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Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Titel: Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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hatte ihm erklärt, dass ihre Mutter in einem Krankenhaus gearbeitet hatte. Von ihr wusste sie, wie man Kompressen und Verbände anlegte, Wunden säuberte und desinfizierte. Kai hatte sie nach ihren Eltern gefragt, nach den Eltern jedes Kindes. »Wir haben keine Eltern mehr«, hatten sie ernst geantwortet. Er hatte nicht begriffen, ob sie damit meinten, dass ihre Eltern gestorben waren – oder dass sie, wie es jetzt schien, einfach nichts mehr von ihnen wissen wollten.
    Jetzt waren die Kinder fort und Kai wurde sich wieder des hintergründigen »plip-plip-plip« tropfenden Wassers bewusst und des maschinellen Surrens, das den Untergrund erfüllte. Aus der Dunkelheit des Tunnels vor ihm hörte er scharrende Geräusche und ein leises Quieken. Ratten, die in der stickigen Wärme umher huschten. Jedenfalls hoffte er, dass es Ratten waren.
    Einen Moment lang durchzuckte ihn die Angst, die Kinder hätten ihn trotz ihrer Beteuerungen verraten; dass sie ihn hierher gebracht hatten, wo er nicht vor den Friedenswächtern fliehen konnte.
    Aber nein. Wenn sie ihn verpfeifen wollten, hätten sie es längst getan.
    Kai erhob sich und spürte, wie steif seine Gelenke von dem unbequemen Nachtlager und der Bewegungslosigkeit geworden waren. Er zog sein Hemd über. Es war zerschnitten und blutverkrustet, dennoch fühlte er sich in diesem Lumpen sicherer als nur halbnackt. Hunger bohrte in seinem Magen. Seine Kehle war vor Durst so trocken wie das Niemandsland. Hinter einer Holzkiste fand er eine grüne Flasche. Ihr Inhalt wirkte im trüben Licht wie Wasser. Er hoffte das Beste, nahm einen Schluck. Es war Wasser, warm und abgestanden – und unendlich wohltuend. Doch er beließ es bei zwei Schlucken, da er nicht wusste, wie kostbar Trinkwasser für die Schwarzen Ratten war.
    Erneut überkam ihn die Frustration. Er hob die Flasche, um sie gegen die Wand zu schmeißen, erst im letzten Augenblick konnte er sich zurückhalten. Ich verliere zu viel Zeit! Er schloss die Augen. Vergib mir, Meister ...
    Plötzlich hörte er Schritte, ganz in der Nähe. Kai wirbelte herum: Am Ende des Tunnels glomm eine einzelne Lichtkugel in der Dunkelheit. Verspätet erkannte er in ihrem Schein die Schemen der Kinder und atmete auf. Er ließ sich auf dem alten Teppich nieder, auf dem er geschlafen hatte und wartete, bis die drei bei ihm waren.
    »Na, wieder wach?« Orryns fröhliche Stimme geisterte durch die Unterwelt. Sie lächelte ihm zu. Ihr Gesicht war mit frischer Schminke bemalt. Unter ihrem Arm hielt sie ein in Papier eingewickeltes Päckchen. Grao, die stolze Skria, marschierte ihr voran, die Lichtkugel in Händen. Ri-Yur, der Draxyll-Junge, watschelte den beiden Mädchen hinterher.
    »Wo wart ihr?«, fragte Kai, als sich die Kinder um ihren Gast herum scharten.
    »Essen besorgen!« Orryn stellte das Päckchen vor ihm hin und riss das Papier auf. Darunter erschien eine Schale voll von Pfirsichen, Orangen, Weintrauben und platt gedrücktem Fladenbrot. Kai lief das Wasser im Mund zusammen, sein Magen knurrte.
    »Frisch vom Basar.« Ri-Yur packte ein paar Trauben, zog sie mit langer Zunge in den Schnabel und blinzelte den Menschen an. »Greif zu.«
    »Nichts lieber als das!« Kai nahm einen Pfirsich und biss hinein, dass ihm der Saft das Kinn hinablief. Nichts hatte je so köstlich geschmeckt! »Was gibt es Neues in der Oberwelt?«, fragte er kauend.
    »Nicht viel.« Orryn zuckte mit den Achseln. Ihre Schultern wirkten knochig und zerbrechlich. Kai wurde sich wieder bewusst, dass die drei das Essen sehr viel nötiger hatten als er, daher beließ er es bei diesem einen Pfirsich.
    »Sie suchen immer noch nach dir«, fuhr das Mädchen fort. »Jedenfalls haben sie das in den öffentlichen Geisterkuben gesagt.«
    »Aber warum haben sie nicht zufälligerweise gesagt, oder?«
    »Nee.« Als Orryn den Kopf schüttelte, flog ihr Zopf hin und her. »Wahrscheinlich wissen sie es selber nicht.«
    »Aber wir haben was anderes Interessantes gefunden.« Grao kramte aus ihrem zerlumpten Kilt ein Stück Papier, das sie ihm mit scharfen Krallen hinhielt.
    Kai nahm es ihr ab. »Noch ein Fahndungsbild?«
    Nein. Ein Flugblatt, nicht sehr professionell gemacht. Mit schwarzer Farbe war ein plump wirkendes Drachenschiff abgedruckt, offensichtlich mit einem tintengetränkten Schwamm. Daneben stand in sauberem, handgeschriebenem Komdra:
    Korona-Transport:
    Wir erledigen Beförderungen aller Art – gleichgültig ob Güter oder Personen – schnell, sicher und vor allem

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