Die keltische Schwester
…«
»Streichen wir das mit der Freundin, ich habe da zwischenmenschlich nichts mehr zu melden.«
»Tut es dir leid?«
»Na ja …«
»Lindis hat versagt. Das tut dir leid.«
»Okay, es tut mir nicht leid, Karola ist eine weltfremde Trauerweide, die versucht, sich mit ihrer Rolle als Mutter zu bestätigen.«
»Viel besser. Ich bedauere das Kind. Überleg mal, was das für Probleme als Erwachsene bekommt. Aber gut, Beni bleibt bis zum Ferienbeginn bei mir, dann setze ich sie in den Zug, und du kannst sie übernehmen.«
»Das ist lieb von dir. Ich nehme an, Beni wird Jubelschreie ausstoßen.«
»Sie wird knurren, weil sie nicht gleich mitfahren darf.«
Ich sah auf die Uhr. Es war schon halb fünf.
»Teresa, ich werde mich mal langsam auf den Weg machen, ich habe dich lange genug von deinem freien Nachmittag abgehalten.«
»Hast du nicht. Ich habe mich gefreut, dass du mal vorbeigekommen bist. Wenn du Lust hast, schau doch nächste Woche mal abends auf ein Glas Wein vorbei. Damit du ein Urteil darüber fällen kannst, ob Benis Chili besser ist als meiner.«
»Und du mir noch ein paar Leviten lesen kannst?«, meinte ich lächelnd.
»Vielleicht.«
»Übrigens, Teresa …« Mir fiel gerade noch etwas ein. Verflixt, in den letzten Tagen schien sich die Welt entschlossen zu haben, mich zu manipulieren.
»Ja, Lindis?«
»Dass es ein Buch mit keltischen Knotenmustern gibt, das Lindisfarne heißt, wusstest du vermutlich?«
»Natürlich.«
»Warum hast du es mir nicht gesagt?«
»Du solltest es besser selbst herausfinden, hatte ich gedacht.«
»In der letzten Zeit spielt man mit mir ein bisschen zu viel.«
»Ach nein, meine Liebe. Es ist nur so: Wer sich von den Göttern nicht führen lässt, den zerren sie eben manchmal!«
»Welche Götter, Teresa?«
»Das musst du schon noch selbst rausfinden!«
9. Faden, 2. Knoten
Der Apfelbaum vor dem alten Feldsteinhaus beschneite das Gras mit rosigen Blütenblättern, die Hortensien bildeten dicke Knospen, die sich bald zu blauer und weißer Pracht entfalten sollten. Der Mann ließ wieder die Türen und Fenster offen, so dass der Dämon ungehindert ein und aus gehen konnte. Zwar war er mit seinen vier Jahren bereits ein durchaus gesetzter Kater, doch auch er konnte sich der gleißenden Frühlingssonne nicht entziehen. Hummeln tanzten über den grünen Halmen, Schmetterlinge flatterten in verlockender Tatzenhöhe spielerisch umeinander, und die Vögel neckten ihn mit ihrem spöttischen Gezwitscher. Mit hohen Bocksprüngen tobte der Dämon durch die Wiese, stürmte den knorrigen Stamm des Apfelbaumes empor und ließ einen Schauer Blättchen niederregnen. Der Mann beobachtete ihn und lachte über seine Kapriolen, dann vertiefte er sich wieder in seine Unterlagen.
Die Tür zu dem Holzschuppen war einen Spalt offen geblieben.Dahinter war es dunkel und verlockend, Spinnen mochten dort hausen und allerlei krabbelndes Getier. Dämönchen schlich sich geduckt in Richtung Schuppen, witternd, schnüffelnd. O ja, Mäuse auch! Mäuse! In seinem Revier! Mit dämonischem Glitzern in den Augen zwängte sich der Kater durch den Spalt und lauerte.
Die Mäusefamilie hatte ein Nest hinter dem Holzstapel gebaut.
Fünf junge Mäuse und ihre Mutter wurden das Opfer des Dämons.
Nur eine Maus überlebte das Massaker – der Mäuserich hatte einen Ausflug in die Hecke unternommen, um ein paar Körnchen zu knabbern.
4. Faden, 3. Knoten
»Ich hörte, unser Herr Schweitzer hat Knall auf Fall die Firma verlassen?«
Wulf schlenderte neben mir zur Kantine.
»Ja, hat er.«
»Saubere Arbeit, Lindis. Das hatte ich dir nicht zugetraut.«
Mir war dieses Lob nicht angenehm, aber was sollte ich Wulf dazu sagen? Darum zuckte ich nur mit den Schultern. Er ließ aber nicht locker.
»Ich habe es sowieso nicht verstanden, warum Koenig ihn so lange mit durchgeschleppt hat. An seiner Stelle hätte ich ihn schon lange fristlos entlassen. Wurde wirklich Zeit. Gut, dass endlich mal einer die Konsequenzen gezogen hat.«
»Herr Schweitzer hat selbst gekündigt.«
Wulf blieb stehen und sah mich erstaunt an. »Wirklich?«
»Ja.«
»Das kann ich nicht glauben, der hing doch zäh wie ein alter Kaugummi an seinem Platz.«
Ich mochte mich nicht weiter dazu auslassen, darum gab ich dem Gespräch eine andere Richtung, als wir unser Tablett an der Essensausgabe beluden.
»Und, hattest du ein nettes Wochenende?«
Ein schiefes Lächeln war die Antwort.
»Na, zumindest Karola hast du gebührend
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