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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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könnte«, erklärte Ernst.
    »Ich habe gehört, du wärst nicht gerade im Frieden von ihm geschieden.«
    Ernst schüttelte den Kopf. »Es gab keinen Streit zwischen uns, Herr. Mein Vater geht seinen eigenen Weg …«
    »Ebenso, wie du den deinen gehst, willst du sagen. Ich halte so eine Entscheidung für falsch, denn der Erfolg einer Sippe und ihrer Geschäfte wird nur durch den Zusammenhalt aller erreicht. Doch nun zu etwas anderem. Du bist nach Augsburg gekommen und hast das junge Weib, dem du angetraut wurdest, in München zurückgelassen. Aber du bist ein gesunder, kräftiger Mann, und ich will dich nicht auf Abwegen sehen. Als Verheirateter ist es dir untersagt, ins Frauenhaus zu gehen – abgesehen davon, dass ich derlei nicht gut finde –, und ich will auch nicht, dass du Mägden oder anderen Weibern niederen Standes nachstellst. Daher wirst du deinem Schwiegervater schreiben, dass er dir Veva schicken soll!«
    Jakob Fugger sah, dass Ernst Einwände vorbringen wollte, und hob die Hand. »Lass mich erst aussprechen. Ich habe genug von dir gehört, um zu wissen, dass du einer Tändelei mit einem hübschen Mädchen nicht abgeneigt bist. Andererseits ist mir nicht zu Ohren gekommen, dass du je eine Bürgertochter oder die Ehefrau eines anderen Mannes verführt hättest. Ich weiß auch, dass du diesen unglückseligen Priester zum Gespött der Leute gemacht hast. Auch wenn ich Kutte und Talar geistlicher Herren achte, so will ich dich nicht tadeln, denn dieser Pater ist eine Schande für den geistlichen Stand. Leider verhindern seine hohe Abkunft und der Einfluss seiner Familie, dass er zur Verantwortung gezogen wird.
    Dennoch wünsche ich nicht, dass du derlei Scherze auch hier in Augsburg treibst. Es gibt genug Unruhe in der Stadt, da sich viele von den Thesen dieses Luther aufhetzen lassen. Ich will nicht sagen, dass seine Kritik insgesamt falsch ist, doch missfällt mir der Aufruhr, den er verursacht. Daher wünsche ich nicht, dass du dich weiterhin mit jenen Männern triffst, die aus dem Papier aus Wittenberg ein Schwert wider den Papst und die heilige Kirche schmieden wollen.«
    Ernst wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Wenn er Jakob Fugger gehorchte, würde er Langenmantel und Echle nicht mehr besuchen und mit ihnen sprechen können. Fast noch unerfreulicher war für ihn der Hinweis auf seine Ehe mit Veva. Im Grunde hatte er nicht das Gefühl, verheiratet zu sein. Zu einer richtigen Hochzeit gehörten Gäste, ein gutes Mahl, fröhliche Anspielungen und hinterher das Brautbett. Auf all das hatte er verzichten müssen. Trotzdem wollte Fugger nun, dass er Veva kommen ließ, um mit ihr als Mann und Frau zusammenzuleben.
    »Herr, mein Weib ist in München geblieben, um ihren kranken Vater zu pflegen. Es wäre eine Sünde, sie jetzt von seiner Seite zu rufen!« Da Fugger feste Vorstellungen vom Leben der Menschen hatte, hoffte Ernst, ihn damit überzeugen zu können.
    Doch zu seiner Enttäuschung schüttelte der Handelsherr den Kopf. »Mit eurer Hochzeit ist Genoveva Leibert vom Haushalt ihres Vaters in den deinen übergegangen. Ihr Platz ist jetzt an deiner Seite. Ihr Vater kann sich entweder ein neues Weib suchen oder eine Frau in seine Dienste nehmen, die ihn pflegt und versorgt.«
    Das war deutlich. Wie es aussah, würde er nach München schreiben und Veva auffordern müssen, zu ihm zu kommen. Er beschloss, diesen Brief Jakob Fugger vorzulegen, damit dieser seine Zweifel ihm gegenüber fallenließ. Da Leibert ihm Veva jedoch erst nachschicken wollte, wenn er sicher sein konnte, dass sie nicht schwanger war, könnte er dann die Verantwortung an seinen Schwiegervater abschieben.
    »Wenn Ihr erlaubt, werde ich gleich nach München schreiben, Herr.« Ernst verbeugte sich und glaubte sich entlassen.
    Doch Jakob Fugger hielt ihn auf. »Du kannst den Brief meinem persönlichen Kurier übergeben. Der Fuhrmann Echle schwätzt mir zu viel von Luther und dessen Schriften.«
    »Ich werde es so machen, wie Ihr es wünscht, Herr«, antwortete Ernst.
    Mittlerweile fragte er sich, ob er nicht vom Regen in die Traufe geraten war. In München hatte er sich zwar mit der Feindschaft Pater Remigius’ und Doktor Portikus’ herumschlagen müssen, war aber sonst sein eigener Herr gewesen. Doch in diesem Haus galt nur das Wort des Familienoberhaupts, und wenn Jakob Fugger etwas untersagte, so durfte dies nicht geschehen.
    »Übrigens habe ich heute eine Nachricht aus Rom erhalten, Rickinger. Seine Heiligkeit, Leo X.,

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