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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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Schwert, das den Schussfaden gegen die Gewebekante drückte. «Verschwendung, wenn ihr mich fragt!» – «Rrrapp!» und «Klipp-klapp!» Damit hoben und senkten sich Tritte und Schäfte.
    Guilhelme ging näher an den Bildteppich heran: «Also, ich kann schon etwas erkennen. Das ist der Himmel, nicht wahr, Danielle? Hübsch – mit der unregelmäßig gefärbten Wolle sieht es aus wie von Wolken durchzogen. Und da sehe ich eine grüne Ranke mit Blättern. Und da in der Mitte, das ist der Scheitel eines Kopfes, oder?»
    «Ja, richtig. Das wird der Kopf», sagte Danielle und wühlte im Korb mit den Wollabschnitten, die beim Abketteln fertiger Gewebe übrig geblieben waren.
    «Sie hat braune Haare, wie du», stellte Manon fest
    «Schon möglich», gab Danielle gleichmütig zurück. «Von der ungefärbten dunkelbraunen Wolle ist am meisten da. Was ich brauche, sind helle Fäden für die Haut und ein wenig einfach gefärbten Krapp für Wangen und Mund.»
    «Mich brauchst du gar nicht anzusehen! Ich webe sparsam und überlege mir vorher, was es werden soll. Bei mir bleibt nicht viel übrig», ertönte es aus Gebbas Ecke.
    Aber Manon hatte schon etwas gefunden: «Hier, Danielle, ich habe noch ein kleines Knäuel rosa Fäden in meinem Kasten aufgehoben, das kannst du haben. Das reicht dann noch für ein paar Rosen in deinem Garten, wenn du willst.» Und Guilhelme rief: «Ich bin gleich fertig mit meinem Stoff. Da fällt jede Menge hellbraunes Garn ab.»
    Danielle setzte sich vor den Webrahmen, knüpfte einige Längen Garn zusammen und setzte ihr Bildwerk fort. Es ging langsam voran. Entweder war sie abends zu erschöpft, oder es fehlten die richtigen Farben. Der Himmel war von einem blassen grünlichen Blau. Welche Pflanze dafür verwendetworden war, wusste sie nicht. Sie hätte lieber ein dunkleres Blau gehabt. Nun hatte sie einige Längen Hellbraun, Blaugrün, rötliches Braun und Ockergelb. ‹Es ist wie im Leben›, dachte sie. ‹Da muss man auch die Farben nehmen, die der Herrgott einem zur Verfügung stellt und schauen, was man daraus macht. Viel habe ich bisher nicht vorzuweisen, scheint mir.› Sie wickelte einen hellbraunen Faden auf eine kleine Spindel und begann mit dem Gesicht. Dann kam ein Stück Dunkelbraun für das Haar und dann wieder mehr Blaugrün für den Himmel.
    «Wir hatten das ganze Haus voller Wandteppiche, feinste flandrische Ware, mit Landschaften, schönen Rittern und Burgen darauf! Nicht solche klobigen Dinger wie das da», lästerte Gebba.
    Niemand antwortete ihr.
    «Schade um die gute Wolle!» – Sie betätigte die Tritte lauter und energischer als notwendig. – «Na ja, so tragen die einen zum Erhalt dieses Hauses bei, und die anderen spielen mit Fädchen.»
    «Dein letzter Ballen Seidengewebe ist übrigens durchgefallen, Gebba», bemerkte Manon. «Es fehlte ein Stück an der Breite. Das kannst du nur unter der Hand verkaufen, und da wird es keinen so guten Preis erzielen.» Die Schäfte ihres Webstuhls gingen so flink wie eine Getreidemühle: klipp, klapp, klapp.
    «Ach was! Eine Gemeinheit war das!» Heftig schnurrte das Schwert an den Kettfäden entlang. «Dahinter steckt doch bloß die Wollweberzunft. Die haben den Amtsdiener bestochen, damit er die besten von unseren Stoffen durchfallen lässt», murrte Gebba.
    «Schon möglich», gab Manon zu. Sie verkniff sich die Bemerkung, dass Gebbas Stoffe weit häufiger beanstandet wurden als ihre eigenen. Gerade an diesem Tag hatten dieWeberinnen von Sainte Douceline ihre Waren zur Prüfung vorlegen müssen. Alle Stoffe wurden dabei peinlich genau vermessen, ob sie die vorgegebenen Maße hatten. Die Fadendichte wurde gezählt, die Stoffe gewogen. Erst dann bekamen sie das Bleisiegel der Stadt und durften nach auswärts verkauft werden.
    Gebba legte Schiffchen und Kamm aus der Hand und streckte sich. «Ich fühle mich ein wenig schwach. Ich glaube, ich werde vor dem Essen noch ein wenig ruhen und erbauliche Literatur lesen.» Sie stand auf und ging hinaus.
    «Ein wenig schwach, so so», kicherte eine der Kämmerinnen. «Ein wenig faul eher.»
    «Übe Nachsicht, Schwester. Sie hat schlechte Laune, die hätte wohl jede von uns, wenn ihr Werk derart zurückgewiesen worden wäre. Schau hier, Danielle, das ist ein schönes Dottergelb. Kannst du damit etwas anfangen?» Manon wickelte das Garnende zu einem kleinen Ball und warf ihn Danielle zu.
    Aber Danielle musste ihre Arbeit bald schon wieder unterbrechen, denn sie hatte Küchendienst.
    «Ich bin

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