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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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aber ich stelle den Kaufmannszügen Geleit und Vorspanndienste in den Bergen. Bis jetzt ist noch kein Kaufmann, der sich meinem Schutz anvertraut hat, von den Räubern behelligt worden.« Gigging klopfte auf sein Schwert und feixte.
    Jetzt begriff Ernst, warum der Edelmann so viel über die Räuber geredet und sie als fürchterliche Mordbuben dargestellt hatte. Er wollte sich ihm und den anderen Kaufherren aus München, Tölz und Murnau, die Handel mit Tirol und der Lombardei trieben, als Beschützer andienen. Und damit schien er recht erfolgreich zu sein. Obwohl er, wie er sagte, nur einen kleinen Besitz sein Eigen nannte, war seine Kleidung aus teurem flandrischen Tuch geschneidert, und die Ringe, die an seinen Fingern steckten, waren mehr wert als ein mittlerer Bauernhof.
    Unterdessen redete Gigging ohne Pause weiter und erzählte abwechselnd von den Untaten der Oberländer Räuberbande und seinen Erfolgen bei der Verteidigung von Warenzügen. Da er seine Stimme nicht gerade mäßigte, hörten auch andere Mitglieder des Reisezugs mit und bedachten den Edelmann mit anerkennenden Blicken.
    »Solche Herren wie Euch bräuchten wir halt mehr in unserem Bayernland«, erklärte einer der Männer.
    Gigging lächelte selbstgefällig. »So etwas hört man gern! Aber ob ich jetzt zu Bayern gehöre, weiß ich nicht. Der Herr Statthalter in Innsbruck, der Tirol für den Kaiser regiert, sagt nämlich, dass ich sein Untertan wäre. Dasselbe behauptet aber auch Seine Gnaden, der Herzog zu München. Also habe ich mir gesagt, an zwei zahlen meine Bauern keine Steuern. Einigt euch erst einmal, wer mein Landesherr ist. Der bekommt dann das Geld.«
    »Und was machen die Herrschaften jetzt?«, wollte Ernst wissen.
    »Derzeit nichts! Seine Gnaden, Herzog Wilhelm, will nicht nachgeben, nachdem sein Vater dem Kaiser Maximilian Kitzbühel, Kufstein und Rattenberg hat überlassen müssen. Weiteres Land will er nicht an Tirol verlieren. Und was die Habsburger angeht, die haben derzeit andere Sorgen, als sich um ein Rittergut an der Grenze zwischen Bayern und Tirol zu kümmern. Der Herr Maximilian ist nicht mehr der Jüngste, und er will seinen Enkel Karl von Spanien als seinen Nachfolger sehen. Da darf er den Herzog von Bayern nicht verärgern.« Gigging erzählte es wie einen Schwank, und auch Ernst musste lachen. Bis zur nächsten Rast hatte er seine Abneigung gegen den Ritter vergessen, und als sie am Abend ihr letztes Nachtquartier vor der Ankunft in Innsbruck bezogen, waren sie die besten Freunde.

18.
    I n der Wirtschaft wartete eine Überraschung auf Ernst. Eine andere Reisegruppe aus München war kurz vor ihnen eingetroffen, und zu dieser zählte Benedikt Haselegner. Zwar war Ernst mit diesem nicht so gut Freund, wie er es mit Vevas Bruder gewesen war. Trotzdem freute er sich, ihn zu sehen, und setzte sich an seinen Tisch. »Grüß dich, Benedikt! Du bist wohl wieder einmal nach Italien unterwegs?«
    »Nein, bloß nach Innsbruck. Nach Italien fahr ich erst wieder nächstes Jahr. Heuer mache ich meine Geschäfte über Antscheller.«
    »So ein Zufall! Zu dem Mann will ich auch.« Ernst winkte der Schankmaid, ihm einen Krug Bier zu bringen, und stieß mit Haselegner an. »Auf den Erfolg deiner Reise!«
    »Und auf den deinen«, antwortete Haselegner.
    Da zog Ernst ein säuerliches Gesicht. »Ich weiß nicht, ob ich mir wirklich Erfolg wünschen soll. Der Vater hat mir angeschafft, mir die Töchter vom Antscheller anzusehen, ob eine davon für mich als Hochzeiterin taugt.«
    »Du bist auf Brautschau?« Haselegner versetzte Ernst einen spielerischen Boxhieb gegen die Schulter. »Zeit wird’s wohl auch bei dir.«
    »Jetzt red nicht so daher! Du bist zwei Jahre älter als ich und immer noch einschichtig!«
    Haselegner tat so, als bemerke er Ernsts Ärger nicht, und klopfte ihm auf die Schulter. »Ich meine es ja auch nicht vom Alter her, sondern wegen der Geistlichkeit. Wenn du in den heiligen Stand der Ehe eintrittst und ein gestandenes Mannsbild geworden bist, können die Herren Pfarrer und Prälaten nicht mehr gegen dich wettern.«
    »Aus dem Grund will mein Vater ja auch, dass ich heirate. Und daran ist nur dieser Portikus alias Thürl schuld. Der sollte lieber mal in den Münchner Klöstern aufräumen. Erst letztens ist angeblich wieder ein Findelkind vor dem Tor der Klarissinnen gefunden worden. Dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass es von einer Klosterschwester stammt, die mit einem der geistlichen Herren christliche

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