften, denen er angehörte, hatte Kenntnis davon…
    »Er hatte natürlich einen Geheimnamen für sich.« Jane hätte seine Bemerkung fast überhört.
    »Yeats hatte einen Geheimnamen?«
    »Einen okkulten Titel oder eigentlich ein Motto. Den hat er sich zugelegt, als er sich Der Goldenen Morgenröte anschloss. Er heißt: Demon est deus inversus. «
    Als Jane nicht antwortete, nahm er an, sie hätte nicht verstanden. »Das ist Lateinisch. Steht heutzutage natürlich nicht mehr auf dem Lehrplan. Es bedeutet, der Teufel ist die Kehrseite Gottes. Abgekürzt DEDI. So hat er unterschrieben. Seinerzeit benutzte man gern Akronyme.«
    Sie war froh, als er den Koffer wieder abholte, den er bei ihr gelassen hatte… er enthielt Gewänder… nicht nur Priesterkleidung, auch andere… und als sie die hochhob und darunter nachschaute, wusste sie sofort, sie hätte es nicht tun sollen… vielleicht brauchte er das alles ja zur Vertreibung von bösen Geistern… solche Dinge machten sie doch… sie hatte es im Fernsehen gesehen… sie hatte sich davor gefürchtet, dass er ihn holen kam… er würde merken, dass sie ihn geöffnet hatte… aber sie hatte ihn angelogen… er kam und suchte danach… was suchst du, fragte sie, als hätte sie nie einen Blick darauf geworfen… einen Koffer, den ich aus Versehen hier vergessen habe… nicht meiner, er gehört einem Freund, sagte er… einem Priesterfreund… er war noch dort, wo er ihn stehen gelassen hatte, neben dem Sofa… du hast ihn nicht etwa aufgemacht, wollte er wissen, und sie log wieder… darf ich ihnen jetzt erzählen, dass sie dich in Amerika zum Priester geweiht haben, bettelte sie, um ihn abzulenken… wozu, sagte er, es wird dir sowieso niemand glauben… sollte das heißen, sie durfte es sagen, überlegte sie seitdem… wenn es jemanden gäbe, dem sie es erzählen könnte und der es nicht für eine Lüge halten würde, dann wäre alles gut, dachte sie… aber wen kannte sie schon… niemand besuchte sie… nur die hochnäsigen Luder auf der Etage, die immer in ihre Wohnung schauen wollten… und die würden es ihr niemals glauben… genau so wenig, wie sie ihr glauben würden, dass sie in diesem Koffer die Hörner des Teufels gesehen hatte…
    Mary saß neben dem Bett und flüsterte seinen Namen. »Liam, wach auf… wach auf, Liam.« Wozu weckte sie ihn. Heute war keine Schule. Und sie hatte ihren Mantel an.
    »Geh weg«, sagte er und drehte sich im Bett um. Sie stieß ihn an der Schulter. »Was ist?«, rief er und war plötzlich hell wach. Es war tatsächlich seine Schwester. Lavelle blinzelte ein paarmal und setzte sich auf. »Tut mir leid, Mary, ich habe geträumt. Wie spät ist es?«
    »Kurz vor acht. Hör zu, Liam, ich habe etwas für dich. Von Jane. Ich lege es in dein Nachtkästchen. Hol es raus, wenn ich weg bin, aber lass es niemanden sehen.«
    Er beobachtete verwundert, wie sie ihren Mantel aufknöpfte und erst die Bluse aus dem Rock zog und dann ein Kuvert, das sie flach auf dem Bauch getragen hatte.
    »Ich soll dir von Jane sagen, sie holt noch ein paar Informationen ein, bevor sie mit der ganzen Geschichte zur Polizei geht. Sag also keinem was, sonst verdirbst du alles.«
    Mary redete wie eine Filmfigur. »Roger«, flüsterte er, um das Spiel mitzumachen.
    Er sah die Tür des Nachtkästchens auf und zu gehen.
    »Das war’s. Ich gehe lieber, bevor sie Verdacht schöpfen«, sagte Mary und stopfte sich die Bluse wieder in den Rock. »So spät war ich noch nie bei dir zu Besuch.«
    »Danke, Schwesterherz.«
    Mary stand auf und knüpfte den Mantel zu. »Ich melde mich wieder«, sagte sie und ging.
    Mit dem Rücken zur Tür öffnete Lavelle sein

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