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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ist guten Willens, die leidige Sache mit diesem aufsässigen sächsischen Mönch durch einen Akt der Gnade zu beenden. Eigentlich wollte er Luther auffordern, nach Rom zu reisen, um sich dort zu verantworten und zu widerrufen, doch das lässt Kurfürst Friedrich von Sachsen nicht zu. Daher ist beschlossen worden, Thomas Cajetanus, den General des Ordens der Dominikaner, zu schicken, um Luther seine Irrtümer aufzuzeigen und diesen dazu zu bewegen, sich wieder der Autorität der heiligen Kirche zu beugen. Er wird mein Gast sein – ich meine Doktor Cajetanus, nicht den Sachsen!« Um Fuggers Mund spielte ein verächtliches Lächeln, das dem Mönch aus Wittenberg galt.
    »Luther kommt nach Augsburg?«, fragte Ernst in schleppendem Ton, um seine Gefühle nicht zu verraten. Seit er die ersten Thesen dieses Mannes gelesen hatte, wünschte er sich, ihn kennenzulernen. Jetzt sah er die Gelegenheit kommen, aber er fürchtete, dass Jakob Fugger ihm jeden Kontakt zu seinem Idol verbieten würde.
    »Er kommt, um sich dem Willen Seiner Heiligkeit zu beugen«, erklärte der Kaufherr zufrieden. »Du wirst Kardinal Cajetanus zur Verfügung stehen, solange dieser hier wohnt. Sorge dafür, dass er alles erhält, was er benötigt, und diene ihm im Geiste christlicher Demut. Er ist ein gelehrter Herr und weiß die heiligen Schriften besser auszulegen als dieser Sachse.«
    »Ihr habt vorhin selbst geklagt, dass Teile des Klerus sich nicht dem Glauben, sondern der Völlerei und der Unmoral ergeben haben«, wagte Ernst einzuwenden.
    »Dies weiß jeder vernünftige Mann. Doch um eines faulen Apfels willen hat niemand das Recht, am Gerüst der heiligen Kirche zu rütteln. Merke dir das, Rickinger.«
    Ernst blickte zu Boden, damit Jakob Fugger in seinem Gesicht nicht lesen konnte. In seinen Augen gab es im Klerus und den christlichen Orden sehr viele faule Äpfel.
    Doch er hielt den Mund, um den Handelsherrn nicht durch Widerspruch zu reizen. Jakob Fugger lebte in einem eigenen Weltbild, und das nährte sich aus der Tatsache, dass er zunächst für den geistlichen Stand vorgesehen gewesen war und bereits die niederen Weihen erhalten hatte. Nach dem Tod des Vaters und mehrerer Brüder hatte Ulrich Fugger ihn jedoch zurückgeholt und ihn gebeten, mit ihm zusammen das Handelshaus zu führen. Mittlerweile hatte er dessen Leitung übernommen, und einem Herrn Fugger gegenüber benahmen sich die Geistlichen sicher weniger stolz und hochfahrend als bei einem einfachen Bürger. Darauf hinzuweisen war jedoch sinnlos.
    Eines aber glaubte Ernst noch verhindern zu können. »Verzeiht, Herr, aber wenn ich dem hochwürdigen Herrn General der Dominikaner zu Diensten sein soll, kann ich wohl kaum mein Weib aus München kommen lassen.«
    »Ich will nicht, dass du an Leibesnot leidest, während du Seiner Eminenz dienst. Deshalb schreibe deinem Schwiegervater, dass er seine Tochter nach Augsburg schicken soll!«
    Also gab es keinen Ausweg mehr, dachte Ernst, es blieb ihm die Hoffnung, Leibert würde Veva in München behalten. Wenn dies wider Erwarten nicht geschah, würde er mit ihr zusammenleben müssen. Der Gedanke, des Nachts einen warmen Frauenleib neben sich zu spüren, hatte zwar etwas Verlockendes, aber Veva war so kalt wie Eis und sicher nicht mit einem blutvollen Mädchen wie Rosi zu vergleichen. Andererseits war sie nun einmal die ihm angetraute Frau, und er würde sich in sein Schicksal fügen müssen.

9.
    I hrem Vater ging es wieder besser, und Veva war so froh darüber, dass sie der Heiligen Jungfrau in Sankt Peter eine Kerze weihte. Dadurch wurde ihr Leben jedoch nicht leichter. Ihr Vater nahm weiterhin ihre Dienste als Schreiberin in Anspruch und reagierte ungehalten, wenn ihre Feder langsamer über das Papier flog, als er ihr die Worte diktierte.
    Der Schwab war ebenfalls wieder auf den Beinen. Daher schickte Leibert ihn nach Pewing, um nachzusehen, wie es um den Steinhof stand. Veva hätte den Knecht gerne begleitet, doch das ließ der Vater nicht zu. Daher bat sie den Schwab, Grüße an das Bauernpaar auszurichten.
    Als Leibert zum ersten Mal seit Vevas Rückkehr aus Pewing wieder zu seinem Stammtisch im Ratskeller ging, übertrug er ihr die Aufgabe, die letzten Seiten des Rechnungsbuchs zu überprüfen, weil er einen Fehler darin vermutete. Veva war zwar sicher, alles richtig aufgeschrieben zu haben, dennoch machte sie sich mit allem Nachdruck an die Arbeit und fand ihre Ansicht bestätigt. Beinahe wäre es ihr lieber gewesen, wenn sie

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