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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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funkelte sie ihn zornig an. »Wenn Ihr mich nicht augenblicklich freigebt, schreie ich die ganze Stadt zusammen und sage allen, Ihr hättet mich zu unzüchtigen Dingen nötigen wollen!«
    Veva klang so entschlossen, dass Remigius die Finger von ihrem Arm löste. »Also gut! Aber wir haben noch nicht das letzte Wort miteinander gesprochen.«
    Kochend vor Wut wandte er sich ab und ging davon. Unterwegs scheuchte er mehrere Mägde, die beim Brunnen standen und schwatzten, mit scharfen Worten beiseite.
    Veva blickte ihm nach und schüttelte den Kopf. Pater Remigius war eine Schande für seinen Orden und die gesamte Geistlichkeit, und mit einem Mal freute es sie, dass Ernst und ihr Bruder ihm damals jenen rüden Streich gespielt hatten. Sie begriff allerdings auch, dass sie in Zukunft vorsichtig sein musste. Würde sie Remigius an einer einsamen Stelle begegnen, bestand Gefahr, dass er ihr Gewalt antat.
    Schnell verscheuchte sie diesen Gedanken und lief weiter, bis sie den Schrannenplatz erreicht hatte und den Eingang des Ratskellers
     vor sich sah. Dort blieb sie einen Augenblick stehen und zupfte ihre Kleidung zurecht, bevor sie eintrat.

10.
    B artholomäus Leibert saß mit seinem Freund Eustachius Rickinger, dem Ratsherrn Arsacius Bart und anderen Patriziern und Geschäftsleuten zusammen. Erst als Veva neben ihm stand und sich durch leises Hüsteln bemerkbar machte, blickte er auf. »Veva? Was gibt es?«
    »Einen Brief von Herrn Jakob Fugger aus Augsburg. Ich habe gedacht, er könnte wichtig sein, und bin deshalb hierhergelaufen.«
    Ihr Vater zog ein abweisendes Gesicht. »Ich hätte den Brief früh genug gesehen, wenn ich nach Hause gekommen wäre. Stattdessen rennst du mir nach und machst dich und mich zum Gespött der Leute. Sieh dich nur an! Du trägst ein Kleid wie eine Dienstmagd, und dein Haar ist unbedeckt. Als Ehefrau hast du eine Haube zu tragen! Wie konntest du das vergessen?«
    »Vielleicht, weil sie niemanden hat, der sie nachts daran erinnert, dass sie eine verheiratete Frau ist«, warf einer der Gäste lachend ein.
    Veva spürte, dass sie rot wurde. Gleichzeitig ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie nicht an eine Haube gedacht hatte. Sie hatte sich zwar noch keine eigene genäht, aber sonst, wenn sie das Haus verließ, die schlechtere der beiden Hauben übergestülpt, die ihre Mutter hinterlassen hatte. Verlegen zog sie ihr Schultertuch über den Kopf.
    »Wenn du das noch einmal machst, wird man dich an den Schandpfahl stellen«, drohte ihr Vater und streckte die Hand nach dem Umschlag aus. »Gib her! Wenn du den Brief schon gebracht hast, kann ich ihn mir auch ansehen.«
    »Treibst du Geschäfte mit Fugger in Augsburg?«, fragte einer der Handelsherren neugierig.
    »Ich? Nein!«, antwortete Leibert nicht ganz wahrheitsgemäß. »Darum wundere ich mich ja auch, dass er mir schreibt.« Er erbrach die Siegel und zog zwei ebenfalls versiegelte Briefe aus dem Päckchen. Einer stammte von Jakob Fugger, und auf dem anderen erkannte er Ernsts Handschrift. Den wollte er schon an dessen Vater weiterreichen, sah aber noch früh genug, dass das Schreiben an ihn selbst gerichtet war.
    Mittlerweile besaß er die dringend benötigte Brille und konnte seine Briefe wieder ohne große Mühe lesen. Zwar musste er das schwere hölzerne Gestell mit einer Hand halten, aber durch die geschliffenen Gläser vermochte er jeden Buchstaben deutlich zu erkennen. Bei der Lektüre von Ernsts Brief runzelte er die Stirn, sagte jedoch nichts, sondern nahm Fuggers Schreiben zur Hand. Schon nach dem ersten Satz drehte er das Blatt so, dass niemand mitlesen konnte. Jakob Fugger bot ihm an, sich mit einer Summe ab tausend Gulden aufwärts an einem Bergregal in Tirol zu beteiligen, und das ging die anderen am Tisch wahrlich nichts an. Erst ganz zuletzt brachte auch der Augsburger Kaufherr die Rede auf Veva. Ernsts Brief mit der Bitte, Veva nach Augsburg zu schicken, hätte Leibert ignorieren können. Anders war es jedoch mit einer Forderung, die von Jakob Fugger persönlich gestellt wurde. Sorgfältig faltete er beide Briefe wieder zusammen und sah seinen Freund Rickinger an. »Der hochwohllöbliche Herr Jakob Fugger fordert mich auf, Veva zu Ernst zu schicken, damit die beiden wie gute Eheleute miteinander leben können. Er schreibt, es wäre gegen Gottes Gebot, die beiden voneinander fernzuhalten.«
    Eustachius Rickinger starrte auf seinen Weinbecher und drehte diesen langsam in der Hand. »Du weißt, warum wir gerade das nicht

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