Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
klang fast wie eine Drohung. Ohne dass er sich dagegen wehren konnte, wurde er mitsamt der Liege in den röhrenförmigen Regenerator geschoben. Dunkelheit herrschte im Inneren der Maschine. Zum ersten Mal in seinem Leben stand er kurz davor, einen klaustrophobischen Anfall zu erleiden.
»Bitte beruhigen Sie sich, Admiral. Wir aktivieren jetzt den Regenerator! Es wird Ihnen gleich besser gehen!«
Telios hörte den Mediziner nicht. Sie wussten alles. Sie haben die Dragulia lahmgelegt. Aber nicht allein. Jemand hat ihnen geholfen. Es ist ein Verräter an Bord.
Sanftes, gelbes Licht breitete sich hinter seinen geschlossenen Lidern aus. Es badete ihn mit Wärme. Telios spürte, wie die Anspannung aus seinem geschundenen Körper wich und gab sich ganz den heilenden Strahlen hin. Er konnte fühlen, wie die Wunden sich schlossen, doch er war sich nicht sicher, ob er dieses Wunder im Moment richtig würdigen konnte.
Nach unbestimmter Zeit erlosch das warme Licht und sie zogen ihn wieder aus der Maschine. Telios öffnete die Augen und sah vor sich die Gesichter zweier Ärzte, eines Skria und eines Yadi. Sie untersuchten seinen Körper und lächelten zuversichtlich, als sie die Verbände und Pflaster abzogen, welche die klaffenden Wunden während der Behandlung zusammengehalten hatten.
»Sie sind wieder ganz der Alte, Admiral«, sagte der Yadi-Mediziner, dessen Name Telios vergessen hatte. »Es werden keine Narben bleiben.«
Er richtete sich auf und als wäre er das erste Mal in einem Regenerator gewesen, befühlte er ungläubig seine Arme, seine Oberschenkel, seinen Bauch. Seine Haut war glatt und gereinigt; die Stelle an seinem Arm, wo die Krallen des Draxyll tiefe Wunden gerissen hatten, juckte noch ein wenig, aber er wusste, dass dies bald vergehen würde. »Shiaar«, sagte er.
»Pardon, Admiral?« Der Skria-Doktor reichte ihm ein frisches Hemd.
»Benachrichtigen Sie Kommandantin Shiaar. Sofort!«
Frisch angekleidet, jedoch nicht in Uniform, saß Admiral Telios hinter dem Schreibtisch, während seine nervösen Hände mit dem kugelförmigen Briefbeschwerer aus Onyx spielten, den ein befreundeter Admiral ihm geschenkt hatte. Ein Gedanke hielt ihn gefangen: Was, wenn es Shiaar war? Was, wenn sie der Verräter ist? Sie kennt alle Daten des Schiffes, alle Passwörter, alle Geheimfrequenzen, jedes einzelne Deck in- und auswendig.
Auf der Akademie war Shiaar wegen besonderer Tüchtigkeit und Loyalität aufgefallen. Seit drei Jahren arbeitete er nun mit ihr zusammen. In dieser Zeit hatte sie ihre Aufgaben mit geradezu unheimlicher Präzision erfüllt. Telios hatte nie daran gezweifelt, dass sie den Großen Frieden genauso verehrte wie er – und genauso bereit war, für dieses Ziel ihr Leben zu geben, wenn nötig.
Es klopfte an der Tür. Shiaar trat ein. »Sie wollten mich sprechen, Admiral?«
Telios nickte ernst. »Kommen Sie herein, Shiaar. Wie geht es unserem ... Gast?«
Die Skria schloss die Tür hinter sich und kam mit scheinbar schwerelosen Schritten in den Raum. Sie nahm Haltung an. »Die Ärzte sind der Überzeugung, dass er bald das Bewusstsein wiedererlangen wird. Man hat ihn auf Ihren Befehl hin ebenfalls mit dem Regenerator behandelt. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wozu das gut sein soll.«
»Ich will, dass er während des Verhörs vollkommen klar ist.« Telios betrachtete die Onyxkugel in seinen Händen. »Sollte er sich unkooperativ zeigen, können wir immer noch ... physische Druckmittel zum Zuge kommen lassen.«
Shiaar bleckte grinsend ihre Zähne.
»Gibt es schon irgendwelche Hinweise auf seine Identität?«
»Keine, Admiral, abgesehen von der Tätowierung an seinem Arm. Zumindest haben wir die Gewissheit, dass es sich um den selben Draxyll handelt, der diesen Menschen ... Kai Novus ... bereits in Teriam angegriffen hat.«
»Langsam schließt sich der Kreis.« Der Admiral stellte den Briefbeschwerer ab. »Wird Zeit, dass wir ein paar vernünftige Antworten erhalten. Aber da ist noch etwas, Shiaar, über das ich mit Ihnen sprechen muss.«
»Admiral?«
»Setzen Sie sich.« Telios deutete auf den Diwan. Geschmeidig sprang Shiaar auf die Sitzgelegenheit und machte es sich im Schneidersitz bequem.
Telios berührte einen Schalter an seinem Schreibtisch und spürte, wie sich ein unsichtbares Kraftfeld um das Quartier schloss. Alle Außengeräusche – Schritte auf den Zwischendecks, Verlautbarungen über das Kommunikationssystem, Stimmen auf dem Korridor – verstummten plötzlich. Kein Ohr
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