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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Papier und eine Schreibfeder zur Hand und begann die in seinen Augen wichtigsten Dinge abzuschreiben. Er war noch nicht ganz fertig, da kehrte sein Vorgesetzter zurück und blickte ihm über die Schulter.
    »Interessant!«, murmelte der Mann. »Du wirst diesen Brief mit allen Schlussfolgerungen kopieren und zu dem Akt über Gigging legen.«
    »Gerne! Ich hoffe nur, dass ich mich nicht vergaloppiert habe.«
    »Das werden wir schon herausfinden. Die Oberländer Bande hat auch Augsburger Kaufleute beraubt und ermordet, da müssen wir jedem Verdacht nachgehen. In einem irrst du dich jedoch: Gigging ist kein Untertan Herzog Wilhelms, zählt aber auch nicht zu Tirol. Das Gebirgstal, in dem er lebt, wurde bei der Festlegung der Grenzen übersehen. Nun wollen weder der Herzog noch das Haus Habsburg zugunsten des jeweiligen Nachbarn darauf verzichten.«
    »Aber warum kann Gigging dann sowohl in Tirol wie auch in Bayern Geleitschutz bieten und Vorspanndienste leisten?«
    »Da die Herren beider Länder hoffen, er werde sich ihnen anschließen, hat er etliche Privilegien erhalten, die er nun schamlos ausnützt. Wenn er wirklich der Anführer dieser Bande ist, fällt es ihm leicht, seine Leute heute als Schnapphähne und morgen als ehrliche Waffenknechte auftreten zu lassen. Das würde erklären, warum alle Spuren im Nichts enden!«
    Der Mann erwog, umgehend seinen Herrn zu informieren, verschob dies aber auf den nächsten Morgen, an dem er Jakob Fugger wie jeden Vormittag Rede und Antwort zu stehen hatte. Stattdessen las auch er die gesammelten Informationen über Gigging durch.
    Unterdessen war Hilarius mit seiner Abschrift fertig und wollte schon gehen. Da fiel ihm noch etwas ein. »Meine Herrin interessiert sich auch dafür, ob etwas über Benedikt Haselegner bekannt ist. Ihr Vater hat kurz vor seinem Tod einen Brief begonnen, in dem dessen Name steht. Leider verstarb er, bevor er den Brief vollenden konnte.«
    »Frau Veva Rickingerin ist wohl sehr neugierig. Aber so sind Frauen nun mal.« Der Angestellte lachte auf, öffnete einen weiteren Schrank und suchte darin herum, bis er den entsprechenden Packen fand.
    »Ich glaube, den sollten wir zusammen durchsehen. Sonst sitzt du um Mitternacht noch hier«, sagte er zu Hilarius und begann zu lesen. Zunächst fand er nur Aufstellungen über Geschäfte, die auf mancherlei Weise ihren Weg zu Fugger gefunden hatten. Mehrmals kniff er die Augen zusammen, sagte aber nichts, um Hilarius nicht zu stören. Er legte mehrere Blätter beiseite und kam zuletzt zu einem vergilbt aussehenden Papier.
    »Ich glaube, das hier dürfte deine Herrin interessieren!« Damit schob er Hilarius das Blatt hin.
    Dieser warf einen Blick darauf und stieß einen erstaunten Ruf aus. »Das hätte ich nicht erwartet!«
    »Wie es aussieht, hat Bartholomäus Leibert Haselegner nach dem Tod von dessen Vater bei seinen Geschäften geholfen. Haselegner sollte in Rom heilige Reliquien für einen hohen Herrn kaufen und hat diese auch für teures Geld geliefert. Ein Geschäftsfreund aus Italien muss Leibert später geschrieben haben, dass Haselegner nicht die verlangten wundertätigen Reliquien erworben habe, sondern billige Fälschungen. Danach brach Leibert seine Geschäftsbeziehung zu Haselegner ab. Aber er wagte es nicht, den Käufer der Reliquien über den Betrug aufzuklären.« Fuggers Vertrauensmann schüttelte den Kopf, denn sein Herr hätte einen betrügerischen Geschäftspartner sofort zur Rechenschaft gezogen.
    Hilarius hingegen verstand, was Vevas Vater angetrieben hatte. Ohne einen anderen Beweis als einen Brief, den Haselegner jederzeit als Verleumdung hätte abtun können, wäre es Leibert unmöglich gewesen, Recht zu erhalten. Immerhin lag den Reliquien das Schreiben eines römischen Abtes bei, in dem sie als echt bezeichnet wurden. Da er selbst Geistlicher gewesen war, wusste Hilarius, wie leicht so ein Schreiben gefälscht werden konnte. So viele Knochen von Heiligen, wie die Gläubigen sie als wundertätige Reliquien forderten, gab es nun einmal nicht. Deswegen stellten die hohen Preise, die dafür gezahlt wurden, eine Versuchung für so manchen Priester oder Kirchenfürsten dar, die eigene Schatulle durch den Verkauf angeblicher Knochenstücke von Heiligen, falschen Windeln des Jesuskinds und ebenso falschen Splittern vom Kreuz Christi zu füllen. Nachweisen konnte man ihnen den Betrug nicht, da ihre Unterschrift und ihr Siegel genügten, um die Echtheit der Stücke zu bekunden.
    Fuggers Angestellten

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