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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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beiden wohl kaum die Rede sein. Andere Frauen in ihrer Situation dachten bereits am Totenbett ihrer Männer an die nächste Ehe, doch Veva tat, als sei ihr das Liebste auf der Welt weggestorben.
    »Auch wenn deine Trauer groß ist, musst du an morgen denken. Dein Handelshaus bricht zusammen, wenn es nicht richtig geführt wird!«
    »Vorerst werde ich es selbst führen. Als Erbin meines Vaters und als Witwe steht mir dieses Recht zu«, antwortete Veva gelassener, als ihr zumute war.
    »Das ist doch Unsinn!«, schnaubte Haselegner. »Ein Weib mag einen Kramladen führen, wenn ihr der Mann weggestorben ist, aber kein Handelshaus dieser Größe. Keiner deiner Handelspartner wird dich ernst nehmen!«
    »Das wird sich zeigen.« Veva dachte an Jakob Fugger, auf den sie ihre größten Hoffnungen setzte. Wenn sie sich schon helfen lassen musste, dann nur von jemandem, der reich war und ehrlich genug, ihr Vermögen nicht an sich raffen zu wollen.
    Haselegner begriff, dass er im Augenblick nichts erreichen konnte, und verabschiedete sich. Als er den Raum verließ, winkte er dem Schwab, mit ihm zu kommen. Draußen zog er ihn zu sich und forderte ihn leise, aber nachdrücklich auf, sich zu seinen Gunsten bei Veva zu verwenden.
    Der Schwab hörte ihm scheinbar eifrig zu und nickte. »Freilich mache ich das! Einem so großzügigen Herrn wie Euch helfe ich gerne.«
    Da es Haselegner nicht auf ein paar Gulden Trinkgeld ankam, versprach er dem Knecht eine saftige Belohnung und erklärte ihm, dass Veva ihren Handel so rasch wie möglich in seine Hände geben müsse, wenn nicht alles zusammenbrechen sollte. Er schied vom Schwab in dem Glauben, diesen überzeugt zu haben.

8.
    K aum hatte Haselegner das Anwesen verlassen, kehrte der Schwab zu Veva zurück. Diese saß wieder an ihrem Tisch im Kontor, las Briefe und machte sich Notizen.
    Als der Knecht eintrat, hob sie den Kopf. »Ist Haselegner endlich fort?«
    »Das ist er – nicht ohne mich vorher aufzufordern, Euch eine Heirat mit ihm schmackhaft zu machen.«
    Veva schüttelte den Kopf. »Bei der Heiligen Jungfrau! Sein Weib ist noch nicht richtig unter der Erde, da denkt er bereits an eine weitere Ehe.«
    »Haselegner ist es schon immer um Euch gegangen. Er hatte damals sogar Euren Bruder dazu aufgefordert, bei Eurem Vater gut Wetter für ihn zu machen. Doch Herr Leibert hat es barsch abgelehnt, Euch mit Haselegner zu verheiraten. Als er nach Bartls Tod beschloss, Euch Ernst Rickinger zu geben, ist Haselegner vor Wut so gewalttätig geworden, dass ich Euren Vater vor ihm schützen musste.«
    »Bist du so zu deiner Verletzung gekommen?«, fragte Veva ihn. »Etwas in dieser Art habe ich mir schon gedacht. Es wäre besser gewesen, Vater oder du hättet mir reinen Wein eingeschenkt.«
    »Das hat Euer Vater nicht gewollt, und da habe ich eben den Mund gehalten. Ihr solltet den Willen Eures Vaters beherzigen und Euch vor Haselegner in Acht nehmen. Er ist ein Mann, der ein Nein nicht gelten lässt. Ich traue ihm zu, Euch Gewalt anzutun, um Euch zur Ehe mit ihm zu zwingen.« Der Schwab klang besorgt, denn er konnte nicht andauernd um Veva herum sein, um sie zu beschützen.
    »Ich werde mich vorsehen. Kannst du mir ein scharfes Messer oder noch besser einen Dolch beschaffen, damit ich nicht ganz wehrlos bin?«
    Der Schwab überlegte kurz. »Das werde ich. Aber auch damit seid Ihr einem zu allem entschlossenen Mann nicht gewachsen.«
    »Das wird sich herausstellen! Doch nun muss ich noch etwas schaffen.« Mit diesen Worten verabschiedete Veva den Knecht und wandte sich wieder ihren Geschäften zu. Die Arbeit half ihr, die Trauer um Ernst zu ertragen. Könnte sie sich nur mit Hausarbeiten beschäftigen, würde sie wahrscheinlich verrückt werden.
    Noch während sie nach dem nächsten Brief griff, klopfte es erneut an die Tür, und der Schwab steckte den Kopf herein. »Ihr habt schon wieder Besuch, Herrin!«
    »Ich will niemanden mehr sehen!«
    Doch der Knecht machte eine beschwichtigende Geste. »Ihr solltet es vielleicht doch tun, denn es handelt sich um den Ratsherrn Arsacius Bart. Er kommt im Namen des Rates.«
    »Also gut! Führe ihn in die gute Stube und sag einer der Mägde, sie soll einen Krug des besten Weines bringen.« Veva stand auf und trat in das größte Zimmer des Hauses, das mit seiner Vertäfelung und den Deckenmalereien keinen Vergleich mit den anderen guten Stuben in den Kaufherrenhäusern scheuen musste.
    Kurz darauf trat Bart ein und blieb vor Veva stehen. »Mein Beileid,

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