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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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die dieser in die Höhe hielt, auf Rosi hinab.
    Ihr Gesicht war bleich, die Haut durchscheinend, und sie bewegte im Schlaf den blassen Mund, als wolle sie das, was sie quälte, in Worte fassen. Nie war sie Hilarius schöner erschienen, und er begriff, dass er sie liebte wie nichts zuvor in seinem Leben. Dabei war sie nur eine einfache Dienstmagd und weder des Schreibens noch des Lesens kundig. Er selbst stammte aus einem wohlhabenden Bürgerhaus und hätte, wäre er nicht Geistlicher geworden, mit Aussicht auf Erfolg um eine Veva Leibert werben können. Doch das alles galt in diesem Augenblick nicht mehr. Selbst die Tatsache, dass Rosi nicht gerade keusch gelebt hatte, war für ihn bedeutungslos. Er hatte sie gezwungen, sich ihm hinzugeben, und konnte daher der Vater des Kindes sein, das sie verloren hatte.
    Leise, um Rosi nicht zu wecken, wandte er sich um und verließ die Zelle. Hias folgte ihm, schloss die Tür und deutete dann mit dem Daumen nach hinten. »Da steckt gewiss Pater Remigius dahinter. Sie wollen sie nämlich dazu bringen, den Rickinger Ernst als Kindsvater anzugeben. Da der Mann verheiratet ist, wäre ihm eine harte Strafe durch den hochwürdigen Pfarrherrn Georg Eisenreich von Sankt Peter sicher.«
    »Ich glaube nicht, dass das dem Remigius und unserem hochgestochenen Doktor Thürl reichen würde«, stieß Hilarius hervor. »Die wollen Rickinger als Bettler auf der Landstraße oder gar tot sehen!«
    »Auf der Folterbank wird die Rosi schon das sagen, was die von ihr hören wollen. Daher wär’s besser für sie, wenn sie vorher sterben würde.«
    Jedes von Hias’ Worten traf Hilarius wie ein Schlag. Der Geistliche stellte sich vor, wie die eisernen Zangen in Rosis Fleisch zwicken würden, und hörte ihre Schmerzensschreie bereits in seinen Ohren gellen. Ohne sich von dem Stadtknecht zu verabschieden, verließ er dessen Stube und eilte auf den Schrannenplatz hinaus.
    Hilarius beachtete die Menschen nicht, die an den Ständen ihre Waren feilhielten oder suchend zwischen den Marktbuden umhergingen, sondern hatte immer noch Rosis Bild vor Augen. Da er Remigius und Portikus kannte, war ihm klar, dass die Magd von diesen keine Gnade zu erwarten hatte, sondern zu ebenso bösartigen wie falschen Aussagen gezwungen werden sollte. Beide hassten Ernst Rickinger und würden alles daransetzen, um ihn zu vernichten.
    Für einige Augenblicke überlegte er, zu Rosi zurückzukehren und ihr zu sagen, sie solle ihn als Kindsvater angeben. Doch das würde die beiden Geistlichen nicht daran hindern, ihre Pläne weiterzuverfolgen. Wenn er nicht wollte, dass Rosi als blutig geschundenes Bündel endete, musste er sich etwas anderes einfallen lassen. Vielleicht konnte er sie befreien und mit ihr fliehen! Doch diesen Gedanken schob er rasch wieder beiseite. In ihrem jetzigen Zustand würde Rosi nicht weit kommen.
    Es gab nur eine einzige Person, die sie noch retten konnte. Doch es würde besonders für ihn nicht leicht werden, diese dazu zu bewegen, Rosi Gnade zu gewähren. Wenn es schlecht ausging, handelte er sich sehr viel Ärger ein und würde im schlimmsten Fall von seinem Bischof in ein strenges, abgelegenes Kloster verbannt. Trotzdem war Hilarius entschlossen, den Schritt zu wagen. Rasch drehte er sich um und eilte des Dieners Gasse entlang zum herzoglichen Hof. Dort jedoch erlebte er eine Enttäuschung. Das schöne Herbstwetter hatte Wilhelm IV . auf das Land gelockt, und er befand sich nun auf der Jagd.
    Da Hilarius nicht wusste, ob er noch einmal den Mut aufbringen würde, hierherzukommen, beschloss er, auf den Herzog zu warten. Ein Diener, der ihn als geistlichen Herrn nicht stehen lassen wollte, holte einen Stuhl. Der Pater setzte sich und verbrachte die Zeit damit, zu beten und sich zu überlegen, wie er Wilhelm IV . dazu bewegen konnte, Rosi zu begnadigen.

18.
    E s dämmerte bereits, als es in der Residenz unruhig wurde. Hilarius schreckte aus seinen Gedanken hoch und stand gerade noch rechtzeitig auf, bevor der Herzog den Gang heraufkam. Wilhelm IV . trug Jagdtracht und hatte es eilig.
    Mit dem Gefühl, einen aussichtslosen Kampf ausfechten zu müssen, trat Hilarius auf ihn zu. »Erlaubt mir ein Wort, Euer Gnaden!«
    Der Herzog blieb stehen und musterte ihn mit kaltem Blick. In seinen Augen war Hilarius ebenfalls einer der verderbten Geistlichen, die ihm vom Freisinger oder einem der anderen, ihm benachbarten Kirchen- und Landesfürsten untergeschoben worden waren.
    »Was willst du?«, fragte er.
    Das klingt

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