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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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die Stadt brachten und verteilten.
    Als er kurz darauf den Gasthof erreichte, in dem er übernachten wollte, ließ er die Schriften in ihrem Versteck. Es war zu gefährlich, sie mit in die Kammer zu nehmen, in der auch andere übernachteten. Dabei war es nahezu ebenso riskant, sie in ihrem jetzigen Versteck zu lassen, denn jeder, der seinen Wagen genauer untersuchte, würde die im Zwischenboden versteckten Flugblätter finden. Echle konnte nur hoffen, dass die geistlichen Herren in München nicht den Befehl gaben, den Karren auseinanderzunehmen.
    Während er in der Wirtsstube saß und die anderen Gäste mit Neuigkeiten unterhielt, die er von Augsburg mitgebracht oder unterwegs aufgelesen hatte, brachte er seinerseits in Erfahrung, was in München und im Herzogtum geschehen war. Bei der Erwähnung der Räuberbande im Gebirge horchte er auf. Zwar nahm er wenig Anteil an Bartl Leiberts Tod und Vevas Schicksal, aber er spitzte die Ohren, als der Name Ernst Rickinger fiel.
    Was er hörte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Der alte Rickinger hatte seinen Freund auf Reisen geschickt, und es war unbestimmt, wann er zurückkehren würde. Echle erwog, die verfänglichen Schriften wieder mit nach Hause zu nehmen. Allerdings würde er sie dann bei seinem nächsten oder übernächsten Besuch erneut in die Stadt schmuggeln müssen, und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Dann erinnerte er sich daran, dass Ernst ihm die Magd Lina als Gewährsfrau genannt hatte, falls er selbst verhindert sein sollte.
    Noch während Echle darüber nachdachte, wie er unauffällig mit der alten Frau ins Gespräch kommen konnte, betrat einer von Rickingers Knechten die Gaststube, sah ihn und wirkte erleichtert. »Gut, dass ich dich antreffe! Mein Herr will eine Botschaft nach Augsburg zu dem ehrenwerten Herrn Jakob Fugger schicken. Wenn du morgen zurückfährst, solltest du sie mitnehmen!«
    »Du kannst deinem Herrn sagen, ich hole den Brief morgen früh ab«, antwortete Echle, dem ein Stein vom Herzen fiel. Im Rickinger-Haus würde er unauffällig mit der Magd reden können.
    »Ich werde es ausrichten! Übrigens, wenn dir das Essen in der Wirtschaft nicht schmecken sollte, wird dir unsere Lina eine Brotzeit in der Küche herrichten.« Der Knecht lachte, denn viele Herbergswirte waren dafür berüchtigt, bei den Zutaten der Mahlzeiten zu sparen, um noch mehr Geld an ihren Gästen zu verdienen.
    Erfreut nahm Echle das Angebot an. »Gegen ein Stück Brot und eine Wurst, die ich mit einem Becher Bier hinunterspülen kann, habe ich nichts. Das kannst du der Lina schon einmal ausrichten.«
    Er überlegte, ob er der Magd mitteilen lassen sollte, dass er ein Päckchen für sie habe, unterließ es jedoch, um nicht das Misstrauen des Knechts zu wecken. Der Kerl brauchte nur ein falsches Wort von sich zu geben, das zu Portikus gelangte, dann zerlegten dessen Schergen seinen Wagen.

16.
    A m nächsten Morgen stand Echle früh auf und ging zum Abtritt hinter dem Hof. Von dort aus konnte er die Remise beobachten, in der sein Wagen stand. Da sich dort niemand aufzuhalten schien, verließ er das Häuschen und schlenderte zum Wagen. Er rüttelte an den Seitenbrettern, als wolle er sich vergewissern, dass sie noch fest saßen. Sein Blick glitt über den Hof der Wirtschaft. Im Stall hörte er Stimmen, doch da niemand herauskam, kippte er eines der Fässer zur Seite und entfernte mit raschen Griffen zwei der Bretter, die den Boden bildeten. Darunter lag ein höchstens zwei Zoll hohes Geheimfach, in dem ein flaches Päckchen steckte.
    Echle nahm es heraus, hängte die Bodenbretter wieder ein und stellte das Fass zurück. Gerade als er das Päckchen unter sein weitgeschnittenes Wams stecken wollte, kam ein Knecht aus dem Stall. »Grüß dich, Echle! Du bist ja schon früh auf.«
    »Was soll ich machen, wenn mich der Darm drückt?«, antwortete dieser mit einem falschen Lachen. »Und dann hab ich mir gedacht, ich schau mal nach, ob die Radnaben wieder geschmiert gehören.« Es war die einzige Ausrede, die Echle einfiel, doch sie leuchtete dem Knecht ein.
    »Ich glaub, hinten haben sie Fett nötig«, antwortete dieser und bot Echle an, die Arbeit für ihn zu übernehmen.
    Der Fuhrmann schüttelte energisch den Kopf. »Das mache ich schon selbst!«
    Kopfschüttelnd wandte der Knecht sich ab. »Kein Wunder, dass ihr Augsburger so reich seid! Vor lauter Geiz wollt ihr kein Trinkgeld geben«, hörte Echle ihn noch sagen. Dann verschwand der Mann wieder im Stall.
    Er wartete, bis er

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