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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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den Vordergrund. Rickinger ging im Geist alle Witwen durch, die für ihn in Frage kamen. Doch die eine war ihm zu dürr, die andere zu fett, eine dritte plapperte ihm zu viel, und eine vierte hatte keinen guten Leumund.
    »Vielleicht ist es besser, ich heirate eine Jüngere. Die schickt sich besser drein und will nicht immer das letzte Wort haben«, sagte er zu sich selbst. Nun bedauerte er, dass er nicht wusste, wie alt Antschellers älteste Tochter war. Jünger als die, die Ernst heiratete, durfte seine Frau auf keinen Fall sein, sonst setzte er sich dem Spott der Leute aus.
    Da er im Augenblick mit der Lösung dieses Problems nicht weiterkam, zog er sich um und machte sich auf den Weg zur Trinkstube am Weinstadel, um dort einen oder zwei Becher Wein zu trinken. Doch auch dort ging er in Gedanken die Töchter seiner Geschäftsfreunde durch und fragte sich, welche zu ihm passen könnte.
    Seine Geistesabwesenheit fiel schließlich den anderen Gästen der Weinstube auf. Während der Schankkellner ihm einen Krug mit seinem Lieblingswein hinstellte, sprach Bartholomäus Leibert ihn an. »Grüß dich, Rickinger! Du bist heut ja so ernst, wie dein Sohn heißt. Ist etwas geschehen?«
    Rickinger schüttelte den Kopf. »Nicht das Geringste. Ich denke nur über ein paar Sachen nach. Wie geht’s dir denn? Die letzten Tage habe ich dich nicht an unserem Stammtisch gesehen.«
    »Man wird halt alt«, gab Leibert zu. »Da lässt alles nach. Bis gestern hat mich ein Husten gequält. Zum Glück ist es heut besser. Aber der Wein will mir trotzdem nicht schmecken.«
    Für einen Augenblick dachte Rickinger daran, dass sein Freund sogar ein Jahr jünger war als er selbst, schob diesen Gedanken aber sofort weit von sich. Leibert war nie besonders robust gewesen, und der Tod seines Sohnes hatte ihm offensichtlich den Rest gegeben.
    »Mir schmeckt der Wein, und ich hoffe, dass du mit mir anstößt«, erklärte er, während er seinen Stammpokal in Leiberts Richtung hob. »Zum Wohl, mein Freund!«
    »Zum Wohlsein«, gab Vevas Vater zurück.
    »Ich habe gehört, du hättest einen Hof im Umland als Pfand erhalten«, fuhr Rickinger fort.
    »Das ist richtig! Aber wenn bloß die Hälfte von dem stimmt, was mir mein Knecht erzählt hat, war es ein schlechtes Geschäft. Ich werde mit dem Herrn Rat Prielmayr reden müssen, wenn ich keinen Verlust erleiden will.«
    »Die Herzoglichen Räte nehmen sich ein Beispiel an ihrem Herrn. Sie halten die Hand auf und geben nur ein wertloses oder gar kein Pfand dafür. Allerdings verdienen wir nicht schlecht an ihnen. Immerhin müssen sie alles, was sie brauchen, von uns kaufen, und wir machen die Preise!« Aus Rickinger sprach der Bürgerstolz, mit dem sich die führenden Familien Münchens gegen allzu dreiste Geldforderungen ihres Landesherrn wappneten.
    Das wusste Leibert ebenso, doch im Augenblick war es ihm wichtiger zu entscheiden, was er mit seiner Tochter anfangen sollte. Er fühlte sich von Tag zu Tag schwächer und war nur in die Weinstube gekommen, damit keine Gerüchte aufkamen, er wäre zu leidend, um seinen Geschäften nachgehen zu können. Es gab genug Neider, die dies sofort ausnützen würden. Nicht zuletzt deshalb brauchte er dringend einen Schwiegersohn. Starb er, bevor seine Tochter verheiratet war, würde sie niemals in der Lage sein, sich gegen unberechtigte Ansprüche betrügerischer Kaufleute und gieriger Höflinge zu behaupten.
    Auch Eustachius Rickinger dachte an Veva und stellte sich die Frage, ob nicht er sie heiraten sollte. Mehr Geld als sie würde keine ins Haus bringen. Sie war hübsch und würde nach den Vorfällen im Gebirge froh sein müssen, einen ehrengeachteten Ehemann zu bekommen.
    Er überlegte schon, Leibert darauf anzusprechen, doch hier in der Weinstube lagen einfach zu viele Ohren auf dem Tisch. Mit dem Vorsatz, Vevas Vater noch an diesem Tag aufzusuchen, trank Rickinger aus und verließ das Lokal, dabei hatte er an und für sich noch mit Arsacius Bart und ein paar anderen reden wollen. Doch er war viel zu unruhig. Seit er den Entschluss zu einer zweiten Heirat gefasst hatte, pulsierte sein Blut schneller durch die Adern, und er konnte es kaum erwarten, mit einer Braut ins Ehebett zu steigen.
    Damit schied Veva jedoch aus. Wenn sein Weib einmal im Wochenbett lag, wollte er sicher sein, dass er der Vater des Kindes war. Bei Veva würde er jedoch mindestens noch zwei Monate warten müssen, um zu erfahren, ob einer der Räuber sie geschwängert hatte. Sollte dies der

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