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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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gesehen.» Was bei Jeanne Ekel erregte, weckte Danielles Zutrauen: «Er ist auf der Höhe der Zeit», dachte sie bei sich. «Er ist ein guter Arzt und tut das Richtige für Magdalène. Es wird alles gutgehen.»
    «So?», sagte Jeanne. «Hoffen wir das Beste! Du sollst Basilikum in Wein kochen und Honig dazugeben! Ich komme wieder und hole das Getränk.»
    Im Morgengrauen war sie am erkalteten Herd eingeschlafen. Carolus war längst fort, und Magdalène ging es besser. Doch drei Tage später hatte sie wieder hohes Fieber, und man trug sie in eine abgeschiedene Kammer, damit sie für sich sein konnte und wegen des Gestanks. Sie verbrannten Weihrauch in dem Krankenzimmer, doch der süßliche Verwesungsgeruch war kaum auszuhalten.
    Danielle ging ihrer Arbeit in Stall und Garten nach.
    Renata wunderte sich darüber.
    «Magdalène braucht Tag und Nacht jemanden, der an ihrem Krankenbett wacht. Ich muss auch einmal schlafen. Wer meldet sich freiwillig?», rief nach dem Abendessen Jeanne.
    Fast alle Hände gingen hoch, nur Danielles nicht. Magdalène war sehr beliebt. Und so nahmen die Schwestern es ihr übel, dass sie weder am darauffolgenden Tag noch in der Nacht die Kranke besuchte oder sich meldete, um bei ihr zu wachen.
    «Warum gehst du nicht zu ihr? Ist sie nicht deine besteFreundin?», schimpfte Gebba. «Deine Freundin wäre ich ja nicht gern. Du hast ein Herz aus Stein!»
    Carolus kam und klagte: «Ich verstehe das nicht! Die Maden haben ihre Schuldigkeit getan. Aber die Wunde schließt sich nicht, und das Fieber verbrennt sie! Wenn es bis morgen nicht besser wird, muss ich den Arm amputieren», sagte er. Danielle verzog auch jetzt keine Miene und erntete damit finstere Blicke. Selbst Manon, die sie sonst immer verteidigte, konnte ihr Verhalten nicht verstehen.
    «Ich kann nicht mit Kranken umgehen», verteidigte sich Danielle. «Ich würde ihr nur Schaden zufügen.»
    «Du sollst sie ja auch nicht behandeln, sondern mich rufen, wenn es ihr schlechter geht», knurrte Jeanne. «Jeder hier tut das Seinige! Es ist jetzt nicht die Zeit, um zimperlich zu sein!» Aber Danielle blieb dem Krankenbett fern.
    Eine bedrückte und gereizte Stimmung legte sich über Sainte Douceline.
    «Ich kann einfach nicht begreifen, was in unsere Danielle gefahren ist!», sagte Annik in der Küche zu Guilhelme. «Sie ist doch sonst so hilfsbereit und drückt sich nicht vor den schmutzigsten Arbeiten, nur vor dem Krankendienst. Das könnte ich ja auch noch verstehen, mancher hat eben nicht den Magen dafür. Aber es ist doch Magdalène, die in Not ist, nicht irgendwer, sondern ihre Freundin, die ihr geholfen hat und zu ihr stand, als wir alle noch misstrauisch waren. Und sie war noch nicht ein einziges Mal am Krankenbett! Na ja: ‹Freunde in der Not, gehen zehen auf ein Lot›, hat meine Mutter selig immer gesagt.»
    «Vielleicht kann sie es nicht ertragen, sie krank zu sehen. Wer weiß, was sie erlebt hat», sagte Guilhelme, die sich um Verständnis bemühte.
    «Nicht ertragen? Was muss denn die arme Magdalène ertragen? Wie kann man denn nur so gefühllos sein! Was istdenn schon dabei, ein paar Stunden an ihrem Bett zu sitzen und ihr ein wenig Tee einzuflößen oder ihr die Stirn abzuwischen! Ich habe Danielle nicht einmal weinen sehen! Sie wirkt völlig unberührt davon. Ich glaube fast, dass sie doch nicht wie unsereins ist. Das ist doch nicht normal, sich so kalt zu verhalten! Was ist das nur für ein Mensch?»
    «Ist dir nicht aufgefallen, wie wenig sie isst, seit Magdalène krank ist? Dass sie kaum spricht?», verteidigte Guilhelme die Italienerin. Aber sie tat es halbherzig und aus christlichem Pflichtgefühl.
    «Und wenn schon! Sie wird sich ihrer Haltung schämen und das zu Recht! Was ist das für eine Schwester, die so handelt», sagte Annik hitzig.
    «Sie wird ihre Gründe haben.» Juliana war in die Küche gekommen. «Im Übrigen verweigert sie ihr ja nicht die lebensnotwendige Hilfe. Magdalène ist so gut versorgt, wie es irgendein Kranker sein kann. Was ihr wollt, ist: Sehen, dass sie ein Opfer bringt. Es geht euch gar nicht um Magdalène. Es geht euch darum, Danielle zurechtzuweisen, ihr etwas abzuverlangen, nur um des Rechthabens willen. Das ist nicht gut und schwesterlich gedacht.»
    Annik schwieg, doch sie bedachte weiterhin Danielle mit finsteren Blicken, ebenso wie alle anderen. Beim Abendessen knallte sie die Schüssel derart unsanft vor sie hin, dass sie schepperte. Sie bot ihr auch keine zweite Portion an: «Du hast ja

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