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Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Titel: Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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kommenden Wochen zog sich Chirai mehr und mehr von mir zurück, obwohl ich alles versuchte, sie zu trösten. Doch sie wurde eine Fremde für mich.« Wieder hielt Keru inne. Er hob den Blick zur Leuchtkugel an der Decke. Sein Auge glitzerte feucht und rot wie Blut. »Kein halbes Jahr später begann ein anderes Mitglied meines Klans um sie zu werben. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich bereit, zu töten. Zwar waren meine Fähigkeiten damals noch nicht sehr ausgereift, aber immerhin schaffte ich es, ihn zum Krüppel zu schlagen.« Der Sarkasmus in seiner Stimme war ätzend wie Säure.
    »Was geschah dann?«, fragte Endriel.
    »Ich floh, noch in derselben Nacht. Man hätte mich so oder so verbannt. Ich hatte das schlimmste Verbrechen begangen, das es gab, und ein Mitglied des eigenen Klans angegriffen. Ich war ein Geächteter. Für mich war alles vorbei. Der Mann, der ich einmal war, ist in dieser Nacht vor zwölf Jahren gestorben.« Er schloss sein Auge. Sein gewaltiger Brustkorb hob und senkte sich langsam. Dann war er bereit, weiterzusprechen. »Die folgenden Jahre verdingte ich mich als Leibwächter für Kriminelle. Eines Tages trat jemand an mich heran und bat mich um einen Gefallen: Ich sollte einen Kommandanten der Friedenswächter umbringen. Als Belohnung versprach er mir fünfzigtausend Gonn – eine Menge Geld für einen Ausgestoßenen. Ich nahm das Angebot an und brachte den Weißmantel um, schnell und sauber. Mein Auftraggeber war außerordentlich zufrieden mit mir und ich wurde ein reicher Mann. Ich war der Meinung, ich wäre zum Töten geboren. Drei weitere Male wurde ich als Killer angeheuert. Meine Opfer waren immer Weißmäntel oder bedeutende Beamte. Dann erhielt ich das Angebot, wahre Macht zu erlangen. Sie verbanden mir die Augen, stellten mich auf eine Levitationsplattform und führten mich durch eine Reihe von Nexusportalen.
    Als sie mir schließlich die Augenbinde wieder abnahmen, befand ich mich in einem Palast mit Wänden aus dunklem Marmor. Meine Begleiter waren verschwunden, doch ich war nicht allein. Mir wurde die außerordentliche Ehre zuteil, dem Schattenkaiser persönlich gegenüberzustehen.«
    »Das heißt«, begann Miko aufgeregt, »du hast ihn gesehen? Ich meine, sein Gesicht?«
    Kai beugte sich neugierig vor.
    »Nein. Er trug Rüstung und Helm. Sein gesamter Körper war hinter einem Umhang aus Samt verborgen. Eigentlich wirkte er eher wie eine Maschine als ein Lebewesen. Aber er war sehr freundlich zu mir. Er sagte, dass er von meinen treuen Diensten und meiner Verschwiegenheit erfahren hätte, und ich kam dahinter, dass ich die ganze Zeit unter Beobachtung gestanden hatte. Der Kaiser machte mir ein Angebot. Ich sollte für ihn persönlich arbeiten, ein Mitglied seines Kults werden. Er versprach mir Macht, Reichtum, Ansehen – und dass ich eines Tages an seiner Seite sitzen würde, wenn seine Krieger Syl Ra Van und alle anderen Speichellecker der Sha Yang vom Antlitz des Planeten gefegt hatten, und die Neue Ordnung begann. Und ich willigte ein. Warum auch nicht? Der Tod war das einzige Werkzeug, das ich beherrschte.
    Ich tötete also für meinen Kaiser und ich tat es aus ganzem Herzen. Mit chirurgischer Präzision und ohne jede Reue. Ich lebte nur für den Tag, an dem die Neue Ordnung heraufdämmerte, und der Kaiser nährte meinen Hass auf den Gouverneur und alle, die ihm dienten, oder seine Herrschaft stumm akzeptierten. Ich erhielt einen neuen Namen, › der Weiße Tod ‹ , und mein Gebieter empfing mich regelmäßig in Privataudienzen.« Keru senkte das Haupt. »Es gab für mich keinen Weg zurück. Ich war zu tief gefangen im Netz aus Mord und Erpressung. Aber ich hatte auch niemals den Wunsch gehabt aufzuhören. Ich hatte leiden müssen – also mussten andere ebenfalls leiden. Ich weidete mich an der Furcht meiner Opfer und verlor mehr und mehr meine Seele. Bis zu jenem Tag vor beinahe einem Jahr, als der Kaiser von mir verlangte, die Familie eines hochrangigen Weißmantels auszulöschen, als Warnung sich nicht in die Angelegenheiten des Kults einzumischen.
    Ich reiste zum Haus der Familie auf dem Land und verschaffte mir Zutritt. Niemand bemerkte mein Eindringen und ich hätte das Leben dieser Leute schneller beenden können, als man Zeit braucht, um Luft zu holen. Doch ich konnte es nicht. Es waren Skria. Die Kinder der Familie waren nur wenige Jahre alt, winzige Lebewesen, die mich mit großen Augen anstarrten. Es hätten meine Kinder sein können.« Er wandte den Blick ab.

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