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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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scheint, dieser Abbé Grégoire fühlt sich in seinen Geldbeutel gezwickt», lächelte Rostan.
    «Hört weiter: ‹Sie haben eine Ehefrau von ihrem Manne fortgelockt um ihres Vermögens willen   …›»
    «Wahrscheinlich hat sie sich dorthin geflüchtet, und der Mann möchte das Vermögen wiederhaben, weniger die Ehefrau. Man kennt doch solche Fälle.»
    «‹Sie beherbergen Frauen von zwielichtiger Herkunft   …›»
    «Ach ja, das hat er mir auch geschrieben. Sie sollen eine Neapolitanerin aufgenommen haben. Für dieses Volk dort sind doch alle Fremden ‹zwielichtig›.»
    «‹…   und ich habe Grund zu der Annahme, dass sie häretische Schriften lesen und verbreiten!›», las Papst Clemens weiter.
    «Grund zur Annahme   … mein sehr verehrter Freund, Euer Heiligkeit,
ich
vermute, es handelt sich bei dem Ganzen nur um den Versuch eines ehrgeizigen Kleinstadtpfarrers, Euch auf sich aufmerksam zu machen!», sagte Rostan.
    «Das ist ihm gelungen. Sicher ist er ehrgeizig, wie Ihr sagt, doch mir gefällt es, dass er nicht lockerlässt!»
    ‹Unverschämt, über meinen Kopf hinweg an seine Heiligkeit selbst zu schreiben!›, dachte Rostan de Noves. Clemens steckte den Brief wieder weg, faltete die Hände hinter dem Rücken und sah nachdenklich auf den Fluss unter ihm.
    «Dieser eifrige kleine Abbé hat mich auf eine Idee gebracht.»
    «Was wollt Ihr tun?»
    «Ich werde mich seiner bedienen. Ich überlege, ihm und allen Pfarrgeistlichen in jeder größeren Stadt, in jedem Sprengel, inquisitorische Vollmachten zu erteilen.»
    Der Erzbischof erschrak: «Wie? Wollt Ihr Misstrauen unter Pfarrkindern und Geistlichkeit säen, aus jedem Beichtvater einen Schnüffler machen? Wollt Ihr denn   …»
    Clemens runzelte die Stirn und schnitt Rostan mit einer Handbewegung die Rede ab.
    «Schnüffler? Mein lieber Rostan! Nur weil Ihr mein Freund seid, dürft Ihr mir so etwas sagen! Ich weiß, Ihr mögt die Inquisitoren nicht.»
    «Verzeiht, ich wollte Euch nicht kränken. Aber mir gefällt der Gedanke nicht, dass der Beichtvater, derjenige, dem doch alle vertrauen sollen, dem sie sich offenbaren, auch wenn sie sich einer Sache schämen, dass so einer sie dann vor ein Gericht zerren kann. Wer würde ihm dann noch etwas erzählen? Wie sollen sich die armen Seelen erleichtern? Es hat doch einen Grund, dass wir vom Beicht
vater
sprechen.»
    «Und straft ein Vater nicht?», wandte Seine Heiligkeit ein, «wer beichtet und wer rechten Glaubens ist, dem geschieht ja nichts. Aber die Häretiker lügen und wühlen im Untergrund. Wie soll man ihrer habhaft werden, wenn nicht über ihre Ortspfarrer, Nachbarn und solche, die ihre Schliche kennen?»
    «Ja, das ist alles richtig. Aber bedenkt auch: Ist in den letzten Jahren nicht genug Blut geflossen unter Christen? Katharer, Waldenser, Illuminati, Apostelbrüder – sie alle glaubten immerhin   …»
    «Das sind keine Christen gewesen. Dolcino war ein Mörder!» Clemens schrie fast.
    «Ich spreche nicht von Dolcino. Ich spreche von den kleinen Leuten, die sich von einem vorüberziehenden Wanderprediger eine französische Bibel aufschwatzen lassen, über Menschen, die der Kirchenzehnt drückt, über ein paar arme Weiblein, die beten und weben und von der
unio mystica
phantasieren! Das sind doch Nichtigkeiten, Tropfen.»
    «Aus vielen kleinen Tropfen wird ein Fluss, aus einem Funken ein Brand. Ich habe schon lange überlegt, wie wir das alles unter Kontrolle bringen können. Glaubt Ihr, es gefällt mir, wenn Menschen in ihren Kirchen verbrannt werden? Es war ein Gräuel, ich erinnere mich, dass ich als junger Mönch damals geweint habe, als wir davon hörten! Und die Folterungen und Hinrichtungen der Tempelritter! Ich habe versucht, sie zu verhindern. Philippe hat darauf bestanden. Aber seht Ihr: Wenn etwas erst so groß ist, nein: wenn man zulässt, dass aus einigen Gleichgesinnten eine Organisation, eine Bewegung wird, dann bleibt nichts anderes als Feuer und Schwert! Ich will, dass das aufhört! Ich will Frieden in der Christenheit! Und deshalb will ich den Anfängen wehren», ereiferte sich Seine Heiligkeit.
    Zwei Dominikaner gingen vorüber in ihren weißen Kutten mit schwarzen Mänteln und schauten aus den Augenwinkeln zu den zwei Männern.
    «Ist nicht der Pfarrklerus zu sehr in die örtlichen Interessen verstrickt? Wäre es nicht besser, einen unabhängigen Inquisitor zu schicken?», warf Rostan ein, in dem Bemühen, das Schlimmste zu verhindern.
    «Den kann man immer noch

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