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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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recht, denn in München gab es außer der Residenz des Herzogs nichts Vergleichbares. Trotzdem war Veva überzeugt, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Sie wartete dennoch, bis der Schwab bis zu dem offen stehenden Tor gegangen war und einen der Knechte, die dort arbeiteten, um Auskunft gebeten hatte.
    Als er nickte, warf sie dem Jungen die Münze zu. »Hier! Und nimm meinen Dank dazu.«
    »Das Geld ist mir lieber«, lachte der Junge und verschwand.
    Unterdessen nahm der Schwab die Zügel ihres Maultiers und führte es zum Tor. Dieses war so hoch, dass Veva den Kopf nur ganz leicht neigen musste, um es passieren zu können. Die beiden Waffenknechte folgten ihr, sichtlich zufrieden, dass ihre Anwesenheit ausgereicht hatte, jede Störung auf dem Weg zu verhindern. Außerdem freuten sie sich auf einen guten Schluck Wein und eine kräftige Brotzeit.
    Veva dachte weniger an das Essen als vielmehr an die bevorstehende Begegnung mit Ernst. In diesem Augenblick wäre ihr ein völlig Fremder wie Friedrich Antscheller lieber gewesen. Sie kannte Ernst einfach zu gut und hatte vieles über ihn gehört, das ihr nicht gefiel.
    Ein Knecht Fuggers hob sie vom Maultier und bat sie, ihm ins Haus zu folgen. Sie tat sich bei den ersten Schritten ein wenig schwer, denn durch das ungewohnte Sitzen im Sattel waren die Beine verkrampft. Kurz danach öffnete der Knecht eine Tür, und Veva fand sich in einem schlichten getäfelten Raum wieder, der von einem großen Tisch beherrscht wurde. Sie wurde jedoch nicht wie erwartet von Ernst empfangen, sondern von einem älteren Herrn in einem weiten, dunklen Rock mit einer Kappe auf dem Kopf, die, wie sie beim Nähertreten bemerkte, aus echter Seide bestand. Der Mann stützte sich mit der Linken auf einen schweren Tisch aus glattem Holz, der zu Vevas Erstaunen mehrere Schubfächer besaß, und sah ihr wohlwollend entgegen. »Willkommen, junge Frau! Hätte ich gewusst, dass Ihr bereits heute kommt, hätte ich Euren Gatten nicht mit einem Auftrag weggeschickt.«
    Veva freute sich insgeheim, denn nun hatte sie einige Stunden, vielleicht sogar Tage Zeit bis zur Begegnung mit Ernst gewonnen. »Ich danke Euch für Eure freundlichen Worte, Herr Fugger«, sagte sie und knickste, so wie sie es zu Hause gelernt hatte, wenn Herren von Adel oder reiche Bürger ihren Vater aufgesucht hatten.
    Jakob Fugger lächelte, hob dann aber bedauernd die Hände. »Ihr müsst verzeihen, junge Frau, wenn hier in meinem Haus derzeit etwas viel Betrieb herrscht, doch ich beherberge hohe Herren, darunter den hochwürdigen Kardinal und obersten General des Dominikanerordens, Thomas Cajetanus, und dessen Gefolgschaft. Auch erwarte ich weitere Gäste. Es wäre unhöflich, Euch der Neugier der vielen Männer auszusetzen, die hier weilen. Daher habe ich beschlossen, dass Ihr und Euer Gatte vorerst in einem der Häuser wohnen werdet, die ich derzeit am Rand der Stadt erbauen lasse. Sie sind für arme, aber brave und fromme Leute gedacht, auf dass sie in christlicher Barmherzigkeit ein Dach über den Kopf bekommen und nicht Not leiden müssen. Später werden wir gewiss etwas Passenderes für Euch finden!«
    Veva knickste erneut. »Ich danke Euch, erlauchtigster Herr.«
    »Herr Fugger reicht!« Der Handelsherr war zwar stolz auf seinen Adelsrang, den Kaiser Maximilian ihm verliehen hatte, gab sich Veva gegenüber jedoch genauso bescheiden, wie er auch anderen Bürgern gegenüber auftrat.
    Veva nickte stumm, denn ihr Kopf schwirrte. Fuggers Pläne, Häuser für arme Leute zu bauen, war in München Tagesgespräch gewesen, und etliche Nachbarn hatten sich darüber das Maul zerrissen. Nicht wenige waren der Ansicht, es sei Gottes Wille, dass Bettler und ähnliches Gesindel über die Landstraßen ziehen und im Wald hausen müssten. Auch hatten viele Fugger selbst baldige Armut prophezeit, weil er sein Geld sinnlos zum Fenster hinauswerfe. Doch als Veva den Kaufherrn verstohlen musterte, deutete nichts darauf hin, dass er in Kürze am Hungertuch nagen würde. Zwar war er recht schlicht gekleidet, aber sein Gewand hatte er aus den besten Stoffen anfertigen lassen. Vermutlich verfügte er über etliche Truhen voller Gold, sonst könnte er es sich nicht leisten, einen Kardinal samt dessen Begleitung gastfrei zu halten.
    »Habt Ihr Euren Hausstand mitgebracht?«, fragte Jakob Fugger, der bei einem Blick durch das Fenster nur Veva, den Schwab und die beiden Waffenknechte gesehen hatte, aber keinen Wagen mit Vevas Mitgift.
    Veva schüttelte den

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