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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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und blendete sie. Als sie die Hand hob, um die Augen zu überschatten, beschmierte sie sich Nase und Stirn mit Erde. Carolus musste lachen.
    «Ah, der Herr Medicus! Macht Euch ruhig über mich lustig», sagte Danielle ärgerlich. Sie versuchte, sich mit dem Rockzipfel den Schmutz fortzuwischen, und machte es nur noch schlimmer. Sie sah aus wie ein Mohr.
    «Erlaubt bitte», sagte Carolus galant. Er zog ein Tuch aus dem Wams, tauchte es in einen Wassereimer und beugte sich über sie, um ihr Gesicht zu reinigen.
    «Das scheint ja zur Gewohnheit zu werden», knurrte Danielle, doch sie lächelte dabei. Carolus fand ihr Lächeln bezaubernd. Sie übersah seine ausgestreckte Hand, richtetesich auf, ging zum Wassereimer und wusch sich die Hände. Sie brauchte erstaunlich lange dafür. Umständlich beklopfte sie sich die Kleidung. Endlich war sie so weit. Sie verschränkte die Arme und fragte:
    «Nun also: Was muss ich tun?»
    Carolus verspürte einen leichten Stich. Er war es nicht gewohnt, dass Frauen seine Anwesenheit als unangenehm empfanden, im Gegenteil. Manche erfanden sogar alle möglichen Beschwerden, nur um ihn zu sich nach Hause rufen zu können. Ein wenig irritiert schaute er sich um und entdeckte die Steinbank, halb versteckt zwischen Lorbeer und Wildrosen. Es sollte ihm doch gelingen, sie sich gewogen zu machen! Er nahm seinen Hut ab und fegte damit ein paar welke Blätter von der Sitzfläche.
    «Setz Euch hierher zu mir.»
    Danielle setzte sich auf die Bank, aber so weit wie möglich von ihm entfernt. Alix kam aus dem Stall mit einem Korb Eselsdung, den sie auf der frisch umgegrabenen Fläche verteilte. Sie begann den Mist mit der Hacke einzuarbeiten.
    Gebba, die für einen Augenblick vor die Türe der Weberei gegangen war, um ein paar Atemzüge frische Luft zu schnappen und ihren Rücken zu strecken, sah Danielle mit Carolus auf der Bank sitzen. «Oh! Das ist richtig! Man muss nur ein großes Geheimnis um sich selbst machen, und dann wird man verwöhnt, während andere den Buckel krumm machen müssen!» Vor sich hin brummelnd ging sie wieder hinein.
    «Ich bekomme richtig Lust mitzumachen, wenn ich das so sehe, aber leider bin ich dazu nicht richtig angezogen», erklärte unterdessen Carolus.
    «Ihr macht Gartenarbeit?», fragte Danielle überrascht.
    «O ja, oft! Nach all den Krankenbesuchen bin ich gern in meinem Gärtchen. Es klärt die Gedanken und erfreut mein Gemüt. Riecht es nicht herrlich am Morgen, wenn die Erdetaufeucht ist, oder am Abend, wenn die Luft schwer ist von Blütendüften, von Ginster, Rose und Geißbart?»
    Der Küchen- und Heilgarten der Beginen hatte an Blütendüften wenig aufzuweisen. Hier roch es vorwiegend nach Kräutern, sandig und scharf nach dem blauen Salbei, der gerade blühte, würzig nach violettem Pfefferkraut, ein wenig bitter nach Wermut, beißend und grün nach Zwiebelschluppen in der Sonne, süß nach dicken Bohnen, scharf und rein nach Minze, warm und trocken nach Rosmarin, nelkenartig vom Benediktenkraut.
    «Ihr besitzt einen Blumengarten?» Nicht viele Leute hatten Gärten, die nur dem Vergnügen dienten.
    Carolus hatte ein Minzeblatt gepflückt, zerdrückte es zwischen seinen Fingern und roch daran. «Ja, ich weiß, es ist ein Luxus und eine Schwäche, aber: ja.»
    «Was für Blumen habt Ihr denn?»
    «Oh, Iris natürlich, gelbe und weiße Milchsterne, weiße Lilien, Akelei, Eisenhut und Rittersporn, und eine Damaszener Rose   …»
    Danielles Gesicht belebte sich. Sie war ein klein wenig näher gerückt und schaute Carolus zum ersten Mal während dieser Unterhaltung offen an.
    ‹Ihr Gesicht mag etwas herb sein und zu kantig für unsere Begriffe›, dachte er. ‹Vielleicht sehen sie in Neapel anders aus. Aber sie hat wundervolle Augen – braun, mit kleinen goldenen Sprenkeln darin, wie dunkler Bernstein. Und diese Wimpern!›
    «Eine Damaszener Rose?», wiederholte Danielle. «Ich habe noch nie eine gesehen. Wie sieht sie aus? Wie seid Ihr darangekommen?»
    «Sie ist dunkler als die Hundsrose und gefüllt, und sie duftet so köstlich, dass man trunken davon werden könnte. Ein Duft zwischen Honigwein und Muskat. Ich habe sie mirvon einem Kaufmann mitbringen lassen, der Verbindungen in den Orient unterhält. Angeblich stammt sie aus dem Garten des Osman Bey.» Carolus lachte ein wenig verlegen. «Sie hat mich ein kleines Vermögen gekostet, diese Rose, und ich habe sie sogar malen lassen, damit ich mich auch im Winter in meinem Haus an ihr erfreuen kann. Das ist

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