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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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herum. Bis jetzt war es ihm bei Streitfällen immer gelungen, sein Gegenüber einzuschüchtern. Doch diesmal stand ihm kein Knecht oder abhängiger Bauer gegenüber, sondern eine selbstbewusste Münchner Bürgertochter. Wenn er sich an der vergriff, konnte das fatale Folgen für ihn haben. Der Hof in Pewing war nur einer von mehreren, die sein Herr über das ganze Bayernland verstreut besaß, und er musste zweimal im Jahr nach München, um mit Prielmayrs Rentmeister abzurechnen. Da durfte er nicht riskieren, von den Stadtknechten verhaftet zu werden.
    Seine Wut war so groß, dass er die junge Frau am liebsten mit dem Stock vom Hof geprügelt hätte. Aber sein Verstand sagte ihm, dass er einlenken musste, wenn er seinen guten Posten behalten wollte. Das ärgerte ihn doppelt, denn er hatte einen Teil des Viehs bereits verkauft und den Erlös in die eigene Tasche gesteckt. Nun würde er das Geld opfern müssen, um die Forderungen dieses impertinenten Weibes zu erfüllen. Er überlegte, wie er den Verlust ausgleichen konnte. Da sein Herr und dessen Rentmeister nie persönlich kamen und sich umschauten, würde er ihnen eine Viehseuche auf dem Hof melden und das angeblich verreckte Vieh an den Steinhof überstellen. Da kam ihm noch ein besserer Gedanke, und er fuhr sich über die Stirn. Er würde dem Herrn einfach berichten, wie unverschämt sich diese Pfeffersack-Tochter hier aufgeführt hatte, und ihre Forderungen als grundlos bezeichnen. Sollte der Herzogliche Rat sich den Gegenwert doch bei Leibert zurückholen.
    »Also gut, ich lasse das Vieh zurückbringen«, sagte er nach einer Weile.
    »Wir werden darauf achtgeben, dass es auch das richtige ist«, antwortete Veva. »Vergiss aber auch das Heu, das Stroh und das Getreide nicht, das du ebenfalls weggenommen hast. Außerdem bleibt der Acker, den du zusätzlich in Beschlag genommen hast, beim Steinhof.«
    »Aber den habe ich durch meine Knechte schon ansäen lassen. Der Krüppel vom Steinhof hätte es eh nicht tun können.«
    »Sieh es als Entschädigung für den Ärger an, den du uns bereitet hast. Und jetzt lass es dir weiterhin schmecken!« Mit diesen Worten machte Veva kehrt und verließ die Kammer. Sie musste an sich halten, um nicht vor Lachen zu platzen, denn die Miene des Mannes war zuletzt einfach köstlich gewesen.
    Auf dem Weg zum Steinhof dachte sie, das Bartl von ihrem Auftreten gewiss begeistert wäre. Im nächsten Moment fiel ihr ein, dass er niemals mehr davon erfahren würde, und ihre gute Laune verschwand mit einem Schlag.

2.
    F erdinand Antscheller galt etwas in Innsbruck. Das konnte Ernst Rickinger bereits an der prachtvoll bemalten Fassade seines Wohnhauses erkennen. Als Haselegner und er um Einlass baten, öffnete ihnen ein Knecht das Tor und führte sie durch einen breiten, von einem kunstvollen Gewölbe überspannten Durchgang in den Hof. Dort waren weitere Knechte damit beschäftigt, Frachtkarren mit Fässern zu beladen, die ihren Aufschriften nach die unterschiedlichsten Waren enthielten. Friedrich Antscheller, ein etwa dreißig Jahre zählender, hoch aufgeschossener Mann mit knochigem Gesicht, beaufsichtigte die Männer, sah aber mit seinem grauen Wams und den braunen, knielangen Hosen beinahe selbst wie ein Knecht aus.
    Als die Gäste den Hof betraten, kam er auf sie zu. »Grüß dich, Haselegner! Du bist also doch noch gekommen«, sprach er Ernsts Begleiter an.
    Dieser reichte ihm die Rechte und klopfte ihm mit der anderen Hand auf die Schulter. »Ich war schon unterwegs, habe aber gewisser Umstände wegen noch einmal nach München zurückmüssen. Jetzt bin ich hier. Darf ich dir meinen Freund vorstellen? Es ist der Rickinger Ernst, Sohn des ehrengeachteten Kaufmanns Eustachius Rickinger und, wie ich unter sechs Augen sagen darf, auf Brautschau.«
    »Soso, auf Brautschau!« Friedrich Antscheller musterte Ernst durchdringend.
    Diesem war es unangenehm, dass Haselegner mit der Tür ins Haus gefallen war. Er lächelte verlegen und machte eine entschuldigende Geste. »Der Vater hat gemeint, ich sollte mir einmal deine Schwestern anschauen.«
    Im Grunde war es gleichgültig, wen er heiratete, sagte Ernst sich. Wie er seinen Vater kannte, würde er in den sauren Apfel beißen und ein Weib nehmen müssen. Da konnte er genauso gut eine Innsbrucker Bürgertochter statt einer aus München heimführen.
    »Anschauen kannst du sie. Das kostet nichts«, versuchte Friedrich Antscheller zu witzeln.
    »Das Ausprobieren kostet auch nichts, ist aber erst nach

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