Die Ketzerbraut. Roman
Rickingerin. Dem Herrgott sei’s geklagt, dass es so gekommen ist!«
»Ich danke Euch, Ratsherr, besonders dafür, dass Euer Beileid echt ist. Das kann ich leider nicht von jedem sagen.«
»Euer Knecht hat mir schon berichtet, wer bei Euch gewesen ist«, antwortete der Ratsherr mit einem harten Auflachen, für das er sich sofort entschuldigte. »Nichts für ungut, Rickingerin, aber sowohl Euer Schwiegervater wie auch der Haselegner haben keine Zeit versäumt und sind schon heute früh bei mir und anderen Ratsmitgliedern gewesen. Sie haben vehement gefordert, zu Eurem Vormund bestimmt zu werden.«
»Zu meinem Vormund?« Veva erschrak, an diese Gefahr hatte sie noch gar nicht gedacht.
»Ihr braucht Euch keine Sorge zu machen. Die Absichten der beiden waren zu offensichtlich, als dass der Rat ihnen dieses Amt anvertrauen würde. Daher hat man mich dazu bestimmt. Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen.«
Veva musterte den Ratsherrn einige Augenblicke lang und dachte daran, dass dieser Ernst und ihr bereits mehrfach geholfen hatte. »Nein, Herr Bart, dagegen habe ich gar nichts. Ich will nur meinen Handel so führen können, wie ich es mir vorstelle.«
»Ich werde Euch nicht dreinreden. Wenn Ihr jedoch Hilfe braucht, weil einer Eurer Geschäftspartner denkt, mit einer Wittib kann er es machen, dann wendet Euch an mich!« Arsacius Bart streckte Veva die Hand hin, und sie schlug ein.
»Ich werde Euren Rat suchen. Habt Dank für Euer Eingreifen. Ich hätte nicht gewusst, wie ich mir sonst meinen Schwiegervater und auch den Haselegner vom Leib hätte halten können.« Da sie nun gegen jeden Zugriff gefeit war, fühlte Veva sich zutiefst erleichtert.
Sie schenkte dem Ratsherrn eigenhändig Wein ein, füllte auch sich einen Becher und hielt ihm Bart entgegen. »Auf Euer Wohl und auf das Eurer Familie!«
»Auf Euer Wohl – das wollen wir nicht vergessen. Gebe Gott, dass wir in zehn Jahren ebenso anstoßen können!« Der Ratsherr berührte mit seinem Becher kurz den Rand von Vevas Trinkgefäß und leerte dann den Pokal.
Als er ihn abstellte, schnalzte er anerkennend mit der Zunge. »Das ist ein guter Tropfen. Den könntet Ihr auch an den herzoglichen Hof verkaufen.«
»Und dann jahrelang auf die Bezahlung meiner Rechnung warten? Nein, Herr Bart, das kann ich mir in meiner Lage nicht leisten.«
»Ihr seid eine kluge Frau.« Der Ratsherr lächelte zufrieden, denn er zählte zu jenen, die den herzoglichen Hof mit Wein versorgten, und hätte Veva ungern als Konkurrentin gesehen. Um sie zu unterstützen, bot er ihr ein paar Handelsbeteiligungen an, die sie nach kurzem Überlegen annahm. Der Gewinn war zwar im Erfolgsfall nicht so hoch wie bei ihren Geschäften mit Fugger, halfen ihr aber, Arsacius Bart als Verbündeten zu erhalten. Das war in dieser schwierigen Zeit wertvoller als Gold.
9.
U nterdessen waren Rosi und ihr Mann in das Haus gezogen, das Veva für sich und Ernst gekauft hatte. Auch Nis hatte es sich in dem Stübchen eingerichtet, das er Veva abgeschwatzt hatte. Er half Rosi im Haushalt und diente Hilarius als Bote.
Noch vor einem Jahr hätte Hilarius jeden verspottet, der ihm prophezeit hätte, er werde sein täglich Brot einmal mit Handelsgeschäften verdienen. Nun aber merkte er, dass diese Arbeit ihm Freude bereitete. Daher hätten Rosi und er eigentlich ein gutes Leben führen können. Aber ein Problem vergällte ihm immer stärker das Dasein.
Auch an diesem Abend hockte Hilarius wieder mit hängenden Schultern in der Küche und stocherte in seinem Essen herum.
Rosi sah ihm eine Weile zu und seufzte dann. »Was ist mit dir, mein Lieber? Irgendetwas bedrückt dich!«
»Es geht um den Bischof von Freising. Zwar habe ich auf Befehl Herzog Wilhelms meine geistlichen Würden niedergelegt. Aber dies wird erst dann gültig, wenn ich einen Dispens von Bischof Philipp erhalte. Den will er mir jedoch erst geben, wenn ich dafür fünfhundert Gulden bezahle. Solange mir der Dispens fehlt, gelte ich als abtrünniger Priester und laufe Gefahr, gefangen gesetzt und zwangsweise in ein abgelegenes Kloster verschleppt zu werden. Dir aber droht der Pranger und die anschließende Einweisung in ein Hurenhaus.« Mit einem bitteren Lachen legte Hilarius seinen Löffel beiseite und sah Rosi an. »Wo soll ich fünfhundert Gulden hernehmen? In meiner Verzweiflung habe ich schon daran gedacht, das Kapital anzugreifen, das ich für Ernst Rickinger und dessen Frau verwalte. Dann aber würden sie mich zu Recht als unlauteren
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