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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dies zu erklären, hielt Hilarius für überflüssig. Ihn zog es nun mit aller Macht nach Hause, um dort in Ruhe einen Brief an Veva zu schreiben. Daher verabschiedete er sich von dem Hauptkommis und eilte davon.
    Kaum hatte er sein Zuhause betreten, wollte Rosi die Schüssel mit dem Abendessen auf den Tisch stellen. Doch Hilarius schüttelte den Kopf. »Später! Ich will noch rasch einen Brief schreiben!«
    »Das kannst du hernach auch noch tun. Der Brei ist schon ganz zerkocht. Ich musste bereits zweimal Wasser hinzugeben«, antwortete Rosi verärgert, denn so lange wie an diesem Tag hatte sie noch nie auf ihren Mann warten müssen.
    Hilarius’ Magen knurrte vernehmlich, daher nickte er lächelnd. »Du hast recht! Essen wir zuerst zu Abend. Allerdings muss der Brief heute noch geschrieben werden, denn ich will ihn morgen dem ersten Boten mitgeben, der nach München reist. Ich habe endlich Antworten auf etliche Fragen erhalten, die Frau Veva mir in ihren letzten Briefen gestellt hat.«
    »Wenn das so ist, sei dir dein spätes Heimkommen verziehen.«
    Ihr Mann fasste Rosi um die Taille und gab ihr einen Kuss. »Du bist die Beste! Und jetzt tisch auf. Meine Hände sehnen sich danach, den Brief so rasch wie möglich zu schreiben.«
    »Erst muss die Schüssel leer sein«, erklärte Rosi, während sie sich setzte und ihren Löffel auf den Tisch legte. Sie wartete, bis Hilarius das Tischgebet gesprochen und den ersten Bissen gegessen hatte, dann griff auch sie zu.
    Nis saß mit ihnen am Tisch und ließ es sich schmecken. Im Gegensatz zu früher trug er einen sauberen Kittel und enge Beinlinge und wirkte viel erwachsener. Obwohl er sich sonst so würdevoll benahm, wie es einem angehenden Handelsgehilfen zustand, rutschte er an diesem Abend auf seinem Hocker hin und her und stellte etliche Fragen. Da er sich viel mit Veva und Ernst unterhalten hatte, kannte er Gigging von dessen Aufenthalt bei Fugger. Vor allem aber traute er dem Mann alle Schandtaten zu.

2.
    I n München wartete Veva ungeduldig auf Nachrichten über Gigging. Sie hatte inzwischen den siebten Monat ihrer Schwangerschaft überschritten und hoffte, noch vor der Geburt ihres Kinders zu erfahren, ob ihr Ehemann tatsächlich am Leben war. Dafür aber musste sie in Erfahrung bringen, wo Gigging zu finden war und was er im Schilde führte.
    Mehr als ein Mal war sie kurz davor, die herzogliche Kanzlei aufzusuchen und dort Erkundigungen einzuziehen. Die Angst aber, Franz von Gigging könnte dadurch gewarnt werden, hielt sie davon ab. Es nützte ihrem Mann wenig, wenn sie ihn durch ihre Ungeduld in Gefahr brachte.
    Fast jede Nacht lag sie fast bis zum Morgengrauen wach und richtete ihre Gebete an die Heilige Jungfrau, den heiligen Christophorus und den heiligen Franz von Assisi, den Patron der Kaufleute, und bat sie, Ernst, ihr selbst und ihrem ungeborenen Kind beizustehen. Deren Hilfe tat wirklich not. Obwohl Benedikt Haselegner auf Reisen war und sie nicht bedrängen konnte und ihr Schwiegervater sie nach kräftiger Ermahnung durch den Inneren und Äußeren Rat der Stadt München in Ruhe ließ, machte ihr das kleine Wesen Sorgen, das in ihrem Leib heranwuchs.
    Wie an jedem Tag kam Kreszenz auch an diesem zu ihr und brachte frische Kräuter, damit das Kind nicht vor der Zeit den Mutterleib verließ. Sie musterte Veva mit gerunzelter Stirn. »Am liebsten würde ich dich nach Pewing schicken, damit du dort fern aller Sorgen und Aufregungen leben kannst, bis die Stunde der Geburt gekommen ist. Aber das wirst du wohl nicht tun!«
    Veva schüttelte den Kopf. »Ich kann das Handelshaus nicht zwei Monate lang ohne Leitung lassen. Dazu fehlen mir eingearbeitete Helfer.«
    »Wäre dein Schwiegervater ein rechtschaffener Mann, hättest du das nicht nötig. Aber warum überlässt du deinen Handel in der Zeit nicht dem ehrenwerten Ratsherrn Arsacius Bart? Er würde dich gewiss nicht betrügen.« Kreszenz sah die Schwangere auffordernd an, doch Veva machte erneut eine abwehrende Geste. Mittlerweile lief ein beträchtlicher Teil ihres Handels über Augsburg und entging somit den Steuerschätzern der Stadt München und des Herzogs von Bayern. Davon durfte der Ratsherr nichts erfahren.
    Während sie die grässliche Brühe schlürfte, der die Hebamme sowohl heilende wie auch beruhigende Wirkung zumaß, lenkte Veva das Gespräch auf ein anderes Thema. »Die Steinbäuerin von Pewing wird kurz vor mir gebären und hat sich als Amme für mein Kind angeboten. Wenn es so weit ist, werde

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