Die Keltennadel
Dempseys Generation genossen Priester noch immer hohes Ansehen. Ließ er sich dadurch in seinem Urteil über diesen Fall beeinflussen, oder sollte es eines der berühmten Beispiele werden, in denen der Detective Inspector längst am Ball war, während der Rest der Mannschaft noch auf der falschen Seite des Spielfelds herumhampelte?
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H ast du ein Intro und eine Überleitung für den Beitrag über Raymond O’Loughlin?« Sheila McKenna, die Produzentin von Artspeak , ging gerade den Ablauf der Sendung durch.
»Wird eben gedruckt.«
Jane stand vom Schreibtisch auf und stellte sich neben den Drucker, aus dem zwei A4-Seiten kamen, je eine für die Sprecherin und die Produzentin. Sie überprüfte den Text und legte die Blätter auf Sheilas Schreibtisch.
Das Team der Sendung verfügte über eigene Räume im oberen Stock des Rundfunkzentrums. Die Studios waren unten im Tiefgeschoss.
»Warst du gestern Abend auf der Vernissage in der Riverrun Gallery?«, fragte Sheila, als sich Jane zu ihr an den Schreibtisch setzte.
»Nein, war jemand von euch?« Jane sah sich im Kreis ihrer Kollegen um. Sie arbeiteten zu viert an der Sendung, dazu kam täglich für ein paar Stunden vor der Ausstrahlung noch die Sprecherin, Tara Fitzgerald. Sheila McKenna war die Produzentin der Reihe, vierunddreißig, verheiratet, zwei Kinder.
Peter Comiskey, ebenfalls Produzent und Mitte Dreißig, war schwul und lebte mit einem Partner zusammen. Roisin McA- teer, ihre Sendeassistentin, war Anfang Vierzig, Single und neigte zu nordirischem Eigensinn.
»Nein, wir schonen uns für Becca de Lacys CD-Präsentation morgen Abend«, sagte Peter, der immer ein Auge auf die gehobeneren Anlässe im Kunst und Showgeschäftskalender hatte. »Zu trinken, was das Herz begehrt, feine Häppchen, und angeblich findet nachher bei ihr zu Hause noch eine Party statt. Zu der sind wir zwar nicht eingeladen, aber vielleicht kann man sich reinmogeln.«
»Bringen wir etwas über das Album?«
»Wahrscheinlich eine Besprechung in der nächsten Woche«, sagte Peter. »Wir haben wegen eines Interviews angefragt, aber sie gibt keine.«
»Wenn ich sie bei der Präsentation zu einem bewegen kann, würden wir es dann verwenden?«
»Hängt natürlich davon ab, was sie sagt«, erwiderte Sheila.
»Wenn du was hast, das sich zu senden lohnt, könnte es zusammen mit der Musik ein nettes Programm geben. Dann vergessen wir die CD-Kritik, ich bezweifle ohnehin, dass es noch viel über ein Album von Becca de Lacy zu sagen gibt.«
»Kennt ihr den Witz über Becca?«, fragte Peter.
»Nein«, kam es wie aus einem Mund.
»Sie hat doch ihre ersten vier Alben nach den Elementen Erde , Wasser , Feuer und Luft benannt. Aber jetzt bringt sie seit Jahren nichts zuwege, weil ihr das fünfte nicht mehr einfällt.«
»Ha, ha, sehr komisch«, sagte Jane. »Aber wie heißt die neue CD nun wirklich, weiß das irgendwer?«
»Sie halten es bis morgen Abend geheim – große Sache«, antwortete Peter.
Jane setzte sich wieder an ihren Schreibtisch und rief Jessica Smith an, die Marketingchefin der Plattenfirma.
»Jessie, hier ist Jane Wade. Es geht um Becca de Lacys Präsentation. Was wäre, wenn ich morgen Abend mit einem tragbaren Recorder auftauchen würde?«
»Hallo, Jane. Na ja, offiziell gibt sie hier bei uns keine Interviews. Nächste Woche findet in L. A. eine via Satellit weltweit übertragene Pressekonferenz zum Album und zur Tour statt, und das war’s. Aber versuchen kannst du es immer. Sag bloß nicht, dass ich den Vorschlag gemacht habe, sonst zieht mir George Masterson die Ohren lang.«
»Okay, dann versuche ich sie morgen Abend zu erwischen. Habt ihr das Album schon verschickt?«
»Es gab nur ein paar Vorabexemplare, keine Titelliste, kein Cover, ich glaube nicht, dass ich dir eins geschickt habe, aber du kriegst den ganzen Plunder morgen Abend.«
Jane legte auf.
»Okay, Leute, dann werde ich morgen Abend einen Versuch wagen, während ihr euch alle volllaufen lasst. Es gibt also ein Album und eine Tour? Sie ist lange nicht mehr live aufgetreten, oder?« Sie sah Peter an.
»Stimmt, und sie ist im Programm von diesem großen Friedenskonzert nächsten Monat in Israel.«
Während des Telefongesprächs mit der Schallplattenfirma hatte Jane bemerkt, dass ihre Voicemail blinkte. Sie wählte sie an und erfuhr, dass sie drei neue Nachrichten hatte. Eine war von ihrer Mutter, die sich für nächste Woche zum Lunch mit ihr verabreden wollte. Die nächste Stimme war die von Alastair
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