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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hergestellt!«
    Vor Anstrengung keuchend schrie die Meisterin diese Worte Rosi ins Gesicht. Die Magd wagte es nicht, sich abzuwenden, obwohl ihr kleine Speicheltröpfchen die Haut netzten. Mehr denn je bedauerte sie, in diesem Haus arbeiten zu müssen. So wie Frau Anna sich anhörte, würde sie ihr mindestens den fünffachen Wert der Schüssel vom Lohn abhalten. Damit aber verlängerte sich die Zeit, die Rosi in ihrem Dienst bleiben musste, bis ins Unerträgliche. In Augenblicken wie diesem bezweifelte die junge Magd, dass es für sie jemals ein Leben geben könnte, in dem sie nicht Frau Annas Stock zu spüren bekäme.
    Da die Meisterin sie in der ganzen Nachbarschaft schlechtgemacht hatte, konnte sie nicht einmal zu Lichtmess den Dienst aufsagen, denn niemand war bereit, sie in Dienst zu nehmen. Wahrscheinlich würde sie sich auf die Treppenstufen einer Kirche setzen und betteln müssen. Doch sie kannte die Verhältnisse in der Stadt gut genug, um zu wissen, dass man sie, wenn man sie nicht gleich aus München vertrieb, zu den Huren im Frauenhaus oder als dienende Magd ins Frauenkloster stecken würde. Dies erschien ihr noch schrecklicher, als Frau Annas Schläge ertragen zu müssen, denn dann konnte sie ihre Hoffnung, irgendwann einmal von einem ehrlichen Mann geheiratet zu werden, endgültig begraben.
    »So! Und jetzt hurtig an die Arbeit! Schaffe das Holz für morgen herein und trödle ja nicht, sonst setzt es weitere Hiebe!« Damit wandte die Meisterin sich ab und verließ die Küche.
    Rosi schnupfte ihre Tränen und griff nach dem Korb. Nun ließ sich auch wieder jemand in der Küche sehen. Es war die Jungmagd, die erst zwölf Jahre zählte. Auch sie hatte bereits mit Frau Annas Stock Bekanntschaft gemacht.
    »Tut es sehr weh, Rosi?«, fragte sie leise.
    »Glaubst du, ich weine vor Freude?« Rosi ging auf die Tür zu und stöhnte auf, weil ihr bei jedem Schritt ein Stich durch den Rücken fuhr.
    »Die Meisterin ist manchmal sehr streng, nicht wahr? Dabei war die Schüssel nicht mehr viel wert!«, fuhr die Kleine fort.
    »Sie wird sie sich bezahlen lassen, als bestände sie aus purem Gold!« Trotz ihrer Schmerzen ärgerte Rosi sich mehr über das Geld, das sie wegen der zerbrochenen Tonschüssel verlieren würde, als über die Prügel. Aber sie schalt sich auch selbst, weil sie nicht besser aufgepasst hatte. Die Schüssel war ihr bei einem kurzen Anfall von Übelkeit aus der Hand geglitten, und just einen Augenblick später hatte die Meisterin die Küche betreten.
    »Es war, als wenn sie es gerochen hätte«, fauchte Rosi auf dem Weg nach draußen.
    Während sie den Schuppen öffnete, in dem das Holz für den Herd aufgestapelt lag, kämpfte sie für einige Augenblicke mit dem Wunsch, diesen in der Nacht anzuzünden, um es der Meisterin heimzuzahlen. Sofort schlug sie das Kreuz und bat die Heilige Jungfrau für diesen sündhaften Gedanken um Verzeihung. Mit zusammengebissenen Zähnen füllte sie ihren Korb und hob ihn hoch. An anderen Tagen hatte sie eine solche Last mit einem Lachen bewältigt, doch diesmal brannte ihr Rücken wie Feuer, und sie vermochte kaum, den Korb festzuhalten. Daher nahm sie einen Teil der Scheite wieder heraus.
    Auf dem Weg in die Küche kam ihr die Meisterin entgegen und erblickte den nur halbvollen Korb. Sofort zog Rosi den Kopf ein und presste sich gegen die Wand.
    Ihre Herrin lächelte hämisch. Wie es aussah, hatte sie der Magd heilige Furcht eingebleut. Nun würde Rosi schon aus Angst spuren, keine weiteren Hiebe zu erhalten. Noch wirksamer erschien ihr die Drohung, dem Weibsstück den Lohn vorzuenthalten. Von den anderen Mägden hatte sie erfahren, dass Rosi hoffte, so viel zusammensparen zu können, dass ihre Mitgift für die Heirat mit einem einfachen Bürger reichte. Dafür brauchte das Ding jedoch ein hübsches Sümmchen, und es zwickte Frau Anna in den Fingern, Rosi dieses Geld abzunehmen. Sie wagte nicht, es ihr einfach zu entwenden, weil sonst das restliche Gesinde rebellisch würde. Aber sie kannte einen anderen Weg, Rosis Hoffnungen zu zerstören.
    »Wenn du heute mit der Arbeit fertig bist, wirst du zum Beichten gehen und diese Sünde vor dem Herrn bekennen. Wenn du zurückkommst, will ich die Bescheinigung deines Beichtvaters sehen!« Da die meisten Prediger solche Beichtzettel nur gegen eine Spende hergaben, würde dies ein spürbares Loch in die Ersparnisse der Magd reißen, sagte sich die Frau und ging mit zufriedener Miene weiter.
    Rosi sah ihr mit Tränen in den

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