Die keltische Schwester
nicht?«
»Darf man als Chef nicht.«
»Aber als Chef könnten Sie ihn rausschmeißen.«
»Eine überlegenswerte Alternative.«
»So, und jetzt kommen Sie mit, ich will meinen Einstand geben. Ich habe einen Fanta-Kuchen gebacken und einen mit Eierlikör. Den Limo-Kuchen mag Kevin tierisch gerne, aber von dem andern hat er neulich genascht und hatte anschließend mordsmäßig einen in der Krone.«
Das kulinarische Angebot hatte Kindergeburtstagsniveau, aber Susi mit ihrem goldenen Herzen sorgte für eine derart ausgelassene Stimmung, dass daran keiner Anstoß nahm.
Es war mir an diesem Tag noch nicht klar, ob Schweitzer bewusste Sabotage getrieben hatte, um mich auflaufen zu lassen, oder ob es bloße Dummheit war, die ihn den gravierenden Fehler machen ließ. Ich nahm zunächst mal zu seinen Gunsten an, dass es Dummheit war. Denn um diesen Fehler in den Plan einzubauen, hätte er sehr genau wissen müssen, wie die Zusammenhänge aussahen.
Aber ich unterschätzte ihn.
6. Faden, 7. Knoten
Jedenfalls hatten wir in der zweiten Februarwoche die Herren aus dem Lenkungskreis zu Gast. Betreiber, Gemeindevertreter, Präfekt und Investoren wollten über den Stand des Vorhabens informiert werden. Ihr gutes Recht, denn bisher war ja noch kein Spatenstich erfolgt.
Da das Gremium so hochkarätig war, gab ich mir besondere Mühe und sah den Plan immer wieder durch, bis ich auch die letzte Unstimmigkeit ausgebügelt hatte. Es war eine Knochenarbeit. Dann sprach ich ihn mit Wulf durch, damit von der Seite keine unliebsamen Überraschungen entstanden.
»Sieht doch gar nicht so schlecht aus, Lindis, oder? Bis auf die Sache mit dem Vermessungsfehler sind alle Verzögerungen bei den anderen.«
»Ich wünschte, du würdest dir die einzelnen Aktivitäten auch noch mal kritisch anschauen, nicht dass irgendwo ein Hammer drin ist. Ich sehe bald nichts mehr vor lauter Knoten und Linien. Ich habe alle Verbindungen noch mal geprüft, Schweitzer ist ja Spezialist darin, Vorgänger und Nachfolger zu vertauschen.«
Mit Wulf war das Verhältnis fast wieder herzlich zu nennen, ihm hatte offensichtlich sein Skiurlaub gut getan. Er hatte mich sogar zu seiner Geburtstagsparty eingeladen, die er bei sich am nächsten Tag geben wollte.
»Hoffentlich kriegt er es besser hin, wenn er von der Schulung zurück ist.«
»Ich habe ihn vorsichtshalber nur ein paar Routineeingaben machen lassen, alles andere war mir diesmal zu heiß.«
»Wie sehen denn so unsere Alternativen aus, wenn es morgen noch irgendwelche terminkritischen Neuigkeiten gibt?«
»Oh, wir haben die Hotel-Version, die uns einen Monat bringt, und ich habe noch eine Möglichkeit gefunden, die einenweiteren Monat einsparen könnte. Die Gemeinde müsste sich entscheiden, doch ihre eigene Kläranlage aufzurüsten. Das kann dann unabhängig von unserem Gewerk abgewickelt werden.«
»Wow, du bist Gold wert, Lindis! Wie sieht dann der späteste Termin aus?«
»Baubeginn Ende Mai. Doch dann wird es teuflisch eng!«
»Wir müssen ja nicht das Schlimmste annehmen. Aber es ist gut, eine Alternative mit viel Luft zu haben.«
»Ja, wobei mich das wundert. Vor Weihnachten hatten wir auf dem kritischen Pfad keinen Puffer mehr.«
»Es sind viele Sachen termingerecht fertig geworden, das darfst du nicht vergessen. Und die Vergaben an die französischen Subunternehmer sind gemacht. Ende des Monats wird die Baustelle eingerichtet!«
»Na gut. Gehen wir also in die Schlacht.«
»Ja, und hoffen wir, dass sie pünktlich um vier zu Ende ist, denn ich habe ja noch eine kleine Veranstaltung. Du kommst doch, Lindis?«
»Ja, wenn ich morgen noch kriechen kann. Ich hab den Eindruck, ich bekomme eine Erkältung.«
Wulf wirkte sehr zufrieden mit sich.
Aber ich hatte nach wie vor ein ungutes Gefühl.
Der Tag fing schon nicht besonders gut an. Ich wachte auf und hatte das Gefühl, dass meine Augen verschwollen und verklebt waren. Außerdem waren da die Reste eines Traumes, doch anders als sonst konnte ich mich nur an wirre Fetzen erinnern. Auch das frustrierte mich, aber je mehr ich versuchte, das Puzzle zusammenzusetzen, desto mehr entglitt es mir. Was blieb, war das Bild eines weißen Hirsches, der blutüberströmt zusammenbrach, der Menhir, von Blitzen beleuchtet, inmitten strömenden Regens, Donnergrollen und sturmgepeitschte Wellen, die bis fast an den aufrechten Stein heranreichten. Mühsam undunzufrieden stieg ich aus dem Bett, und als ich ins Bad kam, stand Beni dort und wickelte eine
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