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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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weiterzugeben. Als die Mönche zurückkehrten, handelte es sich buchstäblich um eine neue Generation. Danach herrschte wieder die alte Tradition, und das Leben ging seinen gewohnt ruhigen Gang.
    Doch eine kleine Anzahl von Menschen auf den höchsten Ebenen von Kirche, Synagoge und Moschee erhielt Kenntnis von dem verlorenen Buch. Zum Teil wurde sein Inhalt auch in esoterischen Kreisen bekannt und in Geheimgesellschaften bis auf den heutigen Tag überliefert. Das Buch selbst hielt man bis zu der schicksalhaften Entdeckung im Jahr 1975 für verloren gegangen. Unter den alten Handschriften, Papyrusrollen, Schriftfragmenten und Büchern, die an jenem Tag ans Licht kamen, befand sich ein Manuskript, das ein irischer Mönch namens Gorman in lateinischer Sprache geschrieben hatte. Es wurde im achten Jahrhundert in dem Schriftstil verfasst, der jedem vertraut ist, der das Book of Keils kennt. Es kam jedoch nicht aus Irland, sondern entstand in Nordafrika.
    Es war auch keine Abschrift der Evangelien oder des Alten Testaments, sondern ein eigenständiges und einzigartiges Werk, teils Offenbarung, teils Reiseerzählung, ein Stil, den die keltische Kirche liebte. Aber darüber hinaus war die Vision des Gorman eine Chronik, und zwar nicht vergangener Ereignisse, sondern der Zukunft. Und mit der Zeit sicherte die unheimliche Genauigkeit der Prophezeiungen in dem Buch, die alle »Religionen der Schrift« betrafen, seinen Hütern eine sichere Reise durch die Geschichte.
    Liegt darin das Geheimnis des Katharinenklosters am Berg Sinai? Wir glauben, ja. Sie können sich nun Ihre eigene Meinung bilden.
    »Entschuldigung?« Der Steward schaute ein bisschen ratlos. Auf Janes Tisch war kein Platz mehr. Ein Mann neben ihr klappte seinen Tisch herunter, damit sie den Plastikbecher und die Minidose Tonic Water darauf stellen konnte.
    »Danke«, sagte Jane.
    »Fleißig, die Dame«, bemerkte er.
    »Ja, ich habe morgen eine Prüfung.« Sie lächelte ihm zu, wie es fleißige Damen tun, und tippte weiter.
    DIE VISION DES GORMAN – WAS SAGT UNS DAS BUCH ÜBER DIE ZUKUNFT?
    Das Katharinenkloster hatte bereits dreihundert Jahre erfolgreichen Wirkens hinter sich, als die Handschrift verfasst wurde. Zu dieser Zeit war Nordeuropa im Niedergang begriffen, aber in Irland hatte sich ein »goldenes Zeitalter« klösterlicher Kultur entwickelt. Es gilt heute durchaus als wahrscheinlich, dass es in gewissem Umfang zu Kontakten zwischen irischen Mönchen und ihren Pendants in byzantinischen Klöstern oder bei den koptischen Kirchen Ägyptens kam. Doch während die Mönche und Schriftgelehrten, die sich als Missionare ins nördliche Europa wagten, umfangreiche Zeugnisse ihrer Anwesenheit hinterließen, gibt es kein entsprechendes Material im orthodoxen Christentum.
    Das macht die Vision als Dokument um so bemerkenswerter. Wir müssen uns einen Mann vorstellen, der weit von seinem Heimatland entfernt ist und sich zunächst wahrscheinlich mit Latein und ein paar Brocken Griechisch durchschlagen muss. Dem Text nach sieht es jedoch so aus, als hätte er Griechisch beherrscht und ein gewisses Verständnis semitischer Sprachen erlangt, möglicherweise auch von Altpersisch oder sogar Sanskrit.
    Jane nippte an ihrem Drink und übersprang eine Reihe von Seiten, auf denen die jüngere Geschichte der Vision ausführlich dargestellt war. 1989 – mit Genehmigung der ägyptischen Regierung von der Amerikanischen Stiftung für Menschheitsstudien auf Mikrofilm gebannt. Widerstand religiöser Gruppen gegen eine Übersetzung und Veröffentlichung. 1995 – eine Vereinbarung erlaubt, dass Auszüge in den Originalsprachen in einer philologischen Arbeit in Deutschland veröffentlicht werden. Diese Auszüge haben die Verfasser ins Italienische übersetzt und mit ihren Kommentaren und Deutungen versehen zugänglich gemacht. Dann kam eine Stelle, an der Jane die Erzählung wieder aufnehmen wollte.
    Obwohl seine Vision nur imaginäre Begegnungen während vierzig Tagen in der Wüste schildert, ist er wahrscheinlich tatsächlich ausgiebig gereist und hat ketzerische christliche Ideen und andere religiöse Anschauungen aufgenommen, die überall in der Region zu finden waren und seiner keltischen Neigung zum Synkretismus vermutlich gefielen. Sein Appetit auf Zahlen, besonders Triaden, ist ein weiterer keltischer Zug, ebenso wie seine Fixierung auf die Zeichen des Weltuntergangs. Sein Name, Gorman, könnte vom gälischen Wort »gorm« gleich »blau« abgeleitet sein; vielleicht hat er

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