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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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kannst du mir wirklich glauben.«
    Ich stöhnte auf. Hatte ich denn gar kein Privatleben mehr? Musste Beni das alles vor dieser Fremden breittreten? Warum hatte sie mir nicht gesagt, dass ich zu anstrengend für sie war?
    »Sei Beni nicht böse, Lindis. Bitte! Ich weiß, dass ihr beide mit euren Eltern nicht das beste Verhältnis habt. Das gibt es eben. Manche Eltern beschneiden ihren Kindern wissentlich oder unwissentlich die Flügel. Beni hat sich davon zum Glück sehr früh befreit, und sie hat auch – zum Glück – eine ältere Schwester, die das versteht. Ich glaube, bei ihr ist noch kein großer Schaden angerichtet worden. Sie ist sehr stark, sehr ehrlich und sehr liebevoll. Bei dir ist es vermutlich schlimmer gewesen. Du hast alleingestanden, du hast nur gewusst, dass die Richtung, in die deine Eltern dich schicken wollten, nicht die war, die dir vorschwebte. Aber es hat dir auch keiner eine anderegewiesen. Also hast du so eine Art Negativauswahl getroffen, nehme ich an. Statt der gut verheirateten Hausfrau und Mutter eben die erfolgreiche Karrierefrau.«
    »Teresa, warum sagst du mir das?«
    »Weil ich das Gefühl habe, dass du inzwischen einen neuen Weg suchst.«
    »Dann weißt du mehr als ich.«
    »Schon möglich. Lindis, du bist deiner Schwester sehr ähnlich. Aber du hast dich von deiner Natur entfernt, meinst du nicht auch?«
    »Jetzt kommt es wieder: ›Du bist so hart!‹ Den Spruch kenne ich schon.«
    »Du bist dir gegenüber genauso hart wie gegenüber deinen Mitmenschen. Das ist das Gute an dir.«
    »Bei meiner Art zu leben muss ich das auch sein, Teresa.« Ich lachte kurz auf, als mir der dumme Spruch dazu einfiel. »Das ist wie beim Tanzen, du weißt schon. Frauen müssen alles genauso gut können wie die Männer – mit der kleinen Schwierigkeit, dass sie es rückwärts und auf Stöckelschuhen machen müssen. Und möglichst in der Leichtlohngruppe.«
    »Klar. Direkte Konkurrenz verlangt das. Aber hast du nicht schon mal überlegt, ob du dein Ziel auch auf andere Weise erreichen kannst?«
    »Dicker, aber nicht weicher. Hat mal jemand zu mir gesagt. Aber wenn ich meine Art, mein Leben zu regeln, aufgebe, gebe ich mich selbst auf. Und dazu bin ich einfach nicht bereit.«
    »Schön. Entschuldige, dass ich mich so aufgedrängt habe. Reden wir über etwas anderes, oder wirst du jetzt zornschnaubend gehen?«
    »Nein, Teresa. Ich weiß schon, dass du es gut meinst.«
    »Dann nimm noch ein Tasse Tee, ich muss kurz den Laden zuschließen.«
    Damit saß ich alleine in dem Zimmerchen und war meinenGedanken überlassen. Nicht besonders behaglichen Gedanken. Nicht nur, dass Beni sehr scharfsichtig war, sie hatte ihre Beobachtungen auch noch einer Frau mitgeteilt, die aufgrund dieser Informationen aus zweiter Hand bis tief unten in die Abgründe meines Inneren sehen konnte. Gab es in mir auch einen Kern, der stark, liebevoll und ehrlich war? Meiner Umwelt gegenüber erschien ich ja nur kalt, hart und fordernd. Wie unbequem diese Gedanken waren!
    Teresa kehrte zurück.
    »So, Feierabend! Beni hat mir gesagt, du fährst im Mai wieder in die Bretagne? Ich beneide dich!«
    »Na, das ist kein Urlaub. Das ist harte Arbeit. Aber Beni besteht darauf, dass sie mitkommen darf.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie dann noch keine Ferien hat. Das macht mir sowieso etwas Gedanken.«
    »Wenn du genug Vertrauen zu mir hast, würde ich ja anbieten, dass ich mich die drei Wochen um sie kümmere.«
    »Das würdest du machen? Dann wäre mir erheblich wohler, wirklich. Nichts dagegen, wenn sie die Ferien unbedingt auf der Baustelle verbringen will, aber die Schule schwänzen … Nicht dass ich Bedenken habe, was ihre Noten anbelangt, Beni ist ein kleiner Überflieger. Aber das hat auch was mit Disziplin zu tun. Zu hart, ja, ja!«
    »Aber überhaupt nicht. Ich bin zwar keine Mutter, nicht, dass José und ich nicht unser Bestes versucht haben, aber nach zwei Fehlgeburten haben wir das Thema Kinder beendet, trotzdem habe ich eine Vorstellung zu Erziehungsfragen. Ich bin schon der Meinung, dass man nicht alle Freiheiten gestatten darf. Die schaurigen Schilderungen von Jessy und ihrer Mutter bestätigen mich nur darin.«
    »Das beruhigt mich. Ich fürchtete schon, auch auf dem Gebiet völlig neben der gängigen Auffassung zu liegen. Du empfiehlstmir also nicht, mir zügig einen beliebigen Mann zu suchen, um in den Genuss einer späten Mutterschaft zu kommen?«
    »Um Himmels willen. Solche Übermütter wie deine Freundin Karola

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