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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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auf!«, befahl ihr Hilarius zu ihrer Überraschung. »Zwar würde ich dir gerne beiwohnen, doch dein Rücken ist viel zu wund, um das aushalten zu können. Vielleicht ein andermal!«
    »Aber ich brauche den Beichtzettel«, rief Rosi ängstlich aus.
    »Hier hast du ihn!« Hilarius angelte sich eines der in der Sakristei bereitliegenden Blätter und reichte es ihr. »Möge Gott dich behüten, mein Kind, und den Sinn deiner Herrin mildern.«
    »Schön wär’s, hochwürdiger Vater. Und noch mal danke für die Salbe.« Erleichtert zog Rosi ihr Kleid glatt und hastete davon. Unterwegs freute sie sich plötzlich, dass Hilarius ihr so uneigennützig geholfen hatte, und fand, dass er trotz aller Fehler kein allzu schlechter Mensch sein konnte.

6.
    D ie Musik drang bis in die Kammer, die Doktor Portikus in der Residenz des bayrischen Herzogs zur Verfügung gestellt worden war. Die Männer, die er um sich geschart hatte, lauschten unwillkürlich den melodischen Tönen, und Pater Remigius klopfte sogar mit dem rechten Fuß im Takt.
    Portikus räusperte sich, um seine Gäste daran zu erinnern, dass sie nicht zur Erbauung zusammengekommen waren. Sein Blick glitt tadelnd zu Remigius, der so gar nicht dem Bild eines schlichten Mönchs entsprach. Zwar trug der Mann eine Kutte, doch die war aus bester Wolle gefertigt und mit Seide gefüttert. Die Tonsur hatte er nur nachlässig andeuten lassen, so dass sein blonder Schopf zur Geltung kam, und an seinen Fingern steckten mehr Ringe, als manche putzsüchtige Dame von Stand zu zeigen wagte. Dazu war er ein großer, stattlicher Mann, bei dessen Anblick Portikus sich jedes Mal seiner kleinen, hageren Gestalt bewusst wurde. Auch ließ Pater Remigius seine Mitbrüder und andere Geistliche niedrigerer Herkunft durchaus spüren, dass er sich als Spross eines ritterlichen Geschlechts für etwas Besseres hielt. Nicht zuletzt aus diesem Grund kümmerte er sich nicht um die Ratschläge, seinen Lebenswandel zu zügeln, sondern stellte den Frauen nach, wann immer er Lust verspürte. Auch jetzt sah er so aus, als würde er am liebsten im Festsaal mit den Damen tanzen, anstatt sich hier den Kopf über das weitere Vorgehen gegen die lutherische Seuche zu zerbrechen.
    »Ich habe gehört, dieser Wittenberger Mönch müsse in Kürze einem Abgesandten Seiner Heiligkeit Rede und Antwort stehen«, gab Remigius eben zum Besten. Es klang so, als wolle er sagen: »Lasst mich doch mit diesem Narren in Ruhe!«
    »Ich hoffe, dieser Elende bereut und widerruft seine scheußlichen Anklagen, die, wenn ich Euch so ansehe, werter Bruder, leider nicht alle aus der Luft gegriffen sind«, stichelte Portikus.
    »Er wird widerrufen – und wenn Seine Heiligkeit ihn im Gegenzug dafür zum Erzbischof ernennen muss. Es sei denn, das Mönchlein hat Lust, es Jan Hus gleichzutun«, konterte Pater Remigius.
    In Portikus’ Augen war dies ein weiteres Zeichen, wie verkommen die heilige Kirche in dieser Zeit tatsächlich war. Um ihre Ziele zu erreichen, setzte sie dort auf Bestechung, wo sie mit Gewalt nicht weiterkam. Doch auch ihm stand es nicht an, öffentlich Kritik zu üben. Umso wichtiger war es, Häretiker und andere Abweichler zu bekämpfen.
    »Um mit der überall wuchernden Ketzerei aufzuräumen, müsste man im ganzen Reich Scheiterhaufen entzünden und Luther samt seinen Anhängern verbrennen«, rief er voller Zorn.
    Einige seiner Gäste wirkten erschrocken, Pater Remigius jedoch winkte verächtlich ab. »Das würde dir so gefallen, Thürl. Aber wer soll der Kirche den Zehnten zahlen und dem Herzog die Steuern, wenn du jeden Wirrkopf auf den Scheiterhaufen schicken willst? Ich sage, wir sollten Luther und seine engsten Anhänger mit Titeln und Würden an uns binden, und diejenigen, die mit ihren Schriften in der Hand angetroffen werden, zu Geldstrafen verurteilen. Was glaubst du, wie rasch die Leute wieder gut katholisch werden, wenn es ihnen ans Geld geht?«
    Schon die Tatsache, dass der adelige Mönch ihn mit seinem alten deutschen Nachnamen anredete und nicht mit dem vornehm lateinischen Portikus, erbitterte den Theologen. Gleichzeitig ärgerte er sich über die nachlässige Art, mit der Remigius über diese Sache hinwegging.
    »Ihr habt noch immer nicht begriffen, welche Gefahr dieser Luther für unsere heilige Kirche darstellt, denn Ihr denkt nur mit dem, was Ihr zwischen den Beinen hängen habt, und vielleicht noch mit Eurem Magen. Für Euch ist die Theologie ein Buch mit sieben Siegeln. Wie kann ein Mann wie Ihr

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