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Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

Titel: Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Oberschenkel. Doch niemals ins Gesicht. Schließlich sollte niemand denken, bei den Gorlins wäre etwas nicht in Ordnung. Er prügelte auf Miko ein und schrie: »Glaubst du, ich zahle fünfzig Gonn im Monat, damit du die Schule schwänzt? Glaubst du, ich lasse zu, dass aus dir ein Versager wird?«
    Wie immer ertrug Miko die Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen. Er kniff die tränenden Augen fest zusammen, während der Fremde, der angeblich sein Vater sein sollte, auf ihn eindrosch. Er wehrte sich nicht. Er sagte nichts, außer der Wahrheit. Er rief nicht nach seiner Mutter, die ihm ohnehin nicht helfen würde. Er war nur von einem einzigen Wunsch erfüllt: Ich will hier weg!
    Ein Dutzend Schläge später erlaubte ihm sein Vater, in sein Zimmer zu gehen »um zu lernen.«
    Dort brach Miko ein zweites Mal zusammen. Sein Körper brannte vor Schmerz, seine Haut war hummerrot und wund, und die Striemen, die der Gürtel hinterlassen hatte, standen dick wie Würmer hervor. Durch die dünne Wand musste er mitanhören, wie sein Vater im Nebenzimmer seine Mutter anschrie.
    Miko begriff nicht, wie sie so dumm sein konnte, bei ihm zu bleiben. Warum sie überhaupt all die Jahre geblieben war. Vielleicht verdiente sie es nicht besser. Wenn sie bei diesem Ungeheuer bleiben wollte, dann sollte sie es tun. Er würde es jedenfalls nicht. Es war Zeit zu gehen, weit weg von hier. Und es gab keinen Grund, jemals wieder zurückzukehren.
    Also packte er die wenigen Sachen, die er mitnehmen wollte, in einen Seesack und suchte seine alte Lederjacke aus dem Schrank. Alles tat ihm weh, aber er hatte keine Angst. Nicht mehr.
    Es fiel ihm nicht schwer, das Haus zu verlassen. Sein Vater schrie so laut, dass er nicht einmal ein anfliegendes Drachenschiff gehört hätte. An der Haustür drehte sich Miko ein letztes Mal um. Er blickte zurück durch den dunklen, leeren Flur und für einen Moment dachte er darüber nach, einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Etwas wie: »Ihr habt es so gewollt. Es wäre schön, wenn wir uns nie wieder sehen«.
    Er schüttelte den Kopf. Es war besser, heimlich, still und leise zu verschwinden. Er legte die Hand auf die Türklinke und drückte sie behutsam hinunter. Sein Herz trommelte gegen den Brustkorb. Wenn ihn sein Vater jetzt erwischte, würde er Prügel beziehen, nach denen er sich selbst nicht mehr im Spiegel wiedererkennen würde.
    Er öffnete die Tür, schreckte zusammen, als sie knarrte, machte einen Satz und war im Hausflur, wo es nach Moder und Erbrochenem stank.
    Ich bin draußen! Er atmete erleichtert aus. Der erste Schritt war getan! Er brachte die Treppen hinter sich und flüchtete aus dem Haus. Das Brüllen seines Vaters war bis hier unten zu hören, aber Miko war klar, dass niemand auf die Idee kommen würde, die Friedenswächter zu rufen. Dafür hatten die Leute in dieser Gegend einfach zu viel zu verbergen.
    Nur um seine Mutter tat es ihm leid. Aber andererseits war sie ein Mensch, ein vernunftbegabtes Wesen mit einem eigenen Verstand und freiem Willen. Niemand zwang sie dazu, bei diesem Dreckskerl zu bleiben. Und wenn sie es doch tat, war es ihre eigene Schuld. Vielleicht würde er irgendwann einmal zurückkehren und sie da herausholen. Vielleicht.
    Ich bin frei , dachte Miko, als er über den schmutzigen Vorhof rannte. Aber wohin soll ich jetzt gehen?
    Er durchquerte das offene Eisengatter der Grundstücksmauer und trat auf die Straße. Er sah erst nach links, dann nach rechts und wieder nach links und folgte dieser Richtung stadteinwärts.
    Er dachte an das, was Keff Nolya, der größte Angeber des Universums und Mädchenschwarm seiner Schule, heute auf dem Pausenhof erzählt hatte: dass die Nexus-Portale neuerdings von Friedenswächtern kontrolliert wurden.
    »Sie suchen ein Mitglied des Schattenkaiser-Kults«, hatte Keff erzählt. »Ich hab’ gehört, er soll ein halbes Dutzend Friedenswächter umgebracht haben!« Dann hatte er erzählt, wie er mit dieser Kreatur umspringen würde, und die Mädchen waren beinahe in Ohnmacht gefallen, als er seinen Bizeps zeigte.
    Miko hatte dieser Unterhaltung natürlich nicht beiwohnen dürfen (Keff Nolya ließ nur wenigen Auserwählten die Ehre seiner Gegenwart zuteil werden), aber er hatte das Ganze im Vorbeigehen mitanhören können. Er hielt es für ausgemachten Blödsinn: Die Schattenkaiser waren nur noch ein Schauermärchen, mit dem man kleine Kinder erschreckte.
    Oder?
    Zumindest stimmte das mit den Portalen, das hatte er auf dem Heimweg mehrfach

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