Die keltische Schwester
lavendelfarbenes Kleid an und ein weiß und violett gemustertes Tuch um die Schultern drapiert. Es sah lässig und doch geschäftstüchtig aus.
»Viel ist nicht mehr los. Hast du ein bisschen Zeit, dann können wir hinten einen Tee trinken?«
»Gerne. Schade, ich habe das Buch nicht dabei, ich bin rein zufällig hier vorbeigekommen. Ein hübscher Laden. Ich finde so auf Anhieb eine ganze Anzahl kostspieliger Kleinigkeiten, die ich durchaus gern mein Eigen nennen würde.«
»Nur zu, ich hindere niemanden am Geldausgeben!«
»Sorry, ich habe heute schon meinen Tribut entrichtet. Beni hat mich verdonnert, mir eine etwas farbenfrohere Bekleidung zuzulegen. Es war schon ein ziemlicher Akt, dass ich das ohne ihre fachkundige Aufsicht erledigen durfte.«
Wir waren in einen kleinen Büroraum mit Kochnische gegangen, und Teresa stellte Tassen auf den zierlichen Schreibtisch.
»Zeig her!«
Meine Einkäufe fanden Billigung, und ich atmete auf.
»Und, was macht die Welt der Träume? Haben dich die Bilder weiter inspiriert?«
»Ja, noch am selben Abend, aber einen Zusammenhang zu den Mustern habe ich immer noch nicht entdeckt.« Ich erzählte Teresa kurz von Danu, die sich nach langer Zeit in der Einsamkeit wieder auf die Rückkehr in ihr Dorf vorbereitete.
»Weißt du, ich frage mich die ganze Zeit, was da Furchtbares vorgefallen ist. Sie muss ja irgendetwas Entsetzliches erlebt haben, woran dieser Druide nicht ganz unschuldig war. Oder ob mir das nur so vorkommt, weil ich bei diesem Traum so hohes Fieber hatte?«
»Das Leben war sicher nicht einfach, vielleicht hat sie einenMenschen verloren, der ihr nahestand. Mir scheint, dass deine Vision des verödeten Landes ein Ausdruck großer Verzweiflung war.«
Der Gedanke war mir auch schon gekommen.
»Sie hat ihre Eltern verloren, das hinterließ nicht solche Gefühle. Auch als ihre Freundin im Kampf fiel, war es nicht so. Aber da war dieser Mann, den sie gepflegt hat. Ich denke, sie hat sich in ihn verliebt. Mag sein, dass Conall ihr diese Liebe untersagt hat, weil sie so eine Art Priesterin werden sollte. Ich weiß so wenig über die Regeln und Lebensweisen der alten Kelten.«
»Ja, es könnte eine Art Opfer gewesen sein.« Teresa sah mich über ihre Teetasse ernst an. »Ist dir schon mal die Idee gekommen, dass diese Szenen einen Bezug zu deinem jetzigen Leben haben könnten?«
»Nein, eigentlich nicht. Wieso auch?«
»Wann haben die Visionen denn angefangen? Beni sagte, seit du für ein paar Tage in der Bretagne warst. Gab es da ein besonderes Ereignis, das das ausgelöst haben könnte?«
Ich sah plötzlich wieder die stille Wiese im Mondenschein und den einsamen, schweigenden Menhir. Ob dieser alte Stein irgendetwas damit zu tun hatte? Er spielte auch in Danus Leben eine Rolle. Was für eine absurde Idee! Aber seit dem Hinweis auf das Lindisfarne-Evangeliar hatte ich ja entschieden, mich auch dem Unmöglichen zu stellen. Ich trug Teresa meine Hypothese vor.
»Warum nicht? Es hat schon seltsamere Dinge gegeben. An Orten, die die Menschen seit Jahrtausenden mit den höheren Mächten in Verbindung gebracht haben, ist sicher ein starkes Gefühlsfeld vorhanden, das bei sensiblen Personen so etwas auslösen kann. Heiligen-Erscheinungen zum Beispiel. Visionen von zukünftigen und vergangenen Ereignissen. Bei dir hat es eine ganze Lawine ausgelöst. Darum meine ich, dass es auch etwas mit deinem derzeitigen Leben zu tun hat. Denk mal darübernach, vielleicht findest du so einen Schlüssel zu den Ereignissen.«
Dr. Koenig, der seinen Freund Schweitzer geopfert hatte. Das kurze Aufblitzen der Ähnlichkeit kam mir in den Sinn. Ich nickte versonnen, dann berichtete ich Teresa davon.
»Interessant, höchst interessant, Lindis. Und dich hat es betroffen gemacht.« Sie lehnte sich vor und sah mir in die Augen. »Lindis, ich weiß eine ganze Menge von dir. Wahrscheinlich viel mehr, als dir recht ist. Bitte entschuldige mich, wenn ich jetzt etwas sehr direkt werde. Ich kenne Beni seit November, und sie ist mir sehr ans Herz gewachsen. Schau, du hast sie aufgenommen, aber du hast dich nicht sehr intensiv um sie kümmern können. Beni ist ein ausgesprochen verständiges Mädchen, doch du hast ihr eine Last aufgebürdet, die manchmal ein bisschen zu schwer für ein Kind wie sie war. Darum ist sie häufig zu mir gekommen und hat das abgeladen, was sie nicht alleine bewältigen konnte. Ich habe mit keinem anderen Menschen über das gesprochen, was sie mir anvertraut hat, das
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