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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hatte. Aber diese Verfehlung würde ihm von einigen Geistlichen, die er kannte, rasch vergeben werden. Allerdings würde er Rosis Namen nennen müssen, und er kannte Doktor Portikus gut genug, um diesem zuzutrauen, das Mädchen zu quälen und es als Waffe gegen Ernst Rickinger zu verwenden. Dazu war er nicht bereit, und so würde er um Rosis willen auf Vergebung verzichten müssen.

5.
    O bwohl Hilarius die ganze Woche über nur die Augen schließen musste, um Rosi nackt vor sich zu sehen, beherrschte er sich bei der Beichte am Sonntag und erteilte ihr die Absolution, ohne einen Gegendienst von ihr zu fordern. Einigen anderen Frauen, die er bislang für ihre Handdienste von ihren Sünden befreit hatte, redete er hingegen ins Gewissen und forderte sie zu einem christlichen Lebenswandel auf. Während die meisten von ihnen nur verwundert den Kopf schüttelten, war Rosi erst einmal erleichtert.
    Eustachius Rickinger, der zur gleichen Zeit wie Rosi den Beichtstuhl verließ, war weniger getröstet als unzufrieden. Sein Sohn war noch nicht aus Innsbruck zurückgekehrt, und doch sann er tags und nachts ständig über ihn nach. Ernst würde ihn nach seiner Heirat wohl bald zum Großvater machen. Zuerst hatte er sich auf die möglichen Enkel gefreut, doch mittlerweile fragte er sich, was aus ihm selbst werden sollte. Das Handelsgeschäft würde er auf keinen Fall aus der Hand geben. Zudem widerstrebte es ihm, das Zimmer, in dem er nun seit mehr als fünfundzwanzig Jahren schlief, seinem Sohn und der Schwiegertochter zu überlassen. Vielleicht sollte er selbst noch einmal heiraten. Immerhin war er kein Tattergreis, sondern stand noch im besten Saft.
    Als er am nächsten Morgen erwachte, spürte er unter seinem Nachthemd eine Feuchtigkeit, die ihn mit Nachdruck an diese Tatsache erinnerte. Er würde wohl das Frauenhaus aufsuchen müssen, damit ihm so etwas nicht noch einmal passierte. Dabei verabscheute er es, ein Weib zu benutzen, das nach den Kerlen stank, die es vor ihm bestiegen hatten. Aber letztlich war das noch weniger beschämend, als die Schenkel säubern und das Nachthemd heimlich zur Wäsche geben zu müssen, damit weder die alte Lina noch die jüngeren Mägde bemerkten, was ihm zugestoßen war.
    Nachdem er sich angezogen hatte, setzte er sich in sein Kontor und ließ sich den Morgenbrei sowie einen Krug Wein bringen. Während er frühstückte, las er die Briefe und Listen, die er von seinen Geschäftspartnern erhalten hatte. Rasch merkte er jedoch, dass er sich an diesem Tag nicht auf seine Geschäfte konzentrieren konnte.
    »So kann es nicht weitergehen!«, sagte Rickinger laut und zuckte zusammen, weil seine eigene Stimme ihm in den Ohren hallte. Doch der Gedanke, dass Ernst schon in Bälde mit einer Frau im Ehebett Adam und Eva spielen konnte, während er weiterhin einschichtig lebte und höchstens bei einer Hure für kurze Zeit Entspannung fand, nagte mehr und mehr an ihm. Er war immer noch der Herr im Haus und brauchte ein Weib nötiger als sein Sohn.
    Aber was war, wenn zwei Frauen unter seinem Dach lebten? Sicher gab es dann den ganzen Tag Ärger und Streit. Ernsts Braut würde zu Recht annehmen, als Hausherrin hier einzuziehen. Aber wenn er noch einmal heiratete, bekam sein eigenes Weib die Schlüsselgewalt.
    Während er darüber nachsann, geriet ihm ein Brief von Jakob Fugger aus Augsburg in die Hände. Das war ein Mann ganz nach seinem Sinn, reich wie kein Zweiter und so angesehen, dass selbst Kaiser Maximilian ihn der höchsten Ehren für wert befunden hatte. Schon länger hatte er geplant, ein Kontor in der Freien Reichsstadt Augsburg einzurichten, um den ständigen Forderungen des Herzogs, der sich von der Bürgerschaft größere Geldsummen lieh, ohne je etwas zurückzuzahlen, wenigstens teilweise zu entgehen. Das würde er jetzt in Angriff nehmen und so mit einem Schlag auch seine anderen Probleme lösen. Er würde Ernst mit der Führung seiner dortigen Dependance beauftragen und ihn nicht eher nach München zurückkehren lassen, bis Gras über jene dumme Sache gewachsen war und sich der Klerus beruhigt hatte. Mit diesem Schritt schaffte er gleichzeitig einen Konkurrenten um die Gunst einer eigenen jungen Frau aus dem Haus.
    Zufrieden mit seiner Entscheidung gelang es ihm nun, sich auf seine Geschäfte zu konzentrieren, und als er gegen Mittag mit den Abrechnungen fertig war, konnte er eine Summe von mehr als tausend Gulden als Gewinn verbuchen.
    Nun schob sich wieder die Idee einer zweiten Heirat in

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