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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wenigstens einen kleinen Fehler entdeckt hätte. Dann hätte ihr Vater sich bestätigt gefühlt, und sie wäre mit einer leichten Rüge davongekommen. So aber würde er ihr nach seiner Rückkehr aus dem Ratskeller vorwerfen, nicht richtig nachgesehen zu haben.
    Zur Kontrolle rechnete sie alles noch ein zweites Mal nach, kam aber zum selben Ergebnis. Seufzend schloss sie das Rechnungsbuch und machte sich daran, einen Brief an Ferdinand Antscheller so abzuschreiben, wie ihr Vater ihn ihr diktiert hatte. Obwohl aus ihrer Heirat mit Antschellers Sohn nichts geworden war, blieb der Innsbrucker Kaufmann einer der engsten Handelspartner ihres Vaters, und die beiden taten so, als wäre nie über diese Angelegenheit geredet worden.
    Während Veva schrieb, die Zunge leicht zwischen die Lippen geschoben, betrat Sepp das Kontor. Er räusperte sich, damit sie auf ihn aufmerksam wurde, und zeigte mit dem Daumen nach draußen. »Eben ist ein Bote des Herrn Jakob Fugger aus Augsburg gekommen. Er bringt Briefe für deinen Vater.«
    »Sag Echle, er soll hereinkommen«, wies Veva den Knecht an.
    Dieser schüttelte den Kopf. »Es ist nicht der Echle, sondern ein persönlicher Bote des Herrn Fugger. Er bringt gewiss große Neuigkeiten. Vielleicht ist sogar ein Brief deines Mannes dabei, Jungfer … äh, Frau Rickingerin.«
    Veva hatte sich bereits erwartungsvoll der Tür zugewandt, denn ein Brief von Fugger aus Augsburg war immer wichtig, doch nach Sepps Bemerkung nahm sie wieder die Schreibfeder zur Hand. »Ich glaube kaum, dass Ernst Rickinger Zeit finden wird, mir zu schreiben. Er wird zu beschäftigt damit sein, den Mägden in Augsburg nachzustellen.«
    Der Knecht grinste. »Ernst Rickinger ist wirklich keiner, der etwas anbrennen lässt.«
    Im nächsten Moment dämmerte es ihm, das eine solche Bemerkung der Ehefrau des Mannes gegenüber wahrlich unangebracht war, und wechselte rasch das Thema. »Soll ich den Augsburger hereinholen, damit er dir die Briefe übergibt?«
    »Ich komme mit dir. Sorge dafür, dass Cilli dem Boten eine Brotzeit auftischt. Weißt du, ob der Mann auf Antwort wartet?«
    »Da musst du ihn schon selber fragen, Jungfer.« Diesmal unterließ Sepp es, seinen Versprecher zu korrigieren. Er folgte Veva, die mit energischen Schritten die Kammer verließ, holte sie aber erst ein, als diese das Päckchen, das der Bote gebracht hatte, bereits in Händen hielt.
    »Sepp wird dich in die Küche bringen, damit du dich stärken kannst. Das Botengeld erhältst du später von meinem Vater!«, erklärte Veva dem Mann und wog den dicken Umschlag in der Hand. Er war an ihren Vater adressiert und mehrfach versiegelt. Also schien er wichtige Dinge zu enthalten. Sie überlegte kurz, ob sie Sepp zum Ratskeller schicken sollte, damit er ihren Vater holte, entschied sich aber dagegen. Der Knecht hatte im Haus zu tun, während sie ihre Pflichten erfüllt hatte. Außerdem interessierte es sie, was der sagenhaft reiche Handelsherr aus Augsburg von ihrem Vater wollte. Sie warf ihr Schultertuch über, klemmte den Umschlag unter den Arm und verließ das Haus.
    Draußen lief ihr ausgerechnet Pater Remigius über den Weg, dessen Augen bei ihrem Anblick begehrlich aufflammten. Es gab etliche schöne Frauen in München, aber Veva reizte ihn am meisten, da sie ihm stets aus dem Weg gegangen war und noch nie bei ihm gebeichtet hatte. Dennoch gab er die Hoffnung nicht auf, sie irgendwann einmal zu besitzen.
    Er verstellte ihr den Weg. »Warum bist du so erhitzt, meine Tochter?«
    »Ich bin auf dem Weg zu meinem Vater, der mit seinen Freunden im Ratskeller sitzt und sich mit ihnen bespricht!« Veva wollte an dem Mönch vorbei, doch er fasste sie am Arm und hielt sie fest.
    »Was hast du da, etwa ketzerische Schriften?« Er zeigte mit der freien Hand auf das Päckchen in ihrer Hand.
    »Wohl kaum, denn so etwas würde ich sicher nicht offen herumtragen«, antwortete Veva verärgert.
    Als sie sich losreißen wollte, verstärkte er seinen Griff. »Ihr tut mir weh!«
    Remigius lachte nur. »Ich will sehen, was das ist. Es gehört zu meinen Aufgaben, zu verhindern, dass üble Flugblätter im Herzogtum umgehen!« Damit wollte er das Päckchen fassen.
    »Das sind wichtige Geschäftsbriefe für meinen Vater von Herrn Jakob Fugger. Ich muss sie ihm dringend übergeben. Also lasst mich los! Oder beschuldigt Ihr etwa den Bankier des Kaisers, Ketzerpost zu versenden?« Bei diesen Worten versuchte Veva erneut, sich zu befreien.
    Als Remigius sie nicht losließ,

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