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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wirklich zu viel.
    »Das hätten Sie einfacher haben können, Herr Dr. Koenig!«, fauchte ich.
    Er stand auf und ging zum Fenster, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Er sah über den grauen Parkplatz, über die Autos, deren Scheiben in der Sonne glänzten, dorthin, wo die anderen Bürogebäude aufragten, streng, gradlinig, unmenschlich.
    »Hätte ich es einfacher haben können, Frau Farmunt?«, fragte er so leise, dass ich es beinahe nicht verstanden hätte.
    Und als er mich ansah, verschwammen seine Züge einen Moment lang mit einem anderen, mit dem mir inzwischen so vertrauten Gesicht von Conall, dem Druiden. Es lag der gleiche Ausdruck darin, den auch er getragen hatte, und ich ahnte, es waren abgrundtiefe Trauer und Bedauern.
    »Nie werde ich dir das verzeihen! Nie bis zum Ende dieser Welt. Und ich verfluche dich nur deshalb nicht, weil du mein Lehrer warst. Aber verzeihen! Nie!«, hatte Danu ihn angeschrien und war mit blutbeflecktem Gewand davongelaufen.
    Ich war wieder in Dr. Koenigs Büro, die Vision hatte nur den Bruchteil eines Augenblickes gedauert. Aber ich erkannte, dass hier eben eine Entscheidung gefallen war, die er nicht anders hatte herbeiführen können. Schweitzer musste gehen, zum Wohle der Firma. Er konnte aufgrund der Verstrickungen, in denen sich ihrer beider Schicksale befanden und in die ich einen kurzen, ganz oberflächlichen Einblick erhalten hatte,nur gehen, wenn er selbst kündigte. Ich war der Auslöser, geplant oder nicht. Jetzt war ich zwar noch wütend, aber es tat mir nicht weh.
    Spontan, ohne nachzudenken, einfach, weil ein gewaltiges Gefühl von Mitleid es mir so eingab, legte ich Dr. Koenig die Hand auf den Arm.
    »Es tut mir leid«, sagte ich leise.
    Dunkle Augen sahen mich an, traurig, aber auch ein wenig verwundert.
    »Danke, Frau Farmunt.«
    Er nahm meine Hand und drückte sie leicht. Dann ließ er sie los, und ich verließ so schnell wie möglich den Raum.
    Susi Meister sah mich mit großen Augen an.
    »Was ist denn hier los?«
    »Später, Susi. Bitte stör den Chef heute nicht mehr. Alle Telefonate abwimmeln, ja?«
    »Oha. Ja, wenn du meinst.«

12. Faden, 2. Knoten
    Die Szene mit Schweitzer hatte mich mehr mitgenommen, als ich anfangs dachte, auch wenn da die Erleichterung war, den schwierigen Mann endlich los zu sein. Ich erzählte Beni abends kurz davon, aber sie war zu sehr mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, denn es war mal wieder Versöhnung mit Piers angesagt. Außerdem, das musste ich mir natürlich eingestehen, war ein Mädchen ihres Alters mit solchen Problemen auch etwas überfordert.
    »Sei froh, dass du ihn los bist, Lindis. Übrigens, morgen Nachmittag gehen wir ins Kino, willst du mitkommen? Es gibt einen irre guten Fantasy-Film in 3D.«
    »Nein, Beni. Ich denke, ich werde morgen mal etwas für meine Sommergarderobe tun. Ganz ohne Aufsicht.«
    »Oh, bist du sicher, dass dir das gelingt? Bei deinem Farbempfinden.«
    »Liebe jüngere Schwester, ich bin zwar ein konservativer Mensch, aber ich brauche keinen Blindenhund. Darf ich bitte, bitte alleine einkaufen gehen, wenn ich dir hoch und heilig verspreche, weder graue noch schlammfarbene Sachen zu kaufen.«
    »Großes Indianer-Ehrenwort?«
    »Ganz großes!«

    Ich hielt das Wort einer edlen Rothaut und erstand einen pfauenblauen Blazer. Ich rang kurz mit einem silbergrauen Kostüm und entschied mich stattdessen jedoch gewagter zu einem goldbraunen Ensemble, von dem die Boutique-Besitzerin behauptete, es ließe mich geradezu majestätisch wirken. Wer hört das nicht gerne? Also ließ ich mir noch ein blassgelbes Top aufschwatzen.
    Mit meiner Beute beladen bummelte ich noch etwas durch die Straßen und fand mich plötzlich vor einem Schaufenster mit ausgefallen gerahmten Bildern, kleinen Skulpturen, exquisiten Gläsern und allerlei Schnickschnack für den gehobenen Designer-Haushalt wieder.
    »Schöne Sachen«, sagte eine Dame neben mir, die gerade den Laden mit einem elegant verpackten Kistchen verließ.
    In der Tat. Cosas Bellas! Ich stand vor Teresas Geschäft. Es war jetzt halb vier, und ich erwog, ob ich Teresa wohl stören durfte, als sie schon von innen an das Fenster klopfte und mich hereinwinkte.
    »Ah, so machst du deine Geschäfte. Du winkst einfach die Kunden von der Straße in den Laden!«
    »Du hast mich durchschaut, Lindis. Wie geht es dir?«
    »Gut bis erheiternd.«
    Teresa wirkte völlig anders als die pompöse Spanierin vom Montag. Sie hatte ein lose fallendes

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