Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
Anzeigen an der Waffe blinkten alarmierend rot. Endlich! Endriel sprang auf. »In Deckung!«, rief sie den anderen zu. Sie schleuderte das Sonnenauge in den Flur und riss die Tür zu. Zusammen mit Kai und Miko warf sie sich zu Boden und presste die Hände auf die Ohren.
Eine Explosion erschütterte den Flur, so laut, dass Endriel den Mund aufreißen musste, damit ihr Trommelfell nicht platzte. Ein gewaltiger Schlag gegen die Tür ließ diese halb zersplittern. Draußen auf dem Flur ertönten Schreie, dann rissen sie ab.
Stille.
Kai und Miko, immer noch auf dem Boden liegend, sahen Endriel fragend an.
»Ich hab die Energiezellen überlastet«, erklärte sie und konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.
Kai lachte ungläubig. »Wo lernt man solche Tricks?«
Sie grinste. »Bei Yanek Naguun.« Dann stand sie auf und spähte durch die geborstene Tür nach draußen: Beißender Rauch füllte den Korridor, Teile der Wandpanele brannten. Die drei verbliebenen Schatten lagen reglos am Boden, Feuer leckte an ihren Uniformen. Endriel drehte sich zu Kai und Miko. »Weiter!«
Andar Telios erinnerte sich gut an den Abschied seines Vorgängers Admiral Shuan-Kor, vor etwas über einem Jahr, als die Dragulia ihren neuen Kommandanten erhielt. Der alte Draxyll, dessen Haut grau und ledrig war wie die eines Elefanten, hatte ihn durch die Korridore bis zur Gangway begleitet. Schließlich hatte er Telios mit faltenumsäumten Murmelaugen angesehen. »Dies ist ein stolzes Schiff, Andar«, hatte er gesagt. »Einzigartig. Passen Sie gut darauf auf.«
Und Telios war seinem Blick mit ernster Miene begegnet. »Ich verspreche es Ihnen.«
Zu seinem Bedauern hatte er dieses Versprechen nicht erfüllen können. Ständig erreichten ihn neue Meldungen über Kämpfe, quer durch alle Decks – und irgendwo in dem Gewimmel befanden sich Endriel und ihre Leute und versuchten, zu überleben.
Aber noch hatten die Schatten die Brücke nicht übernehmen können. Das Schiff stand immer noch bewegungslos am Himmel. Und das ließ ihn hoffen.
Nachdem er die Brücke abgesichert und verlassen hatte, konnte er ein paar seiner Leute um sich scharen. Zu ihnen gehörten Leutnant Tsuna, ein junger Mensch, dem er eine große Karriere zutraute; ein nicht viel älterer Draxyll namens Quai-Lor; die Ingenieurin Skaree, eine ältere Skria mit schwarzgelb geflecktem Fell; Sergeant Barin, ein Yadi, der zwar keine Waffen trug, dafür aber wertvolle Dienste als Späher leistete, sowie rund zwei Dutzend weiterer Leute, von denen er glaubte, ihnen vertrauen zu können. Sie marschierten durch die Schiffsgänge und kamen anderen Ordensmitgliedern gegen den Feind zu Hilfe. Auf ihrem Weg zu den Zugängen der Waffentürme, säuberten sie systematisch jeden Korridor von Schatten. Jedes Mal gesellten sich weitere Verbündete zu ihnen, auch wenn einige derart schwere Verletzungen davongetragen hatten, dass sie nicht einmal ein Sonnenauge halten konnten. Und einige seiner neuen Verbündeten hatten dann auch versucht, ihnen in den Rücken zu fallen. Drei seiner Leute waren auf diese Art gefallen und er selbst war bereits zweimal mit knapper Not dem Tod entronnen. Aber er war nicht bereit, aufzugeben. Dies war sein Schiff!
Allein der Anblick des Admirals und seiner Mitstreiter reichte aus, Furcht in die Reihen seiner Feinde zu tragen, und nicht wenige ergriffen lieber die Flucht, als ihre Kräfte mit ihnen zu messen. Blut färbte die Klinge des Admirals, seine Uniform, sein Gesicht. Ein Vierteljahrhundert im Dienst des Ordens hatte ihn auf diese Schlacht vorbereitet und er schaffte es, all seine Bedenken und Ängste beiseite zu schieben und einfach nur zu funktionieren, wie es von einem Friedenswächter erwartet wurde.
Trotzdem war es noch ein langer Weg ...
Der Energieschild des Weißmantelschiffs war mittlerweile so weit verbraucht, dass das purpurne Kraftfeld so durchsichtig war wie Gaze. Elinn konnte sogar den Namen der Maschine am weißgestrichenen Bug erkennen: Kallavar . Jeder weitere Schuss ihres Flaggschiffes, der Rul’Kshura , würde durch den Schild gehen wie ein heißes Messer durch Butter.
»Vernichtet sie«, befahl sie. »Wir haben Wichtigeres zu tun.«
»Da nähert sich ein Schiff!«, erstattete der Pilot Bericht. »Es kommt von backbord und –«
In dem Moment erbebte die Brücke der Rul’Kshura . Elinn klammerte sich an der Hauptkonsole fest. »Bericht!«, forderte sie.
»Sie haben uns gerammt!«, erwiderte der Pilot.
»Gerammt? Welcher
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