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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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Kleider starren vor Schmutz, ebenso wie sie selbst. Wasser zum Waschen gibt es nicht. Ihr langes Haar kämmt sie täglich mit den Fingern und versucht es zu flechten und aufzustecken, so gut es geht. ‹Wie sehe ich nur aus? Was, wenn er jetzt plötzlich hereingeführt wird und mich so sieht?› Doch er kommt nicht.
    «Du kannst darauf bauen, dass ich zu dir stehe» , hat er gesagt, als der Ärger anfing, als sie begannen, ihr nachzuspionieren. Als sie ihre Kunden belästigten und bedrängten, ihre Dienstboten bestachen, als die erste Vorladung kam.
    «Was können sie dir tun? Es sind nur kleine Pinscher, die dich anbellen, Neider, die gern deinen Erfolg hätten, aber zu faul sind, um ihn sich zu verdienen. Mach dir keine Sorgen, Liebste.»
    Doch als die Schlinge sich zuzog, da war er nicht zu finden. Sie schickt einen Boten zu seinem Haus. Er kam zurück mit leeren Händen: «Der Herr ist verreist» , ließ man sie wissen. «Es ist ungewiss, wann er wiederkommt.»
    ‹Er hat es mit der Angst bekommen, das ist ja zu begreifen. Wir stehen alle mit einem Bein unterm Galgen in unserem Metier. Aber er wird da sein, wenn es darauf ankommt.›
    Er ist da, sehr fein gekleidet in Gelb mit hellblauen Streifen, mit blauen Strümpfen und einem Barett, von dem eine einzelne lange Feder wippt. Wer ist die Frau an seinem Arm? Sein Blick streift sie. Er kann ihr nicht in die Augen schauen. Was er sagt, hört sie mit ihren Ohren, aber ihr Verstand will es nicht aufnehmen.
    «Wart Ihr nicht mit der Angeklagten verlobt? Habt Ihr nicht mit ihr gearbeitet?»
    «Nein» , sagt er. «Meine Verlobte sitzt hier neben mir. Die da kenne ich nur flüchtig, sie wurde mir als Kollegin vorgestellt. Aber ich hatte gleich den Verdacht, dass sie eine Hochstaplerin ist. Ich habe nie mit ihr gearbeitet.» Und noch einmal: «Nein, eigentlich kenne ich sie nicht.»
    «Vertrauen?!», schreit sie, und die Zinken der Mistgabel senken sich bedrohlich. «Ich soll Euch vertrauen? Euch, der Ihr Rosen schenkt und mich mit sanften Worten umschmeichelt? Und dann erfahre ich, ja, erfahre ich hier von einer Schwester, die mich hasst und nur darauf aus ist, mir eine Verfehlung anzuhängen – erfahre ich, dass Ihr verlobt seid? Und Ihr macht mir schöne Augen! Hier!»
    Er wich zurück, konnte dem wütenden Wortschwall kaum folgen, hob abwehrend die Hände.
    «Aber hört doch! Ihr missversteht mich! Meine Absichten sind ehrenhaft!»
    «Ihr seid verlobt und habt es mir verschwiegen!»
    Nun hätte er darauf kommen können und fragen, warum sie so darauf beharrte: Seit wann musste ein Arzt seiner Patientin seinen Familienstand mitteilen? Warum nur ärgerte sie dies Verlöbnis so sehr?
    Aber er war viel zu aufgeregt.
    «Ich habe das Verlöbnis gelöst!»
    «Meinetwegen?»
    «Ja, aber   …»
    «Das wollte ich nicht! Wie könnte ich Mestra Catherine ein Leid zufügen? Ach ihr Männer. Ihr seid so wankelmütig und den niedrigsten Trieben unterworfen! Ein Mann bedeutet nichts als Kummer für eine Frau. Nie mehr lasse ich mich auf so etwas ein, niemals, hört Ihr! Gleich geht Ihr zurück zu ihr und erklärt ihr, dass ich nichts damit zu tun habe! Ichhabe der Liebe und dem Leben da draußen entsagt, und jetzt sehe ich, wie recht ich damit hatte!»
    «Aber Danielle   …»
    «Spart Euch Eure sanften Reden und Eure Rosen! Packt Euch und sprecht mich nie wieder an!» Sie schwenkte drohend die Mistgabel, und er konnte sich nur durch einen schnellen Sprung vor einer weiteren Ladung Dung retten. Alix wollte loslachen, aber das Gelächter blieb ihr im Hals stecken, als sie sein Gesicht sah.
    «Was war denn?», fragte sie Danielle. «Worüber habt ihr gestritten?»
    Danielle antwortete nicht, sondern bearbeitete den Stallboden, dass man davon hätte essen können. Ihre finstere Miene vertrieb alle Schwestern, die sich nach ihr erkundigen wollten.
    «Ein Streit unter Liebenden gehört zum Übelsten, was einem begegnen kann», sagte Alix zu Auda. «Dem geht man lieber aus dem Weg.»
    «Ja, das habe ich auch oft erlebt. Aber ich habe mich immer gefragt, warum das so ist. Wenn zwei sich lieben, dann sollten sie doch besonders Sorge tragen, wie sie miteinander umspringen. Wenn man jemanden liebt, dann will man ihn doch nicht verletzen.»
    «So sollte man meinen. Und doch tun Liebende gerade dann das Gegenteil. Je leidenschaftlicher sie sich lieben, desto heftiger greifen sie sich gegenseitig an.»
    «Aber warum, das habe ich nie verstanden.» Auda ließ sich auf die Bank am Lorbeer

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