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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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denen der Prunk des Adels und vor allem der Kirche bezahlt wurde, und von Gottes Zorn auf alle, die gegen die Heilige Schrift handelten. Denn diese habe der einzige Leitfaden für einen wahren Christen zu sein.
    »Das hier ist ja noch schlimmer als das Zeug, das aus Augsburg gekommen ist. Schobser, kannst du uns sagen, woher es stammt?«
    Der Drucker wiegte unschlüssig den Kopf. »Wer es gedruckt hat, kann ich nicht sagen, da kein Zeichen darauf hinweist. Das Papier ist in Nürnberg geschöpft worden.«
    »Dann wurde es gewiss auch dort gedruckt. Verdammt sollen sie sein, dreifach verdammt!« Portikus stieß einige Flüche aus, die er als zum Priester geweihter Doktor der Theologie nicht einmal denken, geschweige denn in den Mund nehmen durfte.
    Seine Begleiter schauten betroffen zu Boden, und Johann Schobser und sein Sohn Andreas, der gerade zur Tür herauskam, sahen sich erschrocken an. Als Portikus sich beruhigt hatte, nahm der Büchermacher eines der Blätter zur Hand und hielt es gegen das Licht der Laterne.
    »Seht Ihr, hochwürdiger Herr? Da ist das Wasserzeichen einer Nürnberger Papiermühle. Jeder Papiermacher hat sein eigenes Zeichen. Daher habe ich ja auch beweisen können, dass die anderen Blätter in Augsburg geschöpft worden sind. Ich selbst verwende ausschließlich Papier aus Münchner Mühlen. Kommt und schaut Euch meine Vorräte an!« In Schobsers Stimme schwang die Angst mit, Portikus könnte ihn zum Sündenbock machen, um einen Teilerfolg vorzutäuschen.
    Daran verschwendete der Theologe jedoch keinen Gedanken, denn ihm ging es darum, die wahren Schuldigen auszumachen. Er erinnerte sich an seinen Plan, die Denunziation zu fördern, und er hatte eine Idee, wie Schobser ihm behilflich sein konnte. »Du wirst mir bis morgen Mittag zweihundert Zettel drucken. Den Text schreibe ich dir gleich auf. Wir werden doch sehen, ob wir dieses Glutnest der Ketzerei nicht austreten können!«
    Portikus lächelte dem Büchermacher freundlich zu und forderte ihn auf, ins Haus zu gehen. Schobser begriff zwar nicht, was der Theologe von ihm wollte, war aber erleichtert, dass er selbst nicht in Verdacht zu stehen schien. Portikus’ Einfluss war so groß, dass ein Wort dieses Mannes ihn das Druckprivileg kosten konnte, welches der Herzog ihm verliehen hatte. In dem Fall würde er München verlassen müssen. Ob er sich in einer anderen Stadt ansiedeln und sein Gewerbe fortführen konnte, stünde dann in den Sternen.

8.
    F ern von den Problemen, mit denen sich Doktor Portikus, aber auch Veva in München herumschlagen mussten, genoss Ernst Rickinger die ersten Tage seines Aufenthalts in Augsburg. Die Reichsstadt am Lech war doppelt so groß wie die Residenzstadt an der Isar, und es gab keinen Herzog, der den Bürgern unter allen möglichen Vorwänden das Geld aus der Tasche zog. Selbst der Klerus trat bescheidener auf als der in München, denn Männer wie Jakob Fugger achteten darauf, dass die Priester ihren Dienst im Sinne des Herrn verrichteten.
    Dennoch war Augsburg ein Zentrum jener, die sich Luthers Thesen zu eigen machten. Das lag jedoch weniger an dem Prunk der Kirche und der Verkommenheit einiger ihrer Diener als an dem Zwist, der schon seit Generationen zwischen den Bürgern der Stadt und dem Bischof von Augsburg herrschte. Zwar hatten bereits dessen Vorgänger die Herrschaft über die Stadt aufgeben müssen, doch hatte Bischof Christoph von Stadion noch genügend Einfluss und nützte diesen bis an seine Grenzen aus.
    Ernst begriff schnell, dass etliche Einwohner der Stadt, darunter einige der bessergestellten Bürger, gerade wegen dieses schwärenden Streits Gefallen an den Thesen des Wittenberger Mönchs fanden. Wahrscheinlich hofften sie, auf diese Weise Wege zu finden, wie sie die Macht des Bischofs beschneiden konnten. Der Luther-Bewegung hatten sich auch viele einfache Bürger wie der Frächter und Ratsbote Korbinian Echle angeschlossen, der mit seinem Pferdegespann zwischen Augsburg und München pendelte, aber auch einflussreiche Männer wie Christoph Langenmantel, der einem alten Patriziergeschlecht entstammte. Langenmantels Vater war Bürgermeister von Augsburg gewesen, andere Verwandte verfügten über Rittersitze, und ihm selbst war die verantwortungsvolle Stelle eines Domherrn übertragen worden.
    Ernsts Gastgeber Jakob Fugger hingegen zählte zu den treuen Söhnen der heiligen Kirche und hatte sich schon mehrfach böse über jene Narren geäußert – wie er sie nannte –, die Bischof und

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