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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hatten wir eine Menge unverfänglicher Themen, über die wir reden konnten.
    Außerdem besuchte ich ein paar Schulfreundinnen, die noch immer am selben Ort wohnten. Alle waren sie verheiratet und Mütter aufstrebender Kinder. Komischerweise hatte ich mit deren Sprösslingen nicht so viele Probleme wie mit Jessika-Milena. Ja, Bettinas dreijährigen Sohn fand ich richtig putzig, Margits Töchter, eine sechs, die andere vier, waren ruhige, intelligente Mädchen, und Marias Zwillinge strotzten vor lausbübischer Durchtriebenheit, aber keines von diesen Kindern konnte mit einem derart destruktiven Energiepotential aufwarten wie Jessika-Milena. Ich war beruhigt, gewissermaßen. Dann hatte ich also doch keine einseitige Kinderallergie.
    Vater nahm mich einmal zur Seite und erkundigte sich nach Beni.
    »Sie kommt wunderbar zurecht, Vater. Auch wenn sie euch glauben machen will, dass sie immer nahe an den Fünfen und Sechsen langschrammt.«
    Ich hatte zwei-, dreimal Telefonate belauscht, bei denen meine Schwester von fürchterlich schlechten Noten berichtet hatte, obwohl ich ganz genau wusste, dass die fraglichen Arbeiten zu der Spitzengruppe gehörten.
    »Dann lassen wir sie einfach mal. Ich werde eurer Mutter nur einen Wink geben, damit sie sich nicht ganz so viele Sorgen macht.«
    »Wenn du es für richtig hältst. Sie soll nur Beni nicht schon wieder Vorwürfe machen. Sonst kriegst du von mir auch keine Auskünfte mehr.«
    »Lindis, Lindis, sei doch nicht so hart.«
    »Den Spruch kenne und liebe ich, Vater!«
    Ich war ganz froh, als Beni mich am zweiten Tag nach den Feiertagen zur Seite nahm und bat: »Lindis, können wir morgen zurückfahren?«
    »Die Eltern hätten uns vermutlich gerne noch bis Neujahr hier.«
    Mein Einwand erzeugte ein dramatisches Augenrollen.
    »Ich wollte aber zu Sarahs Party. Und ich wollte doch noch mein Geschenk kaufen! So was kriegt man in diesem Nest doch nicht!«
    Das konnte ich verstehen. Ich hatte nämlich herausgefunden, auf was Beni ihre mühsam verdienten Kröten sparte. Weder Mofa noch Stereoanlage waren es, meine musikalische Schwester wünschte sich ein Keyboard. Sie hatte trotz exzessiver Ausgaben für Weihnachtsgeschenke einen hübschen, wenn auch nicht ausreichenden Betrag zusammenbekommen. Damit das Gerät aber keine Quäke wurde, hatte ich ihr den Differenzbetrag zu einem vernünftigen Keyboard dazugegeben.
    »Gut, fahren wir morgen!«
    »Prima!«
    Es war keine bequeme Heimfahrt, denn ein Tiefdruckgebiet entlud seine ergiebigen Schneemassen auf uns. Wir brauchten fast den ganzen Tag, um nach Hause zu kommen.
    Auch die nächsten Tage hielt der Schneefall an, dazu pfiff ein kräftiges Windchen und türmte weiße Gebirge um die Fahrzeuge. Irgendwie schaffte es Beni dennoch, ständig unterwegs zu sein, und ich hatte seit langem mal wieder verhältnismäßig viel Zeit für mich alleine. Das war so ungewöhnlich, dass ich so recht nichts mit mir anzufangen wusste. Ich las, sah fern, hörtemir ein paar CDs an und gammelte herum. An Silvester schließlich setzte ich mich an meinen Schreibtisch, mit der guten Absicht, das Jahr einmal kritisch zu analysieren und mir die Dinge zu überlegen, die ich im neuen Jahr besser machen konnte.
    Noch immer lagen Benis Filzstifte auf dem Tisch herum, und auch den Zeichenblock hatte ich nicht weggeräumt.
    Ich nahm beiläufig einen blauen Stift und dachte nach. Seit Februar war ich bei KoenigConsult. Es war im Großen und Ganzen keine schlechte Entscheidung gewesen. Am vorletzten Arbeitstag hatte Dr. Koenig mich zu sich gebeten und hatte mir eine Beurteilung vorgelegt. Ich war erstaunt, trotz der Fehler, die ich gemacht hatte, war sie gut ausgefallen. Darauf basierte auch eine Gehaltserhöhung, die ich als zufriedenstellend empfand. Seine Kritikpunkte, gut, die musste ich mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich würde auf manche Situationen zu emotional reagieren, hatte er gemeint. Ich wusste, das zielte auf Schweitzer, vielleicht auch auf meine Auseinandersetzung mit Wulf. Da hatte er natürlich recht. Ich musste noch mehr an mir arbeiten. Auch wenn das manchmal Magendrücken verursachte.
    Überhaupt, die zwischenmenschlichen Beziehungen. Das war nicht gut gelaufen in diesem Jahr. Es hatte Chancen gegeben, und ich hatte sie verspielt. Bei Wulf war zwar wieder eine hauchdünne Haut über den Riss gewachsen, aber ich war mir sicher, wir beide wussten, dass sie nicht besonders belastbar war. Karola hatte meine Freundin sein wollen, und ich hatte

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