Die Ketzerbraut. Roman
ich das Kleine zu ihr bringen.«
Kreszenz schnaubte. »Es ist mir unbegreiflich, warum die Frauen der besseren Stände und vom Adel ihre Kinder zwar austragen, sie dann aber an die Brüste fremder Frauen legen. Diesen Unsinn kann ich dir wohl nicht ausreden.«
Veva rümpfte die Nase. »Du tust ja so, als hätte der Herrgott uns Frauen als Kühe geschaffen. Wir Menschen sind doch sein Ebenbild und keine Tiere!«
»Wenn es nach unseren hochwürdigen Herren Geistlichen geht, gilt das nur für die Männer! Das erste Weib habe der Herrgott aus Adams Rippe gemacht und an verschiedenen Stellen anders gestaltet als diesen. Aber der Herrgott wird sich schon etwas dabei gedacht haben, denn unnütz sind wir gewiss nicht«, wandte Kreszenz ein.
»Männer können keine Kinder kriegen!« Veva lachte und strich sich über den angeschwollenen Bauch, der ausnahmsweise nicht schmerzte. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, weshalb eine Schwangerschaft so beschwerlich sein musste.
Kreszenz grinste mit den zwei Zähnen, die ihr noch geblieben waren. »Sie können auch keine Kinder säugen, aber Frauen können es, und sie sollten es auch tun!«
Doch mit dieser Ansicht biss Kreszenz bei Veva auf Granit. Seit Generationen war es üblich, die neugeborenen Kinder reicher Familien an Ammen zu übergeben, die sie nährten und pflegten. Da diese Arbeit gut bezahlt wurde, waren arme Frauen gerne dazu bereit. Dennoch war Veva froh um die Steinbäuerin, der sie zutraute, so für ihre Tochter zu sorgen, dass diese gesund blieb und kräftig wurde.
Die Bäuerin war vor ein paar Tagen zum ersten Mal in München gewesen und hatte ihr erklärt, sie habe nach jeder Geburt stets mehr als genug Milch, und sie werde Vevas Kleines auch immer als Erstes an die Brust legen. Da die Frau nicht nur dankbar war, weil ihre Familie die Heimat hatte behalten dürfen, sondern auch reinlich und ehrlich, freute Veva sich, auf sie zurückgreifen zu können. Die Weiber, die sich in der Stadt als Ammen anboten, waren oft schmutzig und stanken. So einer Frau wollte sie ihr Kind gewiss nicht anvertrauen.
Kreszenz mischte unterdessen die Kräuter, die in Vevas Badewasser gegeben werden sollten, damit deren Leib dem Kind die Zeit ließ, auszureifen. Dabei berichtete sie Neuigkeiten aus der Stadt. Auch Cilli und Lina, die den großen Bottich mit warmem Wasser füllten, beteiligten sich an dem Gespräch. Den drei Frauen lag viel daran, Veva als glückliche Mutter zu sehen. Doch bis dahin mussten noch fast zwei Monate verstreichen, und die würden, wie Kreszenz der Köchin und der Magd unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt hatte, heikel werden. Nicht zuletzt deshalb kümmerten sich die beiden selbst um Veva und überließen sie nicht den Händen der jüngeren Mägde.
Kreszenz prüfte die Temperatur des Wassers und gab ihre Kräuter hinzu. Dann sah sie Veva auffordernd an. »Auf geht’s, Rickingerin! Du bleibst mindestens bis zum Stundenschlag von Sankt Peter da drinnen. Das Wasser darf aber nicht zu kalt werden. Passt also auf, dass ihr rechtzeitig nachschüttet! Allerdings dürft ihr eure Herrin auch nicht abbrühen wie ein geschlachtetes Huhn.«
»Wir geben schon acht«, versprach Lina und half Veva, das Kleid auszuziehen.
»Das Hemd kannst du auch runtertun«, erklärte Kreszenz, als Veva damit in den Bottich steigen wollte. »Wenn du nackt bist, wirken die Kräuter am besten, und in deiner eigenen Kammer kann dir keiner was abschauen.«
Veva hob die Arme, damit Lina ihr das Hemd über den Kopf streifen konnte, steckte einen Fuß ins Wasser und zog ihn sofort wieder zurück. »Das ist doch viel zu heiß!«
»Du wirst dich gleich daran gewöhnt haben.« Kreszenz gab ihr einen Klaps auf den Po und brachte sie dazu, mit beiden Beinen in den Bottich zu steigen. Auf eine weitere bissige Aufforderung ließ Veva sich vorsichtig nieder und sog erschrocken die Luft ein, als sie mit ihren empfindlicheren Teilen das Wasser berührte. Rascher als erwartet fühlte sie sich jedoch in der Wärme wohl und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück.
Sie musste kurz eingeschlafen sein, denn Linas Schimpfen riss sie aus ihrer Versunkenheit. »Was fällt denn dir ein, einfach so hereinzuplatzen!«, hörte sie und vernahm dann ein klatschendes Geräusch, als ohrfeige die alte Magd jemanden.
Veva öffnete die Augen und sah den Schwab halb abgewandt an der Tür stehen, die Arme vor dem Kopf, um sich vor Linas Schlägen zu schützen.
»Was ist los?«, fragte
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