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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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einem Stein geschrubbt hatte, und eilte mit wehenden Röcken ins Haus.
    Veva folgte ihr etwas bedächtiger und musterte im Vorbeigehen die Gebäude. Der Hof war ein Mittelding zwischen einem Herrschaftssitz und einem großen Bauernhof. Die Grundmauern seiner Wirtschaftsgebäude bestanden aus Stein und der Rest aus Holzbalken. Wegen der Brandgefahr lag das Wohnhaus etwas abseits. Das Erdgeschoss verfügte über dicke Mauern aus behauenen Steinen, darauf saß ein hölzernes Obergeschoss, das von einem Ziegeldach gekrönt wurde. Die Dächer des Stalls, der Remise und der Scheune trugen jedoch Holzschindeln.
    Im Flur des Hauses war es wegen der winzigen Fenster so düster, dass Veva die Türen, die davon abgingen, nur erahnen konnte. Im vorderen Teil führte eine gewundene Treppe in das obere Geschoss. Dort klang eine zornige Stimme auf, die ihrer Einschätzung nach dem Verwalter des Gutes gehörte. Der Mann schien über ihren Besuch nicht erfreut zu sein.
    Kurz darauf kam die Magd zurück. Da sich Vevas Augen mittlerweile an das Zwielicht im Flur gewöhnt hatten, vermochte sie den spöttischen Ausdruck auf dem Gesicht der Frau zu erkennen.
    »Noch kannst du verschwinden«, sagte diese. »Der Herr Verwalter ist sehr zornig und wird nicht viel Federlesens mit dir machen.«
    »Und ich nicht mit ihm!« Veva stieg an der Magd vorbei nach oben und ging auf die Tür zu, hinter der die wütende Stimme immer noch zu vernehmen war. Ohne anzuklopfen, trat sie ein und sah sich einem großen, wuchtig gebauten Mann gegenüber, der in einer knielangen Hose und einem Leinenhemd steckte. Da er nur Lederpantoffel anstelle von Schuhen und Strümpfen trug, fielen ihr die stark behaarten Unterschenkel auf. Der Mann wirkte in seinem Aufzug so lächerlich, dass die Angst, die Veva begleitet hatte, einem innerlichen Lachen Platz machte.
    »Du bist der Verwalter dieses Anwesens?«, sprach sie ihn an.
    »Ich bin es gewohnt, mit Herr angesprochen zu werden«, blaffte er zurück.
    »Bist du vielleicht von Adel, weil du gar so großkotzert auftrittst?«, fragte Veva ihn eher amüsiert. »Aber selbst dann tät ich dir das sagen, was ich zu sagen habe.«
    »So, und was ist das?«
    »Es geht um den Steinhof. Mein Vater hat ihn von dem Herzoglichen Rat Prielmayr mit allem lebenden und toten Inventar als Pfand erhalten. Der Vertrag ist vor dem Stadtschreiber von München geschlossen und gesiegelt worden und damit gültig. Zum lebenden und toten Inventar gehören auch alles Vieh, sämtliche Vorräte und rein alles, was sich auf dem Hof zum Abschluss des Vertrags befunden hat. Du jedoch hast den Steinhof danach ausräumen und alles hierherbringen lassen. Das ist ein Bruch der Vereinbarungen! Wenn du nicht willst, dass mein Vater in München Anklage gegen dich und deinen Herrn erhebt, solltest du alles, was du hast wegholen lassen, innerhalb von drei Tagen zum Steinhof zurückbringen. Tust du’s nicht, geht’s vor Gericht!«
    Mit dunkelrot angelaufenem Gesicht brüllte der Verwalter los: »So haben wir zwei nicht gewettet. Den Hof hat der Leibert bekommen, aber nicht das, was darauf war. Den Bauern kannst du eh zum Teufel jagen. Der taugt nichts!«
    »Nachdem er bei der Fronarbeit für den Herrn zum Krüppel geworden ist, willst du sagen. Pfui Teufel! Ich tät mich schämen, einen Mann so zu behandeln. Außerdem kannst du sagen, was du willst. Ich habe den Vertrag gesehen, und da steht nichts davon, dass der Herr Rat noch ein Anrecht auf das Vieh und das Futter hat. Also tu, was ich sage, sonst …« Veva sah den Mann von oben herab an, als hätte sie einen hässlichen Wurm vor sich.
    Der stand auf und trat mit wütender Miene auf sie zu. »Jetzt hör du mir zu«, schrie er sie an. »Das hier geht dich einen Dreck an, verstanden? Und deinen Vater genauso wenig! Der Hof gehört immer noch meinem Herrn. Ihr könnt zusehen, wie ihr zehn Jahre lang was herausholt. Wenn nicht, ist es euer Pech. Und jetzt verschwinde, sonst haue ich dir ein paar runter, dass du eine besoffene Marketenderin für die Heilige Jungfrau anschaust.« Er holte aus, doch Veva wich nicht zurück.
    »Hau ruhig zu – dann werden dich beim nächsten Mal, wenn du nach München kommst, die Stadtknechte verhaften und in den Turm sperren. Und glaube nicht, dass du da so schnell wieder herauskommst. Bei Gewalt gegen eine Bürgertochter ist unser Herr Richter ebenso streng wie bei Diebstahl, musst du wissen.«
    Der Schlag unterblieb. Der Verwalter starrte Veva an und kaute auf seinen Lippen

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