Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Titel: Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
umrahmte Kinn und Oberlippe. Unter breiten Brauen lagen Augen wie aus Obsidian und Elfenbein geschliffen.
    Endriel fand, dass er trotz seiner fast vierzig Jahre immer noch ziemlich gut aussah. Sie wünschte sich nur, er würde sie nicht so finster anstarren.
    »Nicht, dass ich mich nicht darüber freue, dich wiederzusehen«, begann Endriel. »Aber solltest du nicht mit deinem Schiff durch die Gegend fliegen und spannende Abenteuer erleben?«
    »Bilde dir ja nicht ein, dass ich nur deinetwegen hierher gekommen bin, Mädchen«, sagte Telios. Der Admiral war groß und muskulös. Die weiße Friedenswächteruniform schien eigens für ihn entworfen zu sein. Ein purpurnes Cape lag um seine breiten Schultern, die kniehohen Stiefel glänzten schwarz wie frischer Teer. »Die Dragulia befand sich rein zufällig in Teriam, um Vorräte aufzufrischen.« Ein humorloses Lächeln huschte über seine Lippen. »Aber als ich hörte, dass eine vorlaute, junge Menschenfrau und eine kleine Yadi vor kurzem eingesperrt wurden, konnte ich nicht widerstehen, euch einen kleinen Besuch abzustatten.«
    »Na, wie schön.« Endriel deutete auf den freien Teil ihrer Pritsche. »Komm doch rein, und mach es dir gemütlich.«
    »Tut mir leid.« Telios legte eine Hand auf den Griff seiner Sakedo-Klinge am Gürtel, seit dreitausend Jahren die traditionelle Waffe des Ordens. »Aber ich stehe hier sehr bequem. Vielleicht beim nächsten Mal.«
    Endriel starrte ihn wortlos an. Was ist nur mit uns passiert, Andar? Dabei haben wir uns früher so gut verstanden.
    Es schien Ewigkeiten her zu sein. Lange bevor er vom Gouverneur in den Rang eines Admirals erhoben worden war, hatte Telios die Naguuns oft auf ihrem Hof besucht. Er war ein Freund – der einzige Freund – ihres Vaters, und Endriel kannte Telios seit Kindertagen. Damals war er wie ein Onkel für sie gewesen. Bei jedem Besuch hatte er ihr Süßigkeiten oder Spielzeug mitgebracht und verständnisvoll zugehört, wenn sie von ihren kleinen Problemen berichtet hatte.
    Vielleicht wäre er ein besserer Vater als Yanek gewesen. Doch beide Männer waren im Grunde ihres Herzens Soldaten und auch Telios hatte immer gehofft, Endriel irgendwann in den Reihen der Friedenswächter willkommen zu heißen.
    Einem Teil von ihr tat es bitter leid, ihn immer wieder enttäuschen zu müssen. Sie mochte Telios und wusste, dass er aufrichtig um sie besorgt war.
    »Ruhestörung.« Der Admiral schüttelte den Kopf. »Vor ein paar Wochen war es Erregung öffentlichen Ärgernisses, weißt du noch? Als du halbnackt auf dem Stadtbrunnen von Noiras getanzt hast? Was war noch mal davor? Ach ja: Diebstahl. Eine ziemlich lange Liste für ein Mädchen deines Alters, findest du nicht auch?«
    Endriel hörte sich seine Aufzählung wortlos an. Nelen erkannte, wie heilfroh sie war, dass Telios nichts von ihren anderen Aktivitäten zu ahnen schien.
    »Was soll ich sagen?« Endriel sah zum Admiral auf. »Ich habe nun mal ein interessantes Leben.«
    Das brachte ihn zum lächeln – für eine halbe Sekunde. »Glaub mir, Endriel, ich will mich nicht in den Streit zwischen dir und Yanek einmischen. Aber ich weiß genau, es würde ihm das Herz brechen, wenn er dich jetzt so sehen könnte: eingesperrt wie eine gewöhnliche Kriminelle. Und dabei hätte so viel aus dir werden können ...«
    Während er sprach, wandte Endriel ihm ihr Profil zu und starrte die kahle Steinwand an.
    »Du bist clever, eine gute Kämpferin.« Telios kam einen halben Schritt näher, bis seine Nase fast das Kraftfeld berührte. »Du könntest innerhalb des Ordens Karriere machen. Mit deinen Fähigkeiten würdest du in wenigen Jahren das Kommando über dein eigenes Schiff erhalten. War es nicht immer das, was du dir gewünscht hast? Auf deinem eigenen Drachenschiff durch die Welt reisen, jenseits der Nexus-Portale?«
    Er ging vor der Lichtbarriere in die Hocke, doch Endriel vermied es immer noch, ihn anzusehen.
    »Stattdessen ziehst du seit drei Jahren von einer Stadt zur anderen, wie eine Vagabundin, ohne anerkannte Arbeit, ohne Sicherheit, ständig am Rand des Gesetzes.« Er schüttelte den Kopf und erhob sich wieder. »Du verschwendest deine Zeit, Mädchen.«
    »Und du verschwendest deine mit deinen Moralpredigten!«
    Nelen erschrak, als Endriels passive Haltung sich plötzlich in Wut verwandelte.
    »Diese Diskussion hatten wir schon ein paar Mal und sie fängt an, mich zu langweilen! Du bist genau wie Yanek!« Endriel holte tief Luft, bevor sie weitersprechen konnte.

Weitere Kostenlose Bücher