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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Remigius nickte verbissen. »Ein guter Gedanke, Thürl. Führ ihn nur aus! Wenn du mir Ernst Rickingers Kopf präsentieren kannst wie einst Salome das Haupt Johannes’ des Täufers dem Herodes, soll es dein Schaden nicht sein!«
    Mit diesen Worten lehnte er sich zurück und dachte darüber nach, welches seiner hübschen Beichtkinder er am einfachsten verführen konnte. Da ihn Luther nicht weiter interessierte, stand er auf und verabschiedete sich mit dem Hinweis auf religiöse Pflichten.
    Als sich die Tür hinter ihm schloss, schüttelte einer der Männer amüsiert den Kopf. »Unserem lieben Remigius ist wohl wieder danach, einer Jungfrau oder Bürgerin den Segen mit seinem speziellen Weihwasserschwengel zu spenden.«
    Bevor Portikus seinem Ärger Luft machen konnte, platzte einer der Mönche in den Raum, die er mit der Überwachung der Kirchen beauftragt hatte.
    »Hochwürdiger Herr Doktor, schaut, das hier habe ich auf dem Herweg gefunden!« Mit diesen Worten zog er ein Blatt Papier aus einer Falte seiner Kutte und warf es auf den Tisch.
    Portikus nahm es in die Hand und las es aufmerksam durch. Danach wandte er sich mit ernster Miene dem Überbringer zu. »Wo hast du es gefunden, Bruder?«
    »Auf dem Weg vom Rathaus hierher! Es war unter einem Türklopfer befestigt.«
    »Erinnerst du dich an das Haus?«, bohrte Portikus weiter.
    »Ja! Aber darin wohnt ein Herzoglicher Rat, der gewiss nichts mit diesem rebellischen Mönch am Hut hat.«
    »Das weiß man nicht. Auf jeden Fall muss der Mann verhört werden!« Portikus wusste nur allzu gut, dass es auch im Umkreis des Herzogs Menschen gab, die mit den Thesen Luthers sympathisierten. Gerade die waren am schwierigsten zu entlarven, da niemand ohne die Erlaubnis des Landesherrn gegen sie ermitteln durfte. Das Verhör, das er so selbstsicher angekündigt hatte, würde nur aus einem kurzen Gespräch bestehen, bei dem der Betreffende mit Gewissheit abstritt, je eines dieser Pamphlete in der Hand gehalten zu haben.
    »Wir müssen es anders anfangen. Gebt bekannt, dass diejenigen, die lutherische Umtriebe in ihrer Nachbarschaft beobachten, mit einer Belohnung rechnen können, wenn sie es den Vertretern der heiligen Kirche mitteilen!«
    Portikus sah die anderen Geistlichen zufrieden nicken. Auch sie hielten es für besser, in diesem Fall mehr auf die menschlichen Schwächen zu setzen als auf die eigene Stärke. Die Aussicht, nicht nur als treuer Sohn der heiligen Kirche zu gelten, sondern auch noch belohnt zu werden, würde den einen oder anderen dazu bringen, seinen Nachbarn anzuzeigen.
    »Gut, dann machen wir es so. Aber noch einmal zu diesem Blatt. Es sieht anders aus als die, die wir bisher gefunden haben. Ich werde Johann Schobser aufsuchen. Vielleicht stecken doch er oder sein Sohn dahinter.« Mit einer energischen Bewegung stand Portikus auf, nickte seinen Mitbrüdern zu und warf einen Umhang über, um sich gegen die Abendkühle zu schützen.
    »Einer von euch sollte mit mir kommen. Die anderen kontrollieren die Kirchen und Kapellen in der Stadt!«
    Obwohl seine Autorität mehr angemaßt als verliehen war, gehorchten ihm alle Anwesenden. Immerhin besaß Portikus nicht nur das Ohr des Herzogs, sondern stand auch mit dem Heiligen Stuhl in Verbindung, und da konnte ein abfälliges Wort von ihm die Karriere anderer Kleriker beeinflussen. Außerdem waren sie selbst darauf erpicht, den Verursacher dieser Schriften zu finden und zu bestrafen, um zweifelnde Gläubige einzuschüchtern und den Bewohnern des Herzogtums zu zeigen, dass die heilige Kirche allmächtig war.

7.
    P ortikus und sein Gefolge trafen den Drucker Johann Schobser auf dem Hof seines Anwesens an. Der Büchermacher trug seinen Ausgehrock und hielt mehrere Blätter in der Hand, die Portikus sofort als ketzerische Schriften erkannte.
    »Gut, dass Ihr kommt, hochwürdiger Doktor. Ich wollte eben zu Euch kommen! Seht, diese Blätter habe ich vorhin gefunden. Jemand hat sie unter meine Fensterläden gesteckt.« Schobser klang so aufrichtig empört, dass Portikus seinen Verdacht aufgab, der Mann könnte die Flugblätter gedruckt haben.
    »Gib her!«, forderte er ihn auf und las das Pamphlet im Schein der Laterne durch, die ihm einer seiner Begleiter hinhielt. Es waren unzweifelhaft Luthers Thesen, die von einem ihm unbekannten Theologen bekräftigt und sogar verstärkt worden waren. Da war viel von der Fäulnis des Klerus zu lesen, von der Armut des Volkes, das unter der Last erdrückender Abgaben leiden musste, mit

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