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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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ein wenig verrückt, nicht wahr? Ich liebe meinen Garten   …» – ‹Ich schwadroniere›, dachte Carolus. ‹Aber ich muss doch irgendwie ins Gespräch kommen mit ihr. Worüber redet man mit einer Frau, die man kennenlernen will? Über Gedichte, über ihre Kleidung? Sie trägt ja nur diesen Hausmutterkittel. Wie kann ich da ein Kompliment machen, ohne dass es spöttisch klänge. Man fragt sie nach ihren Interessen. Was fragt man aber jemanden, der sich an nichts erinnert?›
    «…   Meine alte Mutter kümmert sich darum, und sie macht mir beständig Vorwürfe über diese Verschwendung. Ich soll lieber Kohl und Zwiebeln anbauen, meint sie.»
    «Da hat sie nicht unrecht. Aber auch die Schönheit hat ihren Nutzen.»
    «Meine Mutter ist der Meinung, dass Schönheit vergänglich und unnütz sei.»
    «Ihr könntet ihr entgegenhalten, dass sich in allem Schönen auf Erden Gott offenbart, in Blumen, Farben und im Licht, und also solche Dinge geeignet sind, die Gedanken zu reinigen und der Seele einen schwachen Abglanz des Paradieses zu vermitteln.»
    «Bist du etwa in einem Kloster erzogen worden?»
    «Nein», antwortete Danielle kurz. Sie beobachtete, wie sich Alix ächzend nach einem Stein bückte. «Ich fühle mich nicht wohl dabei, die alte Frau die ganze Arbeit tun zu lassen, während ich hier sitzen und schwatzen soll», sagte Danielle.
    «Anschließend soll sie auf der Bank sitzen, und ich werdeihre Hände mit einer neuen Gichtsalbe behandeln, die ich für sie mitgebracht habe.»
    «Also gut, dann vertändeln wir doch nicht unsere Zeit, indem wir über Rosen sprechen. Wie wollt Ihr es angehen?»
    «Ich weiß nicht.»
    Danielle lachte: «Das ist meine Zeile, Herr Medicus!»
    «Ja», sagte der junge Arzt. «Von einem Arzt wird immer erwartet, dass er wichtig tut und alles weiß.»
    «Wer wichtig tut, weiß meistens nichts. Allerdings wirkt eine Medizin besser, wenn der Arzt zumindest den Anschein erweckt, als ob er davon überzeugt sei. Aber Ihr habt nicht einmal eine Medizin.»
    «Ich dachte, wenn wir miteinander sprechen   …»
    «Ich glaube nicht, dass das einen Zweck hat», sagte Danielle gleichmütig. «Was soll’s auch. Ich bin nicht krank. Ich fühle mich wohl, und ich arbeite gern hier im Garten. Sicher war ich Gärtnerin. Wahrscheinlich ist mir ein Apfel auf den Kopf gefallen!»
    «Gärtnerin? Wo? Was für ein Garten? Schließt Eure Augen, stellt Euch einen Garten vor und beschreibt ihn mir!»
    Danielle sprang auf. «Was soll ich denn da beschreiben? Wir haben doch einen Garten vor uns! Genug geredet. Ich muss nun wirklich Alix helfen!»
    Er sah Danielle hinterher, die Alix die Hacke aus den Händen nahm und mit ihrer Arbeit fortfuhr, ohne sich auch nur nach ihm umzudrehen. Alix kam herangewackelt und nahm neben ihm Platz.
    «Hast eine neue Arznei für mich, Medicus?» Sie streckte die Hände aus. Ihre Knöchel waren geschwollen. Carolus hob seine lederne Tragetasche auf, die er neben die Bank gestellt hatte. Er zog ein irdenes Tiegelchen hervor und nahm den Stopfen heraus.
    «Und? Hast du etwas erreicht bei ihr?», fragte Alix, währender ihre knotigen Gelenke mit der wärmenden Salbe einrieb.
    «Nicht viel», knurrte Carolus, ein wenig ärgerlich auf sich selbst «Sie ist ein schwieriger Fall.»
    «Hehe! Du hast gedacht, du musst nur lächeln und ihr tief in die Augen sehen, und schon wird sie dir ihr kleines Herzchen ausschütten!», sagte Alix.
    Tatsächlich hatte er etwas in der Art gedacht. Aber Carolus setzte sein würdevollstes Gesicht auf: «Ich bin Arzt!»
    «Als ob das was erklären würde! Jung und hübsch und ein bisschen eitel bist du. Glaubst du etwa, bloß weil ich alt wäre, wüsste ich nicht mehr, wie junge Männer sind?»
    «Was hat mein Aussehen damit zu tun? Meine Kunst verlangt Einfühlungsvermögen aber auch einen gewissen Abstand zum Patienten. Sachlichkeit vor allem. Systematisches Vorgehen!», verteidigte Carolus sich.
    «Genau!», lachte die alte Begine. «Vielleicht solltest du erst einmal Ordnung in deinem eigenen Kopf schaffen. Was genau willst du denn behandeln? Welcher Teil von ihr ist krank, wenn überhaupt? Welche Methode ist angemessen?»
    «Ach, Alix», seufzte der junge Medicus. «Ich gebe mich geschlagen. Du hast völlig recht. Was ich brauche, ist ein Fachmann für Seelen. Aber mit dem Abbé kann ich nicht sprechen. Ich habe schon gehört, was er mit eurer armen Danielle veranstaltet hat! Aberglauben! Reinste Barbarei!»
    «Dann sprich doch mit Bruder Calixtus.

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