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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ich euch! Wie hat schon unser Herr Jesus Christus gesagt: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt!«
    »Jetzt halt dein Maul, sonst kommst du in den Kerker, weil du die christliche Lehre schmähst. Von da bis zum Scheiterhaufen ist es nicht mehr weit«, warnte Hias den Bäcker. Trotzdem trat dieser erst beiseite, als ihn eine Magd am Ärmel packte und wegzog.
    Da Rosi sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte, schleppten ihre Begleiter sie in die nächste Schankstube und setzten sie auf die Ofenbank. Dann rief Hias die Schankmaid zu sich. »Drei Becher Bier wollen wir haben, und wenn es was zum Beißen gibt, wär es auch nicht schlecht. Wir kommen früh genug zum Rathaus zurück!«

16.
    D ie Stadtknechte besorgten noch frisches Stroh, damit Rosi sich hinlegen konnte, und stellten ihr einen vollen Krug Bier in die Arrestzelle. Danach verabschiedeten sie sich und ließen die Magd allein zurück.
    Rosi war viel zu schwach, um sich Gedanken über ihre Lage zu machen. Gott hat es eben so gewollt, sagte sie sich, trank einen Schluck Bier und legte sich hin. Ihre Schmerzen hinderten sie jedoch einzuschlafen, und so drehten sich ihre Gedanken im Kreis. Mehr als die düstere Umgebung des Gewölbekellers, in den man sie gesperrt hatte, bedrückte sie ihre Einsamkeit. Wie gerne hätte sie mit jemandem geredet. Ihr Herz war übervoll vor Leid, und als die Schmerzen und die Verzweiflung zu groß wurden, sehnte sie sich nach der Erlösung durch den Tod.
    Statt seiner erschien jedoch der Richter. In einen weiten Talar gehüllt, kam er in der Begleitung des Stadtknechts Hias und eines Schreibers und baute sich vor Rosi auf.
    »Erhebe dich, wie es sich gehört«, befahl er ihr.
    Als Rosi sich unsicher auf die Beine kämpfte, räusperte sich Hias. »Verzeiht, hoher Herr, das Weib ist sehr krank, und es ist auch nicht recht, sie hier einzusperren.«
    Dabei ist das hier der einzige Platz, der mir noch geblieben ist, fuhr es Rosi durch den Kopf. Ihr war schwindlig, und sie
     musste sich an der Wand festhalten, um nicht zu fallen.
    Jetzt merkte auch der Richter, dass seine Gefangene nicht in der Lage war, ein scharfes Verhör durchzustehen. Trotzdem wollte er seine Ziele nicht ganz zurückstecken. »Du bist verhaftet worden, weil dir ein unsittlicher Lebenswandel nachgesagt wird. Du bist schwanger geworden, ohne verheiratet zu sein, und hast dich deiner Herrin gegenüber aufsässig und störrisch verhalten«, herrschte er sie an.
    Trotz ihrer Schmerzen begann Rosi zu lachen. »Wenn ich unsittlich gelebt haben soll, dann müsstet Ihr die Hälfte der Weiber in München einsperren, und die meisten Männer mit dazu!«
    »Versündige dich nicht! Deine Lage ist schlimm genug. Dennoch kann Gnade vor Recht ergehen. Bekenne, dass du von Ernst Rickinger geschwängert worden bist, dann wird dir die Strafe erlassen. Man wird dich ins Frauenhaus schicken, wo du nach deiner Heilung bei den gefälligen Mägden arbeiten kannst.«
    Zwar war Rosi körperlich sehr schwach, aber mit einem Mal bei ganz und gar wachem Verstand. Sie begriff sofort, worauf der Richter hinauswollte. Ihm ging es gar nicht um sie. Sie war nur eine schlichte Magd unter vielen und gewiss nicht die erste, die ledig schwanger geworden war. Bei den meisten überließen die Behörden es dem jeweiligen Pfarrer, das unbesonnene Ding zu schelten und zur Buße anzuhalten. Das Kind wurde in der Regel in dem Haus aufgezogen, in dem die Mutter arbeitete, oder es kam zu den Klarissinnen ins Kloster, und diese kümmerten sich um das Würmchen. Eingesperrt wurde selten eine, denn die meisten Mägde besaßen kein Geld und kosteten die Stadt nur die Verpflegung und die Aufwendungen für ihre Bewachung. Allenfalls kamen sie, wenn sie es zu arg getrieben hatten, einen Tag in die Schandgeige.
    Auch bei ihr hätten die Behörden nicht anders gehandelt. Aber dieser Richter wollte sie benutzen, um Ernst Rickinger am Zeug zu flicken. Da es sich bei dem Mann um einen von Remigius’ Verwandten handelte, durchschaute Rosi das üble Spiel.
    »Ich bedaure, dass ich Euch den Vater des Kindes nicht nennen kann, doch ich weiß es nicht!« Das war nicht einmal gelogen, dachte Rosi. Zwar hatte sie sich Ernst hingegeben, doch genauso gut konnte Pater Hilarius sie geschwängert haben. Sie überlegte schon, ob sie nicht diesen als Vater angeben sollte, doch eine unerklärliche Scheu hielt sie davon ab.
    »Es muss Rickinger sein«, beharrte der Richter. »Du bist bei der

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