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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Papst gegenüber nicht die Ehrerbietung brachten, die diesen gebührte. Dabei war er politisch kein Parteigänger des Bischofs, sondern auf die Reichsfreiheit Augsburgs erpicht, die er sich von Kaiser Maximilian mehrfach hatte bestätigen lassen.
    Für Ernst war es ein Balanceakt, auf der einen Seite mit Langenmantel über die Zustände in der Kirche zu diskutieren, andererseits aber Jakob Fugger nicht durch unbedachte Äußerungen zu erzürnen. Als Sohn eines Münchner Kaufherrn war er in Fuggers Domizil wie ein Verwandter aufgenommen worden und kam häufiger mit dem Großkaufmann zusammen als die meisten Angestellten, die in den vielen Zimmern des großen Gebäudes arbeiteten und den Reichtum der Familie schier ins Unermessliche steigen ließen.
    Die Betriebsamkeit in dem riesigen Anwesen war für Ernst erschreckend. Er hatte geglaubt, einiges vom Handel zu verstehen, doch hier war er nicht mehr als ein Lehrling, der sich erst einmal ein Grundwissen aneignen musste. Selbst sein Vater, der so stolz darauf war, zu den erfolgreicheren Kaufherren Münchens zu zählen, hätte sich hier wohl kaum zurechtgefunden. Für Ernst war dieser Gedanke Trost und Ansporn, kräftig zu lernen. Immerhin würde er einmal das Handelshaus seines Schwiegervaters übernehmen, und das sollte unter seiner Führung jenes seines Vaters in den Schatten stellen.
    Auch an diesem Tag stand er Jakob Fugger persönlich gegenüber. Der Handelsherr, der sich in braunes Tuch gehüllt und eine goldbestickte Kappe aufgesetzt hatte, saß hinter seinem Rechnungstisch und prüfte erst die Tabelle, die Ernst ihm hatte anfertigen müssen, bevor er sich ihm zuwandte. »Du machst dich gut! Fast bedaure ich es, dass du nicht auf Dauer bei mir bleiben kannst. Doch wenn es an der Zeit ist, wirst du dein eigenes Handelshaus führen.«
    »Es wird gegen das, über welches Ihr herrscht, sehr bescheiden sein.«
    Um Jakob Fuggers Lippen spielte der Anschein eines Lächelns. »Man kann auch aus bescheidenen Anfängen aufsteigen. Unsere Familie ist ein gutes Beispiel dafür. Einst waren die Fugger einfache Weber, die froh sein mussten, wenn die Herren Kaufleute aus Augsburg ihnen ihr Tuch abkauften. Mittlerweile tragen wir Wappen und Titel und heißen Kaiser, Herzöge und Kardinale als Gäste willkommen.«
    Fugger klang stolz, aber das durfte er nach Ernsts Ansicht auch sein. Wahrscheinlich verfügte der Mann über mehr Geld, als im gesamten Herzogtum Bayern zu finden war. Vor allem aber verschleuderte er es nicht, sondern baute seinen Reichtum Schritt für Schritt aus.
    »Ihr seid im Grunde mächtiger als selbst der Herzog in München!«, sagte er anerkennend.
    »Ich mag mehr Geld haben als dieser, aber mächtiger bin ich gewiss nicht. Dafür bin ich zu sehr von der Gnade der hohen Herren von Österreich, Ungarn und anderer Länder abhängig. Sie haben mir Privilegien erteilt, an denen ich gut verdiene. Doch sie können mir von heute auf morgen ihre Gunst versagen. Für mich heißt das, diese Herren immer gut zu füttern. Das geht arg ins Geld, und ich bin gezwungen, immer mehr einzunehmen. Der Herzog aber bleibt immer Herzog, und wenn die Schulden ihn zu sehr drücken, presst er den Bürgern von München und seiner anderen Städte mehr Steuern ab, oder er leiht sich Geld von ihnen, ohne es je zurückzuzahlen. Nein, junger Rickinger, ein Bürger mag reich sein wie Krösus, aber er muss immer ein wachsames Auge auf jene richten, die ihm schaden können.«
    Jakob Fugger schwieg einen Augenblick, deutete Ernst aber an, dass er weitersprechen wolle. »Reden wir über dich. Wie ich erfahren habe, will dein Vater sich in Kürze erneut vermählen. Zu dem Zweck wirst du gewiss nach München reisen wollen.«
    Ernst hob abwehrend die Hände. »Nein, Herr, das will ich nicht. Mein Vater hat mir befohlen, hier in Augsburg zu bleiben, bis er mich zurückruft.«
    Zwischen den Augenbrauen des Kaufherrn erschien eine steile Falte. Er hatte von Eustachius Rickingers Plänen, erneut zu heiraten, erfahren und empfand es als große Torheit, eine Bäckerwitwe ohne eigenes Vermögen zu heiraten.
    »Geld muss zu Geld kommen, wenn ein Mann etwas erreichen will. Da hast du es besser gemacht als dein Vater. Leiberts Tochter bringt dir eine hübsche Mitgift ins Haus. Zusammen mit dem Erbe, das du von deinem Vater erhältst, wirst du ein bedeutender Kaufherr werden.«
    »Verzeiht, Herr, aber das, was ich hier bei Euch lerne, ist wertvoller als alle Gulden, die ich je von meinem Vater bekommen

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