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Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Titel: Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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völliger Nichtsnutz war. Mit siebzehn Jahren war Mikolas Gorlin immer noch ein Träumer, ein dünnes Pickelgesicht, das von den Nachbarn und jedem anderen Wesen um ihn herum verspottet wurde.
    Die winzige Wohnung der Familie Gorlin lag im zweiten Stock einer baufälligen Mietskaserne nahe der Roter-Lotus-Straße, versteckt in einer schmierigen Gasse, nicht weit vom westlichen Hafenviertel entfernt. Es war eine laute, hässliche Gegend aus Stein und Beton, deren einzige tröstende Eigenschaft darin bestand, dass man abends die Lichtschweife der Drachenschiffe sehen konnte, die wie blaue Sternschnuppen durch den Himmel schossen.
    Und jeden Abend saß Miko an seinem Fenster und träumte davon, eines Tages auf einem solchen Schiff anzuheuern und mit ihm zu fliegen, weit, weit weg von allem: seinen Eltern, der Schule, seinem erbärmlichen Leben.
    Natürlich hatte er schon oft daran gedacht, abzuhauen. Immerhin lebte er in Teriam, dem Zentrum des Nexus-Netzwerks. Ein Schritt durch ein Portal am Nexus-Boulevard und er konnte alles hinter sich lassen. Selbst wenn er noch am gleichen Abend nach Hause zurückkehren wollte, hätte er bis dahin in dutzenden Städten unzählige Abenteuer erleben können.
    Doch er hatte es nicht getan. Nicht ein einziges Mal.
    Was, wenn sein Vater herausbekam, dass er abgehauen war? Was, wenn er sich verlief und irgendwo im Niemandsland endete? Er hatte genug Horrorgeschichten dieser Art gehört, die von den Großmäulern in seiner Klasse zum Besten gegeben wurden.
    So kam es, dass Mikolas Gorlin in seinem ganzen Leben den Nexus nur einmal benutzt hatte: bei einer Schulexkursion zum Museum von Xarul im letzten Jahr, unter Aufsicht seiner Lehrer.
    Aber die Portale waren schließlich nicht der einzige Weg aus der Stadt. Täglich lagen bis zu hundertfünfzig Drachenschiffe an den Docks. Er hätte jederzeit eines aufsuchen können, um dort als Schiffsjunge anzuheuern, und sei es nur, um die Decks zu schrubben.
    Aber nein, das hätte er nicht. Er wusste von vornherein, mit welchen Worten man ihn wieder zurückschicken würde: zu jung, zu schwach, zu dürr . Nein. Diese Demütigung wollte er sich ersparen.
    Und so blieb sein Traum nur ein Traum.
    Bis heute.
    Als er am frühen Nachmittag von der Schule nach Hause kam, fand er seinen Vater in der Stube vor, das schwarze Haar zerzaust, das massige Gesicht düster, und die Augen wie benebelt. Er trug nur seine Hose, über der sein Schmerbauch hing wie ein schlaffer Sack.
    Eine unsichtbare Wolke von billigem Reisschnaps schwängerte die Luft in dem kleinen Raum. Zwei leere Flaschen standen auf dem Tisch, eine lag auf den Dielen und ergoss ihren Inhalt über das fleckige Holz.
    Miko erschrak. Sein Vater durfte gar nicht hier sein, es war doch kein Feiertag! Aber dann begriff er: Tonn Gorlin hatte nach seinen Träumen nun auch seine armselige Arbeit verloren. Wahrscheinlich wegen der Sauferei.
    Von den überfüllten Straßen drang der Lärm der Massen herauf, trotzdem konnte Miko seine Mutter im Nebenzimmer leise weinen hören. Er sah den fetten, verkommenen Mann vor sich an und dachte nur eins: Ich hasse dich!
    »Wie war die Schule, Sohn?« Wenn er besoffen war, klang die Stimme seines Vaters wie das Knurren eines ausgewachsenen Skria.
    »Bestens.« Miko versuchte, ihn nicht anzusehen.
    »Wieso bist du dann schon so früh wieder zurück?«
    »Ich ... ich hatte früher Schule aus.«
    Da sprang Tonn Gorlin auf, flinker als eine Raubkatze, und packte Miko mit groben Händen. »Dreckiger Lügner!«, fauchte er. Sein Atem stank nach Schnaps und Knoblauch. »Du hast wieder geschwänzt, du nichtsnutziges Stück Fleisch!« Seine Finger umklammerten Mikos Gesicht und warfen ihn zurück.
    Der Junge hatte Schwierigkeiten sein Gleichgewicht zu bewahren und knallte mit dem Kopf gegen die Wand. Bunte Flecken tanzten vor seinen Augen. »Ich habe nicht geschwänzt!«
    Sein Vater stand breitbeinig vor ihm und zerrte den Gürtel von seiner Hose. Ich wünschte, du wärst tot , dachte Miko. Der Blitz soll dich treffen!
    »Steh auf!«
    »Nein!« Miko rieb sich den schmerzenden Hinterkopf. Eine anschwellende Beule pulsierte unter seinen Fingern. Es tat weh.
    »Steh auf, du Schwächling!« Als sein Sohn nicht gehorchte, kam Tonn Gorlin auf ihn zugestapft und schwang den Gürtel. Stechender Schmerz explodierte auf Mikos Bauch, aber er tat dem Mann nicht den Gefallen zu schreien.
    Wieder und wieder schlug sein Vater ihm das Leder auf den Bauch, die Schulter, die Arme, die

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