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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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derzeit nicht tun. Er ließ es zu, dass sie die Binde um seinen Leib löste und die geschwollenen Ränder seiner Wunde mit kühlen Fingern betastete.
    »Zum Glück ist nichts geschehen. Ich wasche die Stelle noch einmal mit Arnika- und Kamillensud und lege ein neues Kohlblatt drauf. Aber das hilft nur, wenn du tust, was ich dir sage!«
    Veva tauchte ein sauberes Tuch in das kleine Töpfchen mit dem noch warmen Aufguss und wusch die Verletzung des Knechts aus. Obwohl sie so sanft wie möglich vorging, biss der Schwab die Zähne zusammen.
    Als ihm vor Schmerz die Tränen in die Augen stiegen, wiegte Veva den Kopf. »Du siehst selbst, dass es noch nicht gut ist. Also bleib gefälligst liegen! Sag mir lieber, wer dich niedergestochen hat!«
    Der Schwab schüttelte den Kopf, wagte aber nicht, sie anzublicken. »Ich hab doch schon gesagt, dass der Herr das nicht will.«
    »Nun gut, wenn ihr beide ein Geheimnis daraus machen müsst, werde ich nicht weiter in dich dringen.« Veva zuckte leichthin mit den Achseln.
    Der Knecht sah ihr jedoch an, dass sie sich nicht so einfach abspeisen lassen würde. Aber ihr Vater wollte nicht, dass sie von Haselegners Auftritt erfuhr, um ihr Gemüt nicht zu belasten. Allerdings war der Schwab der Ansicht, Veva würde die Nachricht weitaus ruhiger aufnehmen, als ihr Vater glaubte.
    Da für ihn der Wille seines Herrn zählte, suchte er sein Heil in einer Ausrede. »Ein Dieb war’s! Ich habe ihn überrascht, als er ins Haus schleichen wollte. Aber wie er ausgesehen hat oder wer es war, kann ich nicht sagen. Es geschah alles viel zu schnell.«
    Veva ahnte, dass er nicht die Wahrheit sagte, ließ ihn jedoch in Ruhe. Immerhin war der Mann verletzt, und ihr Vater hatte ihr aufgetragen, ihn gut zu versorgen. Das hätte er gewiss nicht getan, wenn der Schwab sich seine Wunde bei einer Rauferei zugezogen hätte. Irgendwann, so sagte sie sich, würde sie hinter das Geheimnis kommen. Nun aber schüttete sie dem Schwab mit Wasser vermischten Wein in einen Becher und deckte diesen mit einem hölzernen Deckel ab, um die Fliegen von dem Getränk fernzuhalten.
    »Bleib jetzt liegen und tu nichts Unbesonnenes!«, schärfte sie dem Knecht noch einmal ein. Dann verließ sie die Kammer, stieg ein Stockwerk tiefer und betrat die Schlafkammer ihres Vaters.

2.
    L eibert gab den Aufregungen der letzten Zeit die Schuld an seiner Schwäche. Schon seit Tagen vermochte er das Bett nicht zu verlassen und sich in sein Kontor zu setzen. Da er auf Vevas Hilfe als Krankenpflegerin und Schreiberin angewiesen war, hatte er sie in München behalten. Nun betete er jeden Tag darum, nicht miterleben zu müssen, wie ihr Leib sich wölbte.
    Als seine Tochter eintrat, schimpfte er, weil die Kissen in seinem Rücken nicht so fest waren, dass er aufrecht sitzen konnte. Als sie ihm ein weiteres Kissen besorgt hatte, befahl er ihr, ihm die Briefe zu bringen, die neu ins Haus gekommen waren. Auch wenn er bettlägerig war, musste der Handel weitergehen.
    Bevor Veva ihm die Papiere holte, brachte sie ihm das Frühstück ans Bett. Ihr Vater schnaubte zwar, tauchte aber ein Stück Brot in die Biersuppe und begann zu essen. Mit heiserer Stimme gab er ihr die ersten Anweisungen. Doch als er einen Bissen mit warmem Bier hinunterspülen wollte, begann er zu schimpfen. »Was hast du dir dabei gedacht, mir den Morgentrunk kochend heiß zu servieren?«
    Veva zählte stumm bis drei, ehe sie Antwort gab. »Das Bier wird gleich abgekühlt sein, Herr Vater. Dann könnt Ihr es unbesorgt trinken. Sagt mir, was ich dem Antscheller in Innsbruck schreiben soll. Wollt Ihr die Ladung Seide und Brokat erstehen?«
    »Und ob ich das will! Der herzogliche Hof ist ganz verrückt nach Stoffen dieser Art. Und uns Bürgern will unser Landesherr verbieten, Seide zu tragen, weil er der Meinung ist, nur adelige Herrschaften dürften sich so fein kleiden. Wir gäben zu viel Geld für Putz aus, heißt es bei Hofe. Dabei besitze ich mehr Geld als mancher Höfling und könnte dich von Kopf bis Fuß in Seide hüllen. Vielleicht tue ich es sogar. Du könntest mit diesen Kleidern zwar nicht auf die Straße gehen, aber deinem Mann dürftest du darin sicher besser gefallen als in Leinen und ungefärbter Wolle.« Leibert amüsierte diese Vorstellung offensichtlich, denn er begann zu lachen.
    Veva war erleichtert, dass seine Laune sich besserte. Auch beschwerte er sich nicht mehr über das angeblich zu heiße Bier, sondern spottete über etliche Herren und Damen am Hofe, die das

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