Die Keltennadel
euch an mich erinnert. Uhrzeit und Absender werden auf dem Fax sein, das heißt, die Polizei wird kommen und Fragen stellen.«
Debbie zog verschnupft von dannen, steif wie eine Marionette im eisigen Wind.
Jane rechnete damit, dass Dempsey umgehend benachrichtigt wurde, wenn das Dokument eintraf. Sie hatte am Abend zuvor noch wegen der Faxnummer im Polizeirevier angerufen. Eine E-Mail hätte man vielleicht erst entdeckt, wenn es schon zu spät gewesen wäre. Vermutlich würden sich Dempsey und Taaffe in Lucan treffen, die Folgerungen aus dem Fax diskutieren und sich daran machen, den Absender herauszufinden. Um so besser, dass sie daran gedacht hatte, es von der Zeitung aus zu faxen. Sie würden glauben, ein Journalist hätte das Ganze ausgegraben, und dadurch wirkte es glaubhafter und würde ihnen zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten. Über die Auszüge aus der Vision des Gorman hatte sie in Großbuchstaben getippt:
DEDI WAR DER NAME VON W. B. YEATS IM ORDEN DER GOLDENEN MORGENRÖTE.
DENKEN SIE DARÜBER NACH. UND ZUM WEITEREN BEWEIS DAFÜR, DASS LAVELLE UND WADE RECHT HATTEN, LESEN SIE DAS FOLGENDE.
Alles in allem hoffte sie, die beiden Beamten würden aufgrund dieser Ablenkung nicht daran denken, dass um zehn Uhr Janes Maschine aus Italien landen sollte. Sie brauchte zumindest einen vollen Vormittag. Aber selbst wenn sie entdecken sollten, dass Jane bereits wieder im Lande war, würden sie Mühe haben, sie zu finden. Sie wollte, dass das nächste Treffen zu ihren Bedingungen stattfand.
Debbie kam um die Ecke. »Kein Problem. Niemand war in der Nähe des Faxgeräts, das ich benutzt habe.« Sie gab Jane das Kuvert zurück.
Jane küsste sie auf die Wange. »Dafür ist bald ein neuer Besuch in Rick’s Café fällig. Auf meine Kosten.« Debbie fasste sich an die Stirn. »O nein, nicht schon wieder«, stöhnte sie.
»Ich muss los, Jane, bye-bye.« Debbie ging zu ihrem Auto, das neben Janes in einer nahen Busbucht stand. Jane stieg in ihren Wagen und fuhr über die O’Connell Bridge und dann die Kais an der Mündung der Liffey entlang. Nahe dem Point Club sah sie Bogenlichtlampen und am rechten Flussufer geparkte Lkws. Andrews drehte ein Video im Hafenviertel und wollte offenbar die Zeit nutzen, bevor der Verkehr über die nahe gelegene Mautbrücke zu strömen begann. Sie parkte auf dem gepflasterten Rand des Kais, knapp einen Meter vor dem nicht gesicherten Absturz in die unruhigen Fluten des Flusses. Sie hatte Andrews bereits gesehen. Er trug einen weißen Anorak und stand unter dem Baldachin eines Catering-Wagens, redete mit dem Personal und trank aus einem dampfenden Kaffeebecher.
Jane stapfte gegen die steife Morgenbrise, die vom Fluss heraufkam, zu der Gruppe.
»Entschuldigen Sie, Ollie, wir sind uns schon einmal begegnet. Jane Wade. Ich habe früher bei Hot Press gearbeitet.«
»Ach ja, Jane. Wie geht’s?«
»Gut, danke. Hören Sie, ich bin gerade auf dem Weg zur Arbeit vorbeigekommen. Im Büro sagte man mir gestern, dass Sie heute hier unten drehen. Ich muss jetzt gleich eine Recherche über Musikvideos als Kunstform zu Ende bringen. Ich brauchte ein bisschen Hintergrundinformation über Becca de Lacys Video zu Byzanz . Zum Beispiel, wer die Ideen dazu hatte.«
Andrews sagte, seines Wissens stamme das Konzept von Becca selbst. Sie hätten das Skript von George Masterson bekommen, und es sei sehr detailliert gewesen und habe sogar Vorschläge für zu verwendende Standfotos enthalten. Das war kurz nach Weihnachten. Sie hatten eine Reihe von Szenen mit Becca in ihrem Studio in Dublin gedreht, die Standfotos aufgetrieben oder selbst geschossen und alles Material an Dreamtime Productions in Los Angeles geschickt, wo sämtliche Computereffekte und die Redaktion gemacht wurden. Becca dürfte eine Rohfassung gesehen und eventuell kleinere Änderungen vorgeschlagen haben, aber in dieser Phase hätte sie bereits direkt mit L. A. verhandelt.
»Hatten Sie je mit David Edwards zu tun?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»In dem Video wurde ein bestimmtes Dia benutzt. Haben Sie das hergestellt?«
»Ich habe es in dem fertigen Video bemerkt. Es war nicht im Skript oder in der Liste der benötigten Dias. Aber es könnte aus dem farbigen Original entwickelt worden sein.«
Ein Stück entfernt versuchte eine junge Produktionsassistentin seine Aufmerksamkeit zu erwecken.
»Ich muss wieder an die Arbeit. Sie entschuldigen mich?« Jane ging zu ihrem Auto zurück und steuerte es gerade vorsichtig an einem geparkten Lkw
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