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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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Pomeranze war vergessen. Sie lief zur Küche, Carolus folgte ihr.
    «Was ist? Was ist passiert?»
    Annik stand mit dem Rücken zur Tür. Magdalène war auf einem Schemel am Tisch zusammengesunken, bleich, vornübergebeugt und hielt sich den linken Arm.
    «Hast du dich verletzt?», fragte Carolus.
    «Wie denn», sagte Annik. «Sie hatte doch gar kein Messer in der Hand.»
    Auf dem Küchenboden lagen Stücke und Scherben von irdenen Gefäßen, hier ein Henkel, der nichts mehr zu tragen hatte, dort ein Häufchen feiner roter Splitter und überall Mehl.
    Magdalène zog den Ärmel hoch, und da war der Arm, noch ärger geschwollen als vorher und dunkel verfärbt. Auf der fleischigen Seite des Unterarms, eine Handbreit über dem Gelenk, saß eine bläulichviolette Beule.
    «Ist das die Stelle, wo du dich neulich geschnitten hast?», fragte Carolus und nahm behutsam den Arm in die Hand. Er drückte ein wenig auf das entzündete Fleisch in der Umgebung des Abszesses. Magdalène schrie auf.
    «Ich hatte dir doch gesagt, du sollst es gut auswaschen!» Carolus runzelte die Stirn. «Da scheint etwas in der Wunde zurückgeblieben zu sein. Komm mit ins Hospital. Ich muss die Stelle aufschneiden, säubern und ausbrennen.»
    Magdalène stand schwankend auf und schaute sich hilfesuchendnach Danielle um. Die winkte ab. «Sei mir nicht böse, ich kann gar nicht hinsehen! Carolus macht das bestimmt sehr gut.»
    ‹Frauen sind doch recht zimperlich›, dachte Carolus bei sich, doch das setzte sie nicht herab in seinen Augen, im Gegenteil. Es war eben ihre schwächliche und schützenswerte Natur.
    Danielle war etwas blass, als sie Annik half, die Küche aufzuräumen.
    «Meine Güte, du bist aber empfindlich, eine große, kräftige Frau wie du!», wunderte sich Annik. «Was willst du denn machen, wenn du mal Kinder kriegst? Glaubst du, das geht so einfach wie ’s Brezelnbacken? Ha! Rein geht ’s leicht, hinaus ist eine andere Sache! Und du hättest sehen müssen, wie ich mir mal mit dem großen Bratenmesser in die Hand gesäbelt habe. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so viel Blut in uns haben! Und meine Tante Agathe   …» Danielle floh, bevor sie die Einzelheiten von Agathes Schicksal erfahren musste.
    Carolus machte einen entschlossenen Schnitt in den geschwollenen Arm. Eiter quoll heraus und schließlich ein Metallstückchen. «Da haben wir es!», sagte Carolus und wandte sich an Jeanne. «Ich schreibe dir ein Rezept auf für eine Salbe, mit der die Wunde bestrichen werden soll.» Er setzte sich im Arztzimmer an einen kleinen Tisch und schrieb etwas auf ein Stückchen Pergament, das bereits so oft abgeschabt und wiederverwendet worden war, dass die Tinte stellenweise verlief.
    «Da, kannst du das machen?»
    Jeanne las: «Je eine Handvoll Salbei, Wegerich, Bibernelke, Beifuß und Ochsenzunge, im Mörser mit Widderfett zerstoßen, in Öl gekocht. Setze zwei Unzen Wachs hinzu. Wenn es flüssig ist, durchseien; dann füge noch je eine Unze Mastix, Weihrauch und Kolonium hinzu. Warm auf die Wundeaufzutragen.» Sie brummelte vor sich hin. «Deine Rezepte sind immer so aufwendig, Medicus! Würde es nicht auch Schafgarbe tun?»
    «Nein, die Wunde ist schlecht geworden, wir wollen lieber sichergehen. Du kannst ja gleich mehr davon machen für das Hospital. Die Salbe hält sich lange. Und sie soll den Arm nur locker mit einem Tuch bedecken!»
    Nachdem Carolus gegangen war, sah sich Jeanne die Wunde noch einmal an und stopfte sie fest mit einem zusammengerollten, mit Salbe getränkten Leintuch aus. «So macht man das!», sagte sie. «Man muss das doch trockenlegen, diese Schweinerei!»
    Später kam Magdalène zu Danielle in den Stall, wo diese gerade Stroh vom Heuboden herunterwarf. Ihr Arm war fest verbunden, und sie sah ganz gefasst und ruhig aus. Danielle stieg sofort die Leiter herunter. «Hat der Medicus dich sehr gequält?», fragte sie mitfühlend.
    «Nein, es war halb so schlimm. Es fühlt sich gleich viel besser an jetzt», erwiderte Magdalène.
    «Siehst du. Das nächste Mal gehst du lieber gleich hin. Was war es denn?»
    «Die Spitze von dem Messer war abgebrochen und steckte noch im Arm.» Sie zeigte das feine Splitterchen vor, kaum zu erkennen. «Dass so ein winziges Ding so viel Ärger machen kann!»
    «Und ich dachte, du wärest damit längst bei Jeanne gewesen», sagte Danielle.
    «Ich wollte ja, aber sie hatte so viel zu tun, dass ich mich nicht vordrängen wollte. Es hat sich nicht so ergeben. Immerhin ist es erledigt. Dass

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