Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
zusammengebissenen Zähnen. Ohne eine Antwort abzuwarten, packte sie Endriels Haare und zerrte sie in den Korridor.
»Es dauert nur einen winzigen Augenblick!«, versicherte Endriel Kai. »Au! Nelen!«
»Hast du den Verstand verloren?«, zischte Nelen, nachdem Endriel die Tür zugezogen hatte.
»Wenn ich das nur wüsste ...«
»Was ist los mit dir? Bist du etwa betrunken? Du kannst ihn doch nicht einfach an Bord lassen! Der Kerl wird überall gesucht! Wer weiß, was er ausgefressen hat!«
»Werd doch nicht gleich hysterisch!«, flüsterte Endriel und ordnete ihr Haar.
»Wieso soll ich mich beruhigen?« Nelens schwarze Flügel flatterten aufgeregt und bliesen ihrer Freundin kalten Wind ins Gesicht. »Endriel, sag mir bitte, dass du nicht vorhast, ihn aus Teriam rauszuschmuggeln!«
»Na ja ...«
Nelen bedeckte die Augen mit der Hand. »Oh Mann! Diesmal gehst du eindeutig zu weit!«
»Wieso?«
»Wieso?«, wiederholte die Yadi schrill. »Er ist ein Krimineller!«
»Das weißt du doch gar nicht! Nichtmal die Weißmäntel wissen, warum Syl Ra Van ihn haben will!«
»Aber ... aber ...« Nelen kam ins Stottern. »Selbst wenn er die Unschuld persönlich ist: Sie suchen ihn! Und wenn sie ihn hier finden, stecken sie dich und mich, Miko, Keru und Xeah zusammen mit ihm in den Knast und schmeißen den Schlüssel weg!«
»Ich bin überzeugt, dass er unschuldig ist!«
Nelen raufte sich das Haar. »Ich kann nicht glauben, was ich da höre! Endriel, du weißt gar nix über ihn! Wir müssen ihn den Weißmänteln übergeben, bevor wir ernsthafte Schwierigkeiten kriegen!«
»Er ist ein Kunde, Nelen!«
Die Yadi starrte sie nur an. Dann sagte sie entgeistert: »Ich glaube es einfach nicht ...«
»Was?«
Nelen zeigte mit dem Finger auf sie. »Du bist ja verknallt!«
»Bin ich nicht!«
»Na klar bist du das, ich seh’s doch an deinen Augen! Oh Mann, Endriel, es ist das gleiche wie bei Sefiron! Du hast selbst mal gesagt, dass du dich nur in Kerle verguckst, die nicht gut für dich sind!«
Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen? »Ich hab mich nicht in ihn verguckt!«, beharrte Endriel.
Nelen verschränkte besserwisserisch die Arme. »Dann erklär mir doch bitte, warum du dich sonst auf diesen Irrsinn einlässt!«
Endriel zuckte hilflos mit den Achseln. »Wenn’s dir nicht gefällt, schön! Ich gebe nur zu bedenken, dass uns der Kerl zehntausend Gonn einbringt!«
»Und eventuell einen lebenslangen Aufenthalt in den Minen von She-Sor! Ich weiß ja, dass du mit den Friedenswächtern noch ’ne Rechnung offen hast, aber das geht ein bisschen zu weit. Quatsch, es geht Lichtjahre zu weit!«
»Es ist eine Menge Geld, Nelen!«
»Und eine Menge Schwierigkeiten! Wie ... wie ... wie willst du ihn überhaupt aus der Stadt schmuggeln? Du hast doch gehört, was die Weißmäntel gesagt haben: Kein Schiff kann Teriam verlassen, ohne dass sie es vorher durchsuchen. Wo willst du ihn verstecken? Im Eisschrank?«
»Klar.«
»Endriel ...«, flehte Nelen verzweifelt.
»Beruhig dich! Ich hatte mir das Ganze so vorgestellt: Wir lösen die Magnetanker und lassen uns einige hundert Meter in die Tiefe fallen. Dann zünden wir die Antriebe und schleichen uns unter der Stadt hindurch Richtung Ufer.«
» Schleichen? «
»Ja. Die Beleuchtung bleibt natürlich deaktiviert. Die Korona ist schnell. Bis sie bemerken, was los ist, und uns eingeholt haben, sind wir bereits über das Meer hinaus. Das ist die einzige Möglichkeit: die Flucht nach vorn.«
»Und dann?«
Endriel erzählte ihr, was dann kommen würde.
Nelen starrte sie wortlos an.
»Es wird funktionieren«, sagte Endriel. »Vertrau mir!«
Durch die Tür hörte man Fetzen der Unterhaltung zwischen dem Kapitän und Nelen. Sie wurden lauter ... und wieder leiser. Der Mann namens Kai trank seinen Tee und warf Miko einen fragenden Seitenblick zu.
Der Junge zwang sich zu einem nervösen Lächeln. »Äh, ich bin sicher, sie kommt gleich wieder«, sagte er und dachte: Für einen › winzigen Augenblick ‹ dauert das aber ganz schön lange, Kapitän!
»Andar leitet die Ermittlungen«, erklärte Endriel. »Selbst wenn seine Leute uns schnappen, habe ich immer noch eine gute Ausrede parat!«
Nelen schloss die Augen und seufzte leise. »Und dabei fing alles an, so gut zu laufen ...«
»Was ist nun?« Endriel verschränkte die Arme. »Bist du dabei oder nicht?«
Nelen starrte sie verständnislos an. »Was denkst du denn? Natürlich bin ich dabei! Ohne mich wärst du doch erst recht
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