Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
Vom Netzwerk:
begeisterte sich Jeanne. «Wo hast du es her?»
    ‹Soll ich es ihr erzählen?›, fragte sich Carolus. ‹Sie würde sicher damit sofort zur Meisterin gehen oder Danielle damit konfrontieren. Und dann würde es so aussehen, als hätte ich sie hintergangen. Niemals könnte ich auf diese Weise ihr Vertrauen gewinnen.›
    «Oh, ein Freund von der Sorbonne hat es mir kürzlich geschickt. Ich überlasse es dir gern leihweise. Aber es wäre vielleicht besser, wenn du es niemandem zeigen würdest. Mir scheint, dass es – hm – ungewöhnlich freizügig ist.»
    «Das kann man wohl sagen! Aber es wäre gut, wenn diese falsche Scham endlich beseitigt würde. Wie soll man Frauen denn helfen, wenn es Ärzten verboten ist, ihren Körper zu kennen und die Frauen keine medizinische Ausbildung bekommen?»
    «Du hast recht. Aber behalte es vorerst für dich und bewahre es gut auf.» Wenn er sich mit Danielle versöhnt hätte, dann würde er sie danach fragen. Sehnsüchtig schaute er hinüber in den Garten, als er das Hospital verließ. Danielle schaute hoch und entdeckte ihn. Doch ihr Blick war so finster, dass er sich seufzend abwandte und zur Pforte ging. Er würde wohl auf einen günstigeren Zeitpunkt warten müssen.

16.
    Die Hitze drückte auf die Dächer wie das Mahlwerk der Ölmühlen auf einen dieser Maischesäcke, in die man das zerquetschte Olivenfleisch einfüllt. Heraus tropfte ein goldfarbenes Licht, in dem alles flach und schwer erschien: Die Olivenbäume, deren silbriges Laub in der Mittagssonne flirrte; die bläulichen Kräuter, die sich an die rote Erde drückten; die grauen Felsen, die über den Wiesen im Dunst schwammen; die Mauersteine, die Dachziegel; die Tiere, die sich in den kreisrunden Schatten unter den Bäumen zusammendrängten.
    Eine einzelne Frau lief durch die Gassen von Pertuis. Niemand sonst war unterwegs. Sie mied die breiteren Hauptstraßen und hielt sich an die engen Gassen, wo es ein wenig Schatten gab. An der Place de l’Ange hielt sie inne. Grell und weit lag sie vor ihr, ein Brutofen, ein körperliches Hindernis, das es zu überwinden galt. Sie holte kurz Luft und fuhr sich mit dem Ärmel über die Stirn, bevor sie rasch den menschenleeren, glühenden Platz überquerte, und atmete auf, als sie die Hahnengasse erreichte. Die Pforte von Sainte Douceline lag in der Sonne. Ungeduldig betätigte sie den Ring des Türklopfers.
    Drinnen schreckte Alix von ihrem Schemel hoch, auf dem sie den Mittag verschlief. «Ja, ja! Ja! Was ist denn!», rief sie unwirsch.
    Das Klopfen hörte nicht auf. Alix rappelte sich hoch und öffnete das Guckfensterchen. «Hör schon auf! Du reißt uns ja noch den Klopfer ab!»
    «Schnell, lass mich ein! Hier verbrennt man ja!»
    Schnaufend öffnete Alix die Tür. Die Magd atmete erleichtert auf, als sie sich an ihr vorbei in die Kühle des Torhauses schob.
    «Catherine Vidal schickt mich! Ich soll die Infirmaria holen!»
    «Da lang geht’s ins Hospital. Jeanne! Für dich!», schrie Alix und folgte der Frau, um zu erfahren, warum solche Eile nötig war. «Was gibt’s denn?»
    Die Infirmaria erschien in der Tür zum Hospital.
    «Schwester Jeanne! Kommt rasch! Meine Herrin bekommt ihr Kind, und die Hebamme ist nicht aufzutreiben!»
    «Schwester Auda ist Hebamme!»
    «Umso besser! Kann sie gleich kommen? Domina Laura hat Schmerzen, und der Herr ist in großer Sorge!» Aufgeregt rieb sich die Magd die Hände.
    «Schmerzen? Du meinst, sie hat Wehen? Das ist normal. Ist das Fruchtwasser schon abgegangen?»
    «Nein, ich glaube nicht!»
    «Dann haben wir noch ein wenig Zeit!»
    «Ich weiß nicht, Mestra Catherine sagt, es ist nicht, wie es sein soll. Die Wehen gehen schon seit heute Nacht, und sie sind sehr unregelmäßig und ungewöhnlich schmerzhaft. Die Herrin schreit und weint!»
    «Es ist eben ihr erstes Kind. Sie weiß nicht, wie das ist, und da ängstigt es sie eben über die Maßen. Geh du schon vor und sag Herrn Marius, dass wir kommen. Und Laura soll sich beruhigen. Wir kommen gleich. Lass schon Wasser aufs Feuer setzen, eine große Menge, und reine Tücher zurechtlegen!»
    Die Magd rannte davon.
    Jeanne rief nach Auda, die bei den Kranken geblieben war. Sie packten einen Korb mit Pomaden, Essenzen undden notwendigen Instrumenten und machten sich auf den Weg. Danielle beobachtete ihren Weggang mit beunruhigter Miene. Juliana wiederum beobachtete Danielle.
    «Vermutest du, dass es schlechtgehen könnte mit Laura?», fragte sie.
    «Wie kann ich das wissen? Ich fürchte

Weitere Kostenlose Bücher